Virtueller Zählpunkt & Summenzähler: Mieterstrom einfach erklärt

Virtueller Zählpunkt & Summenzähler: Mieterstrom einfach erklärt
Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein Mehrfamilienhaus mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach. Sie möchten den günstigen Solarstrom direkt an Ihre Mieter weitergeben, doch die bestehende Elektroinstallation macht eine zentrale Bündelung aller Leitungen unmöglich oder extrem kostspielig. Genau für solche Fälle gibt es eine intelligente, digitale Lösung, die aufwendige Umbauten überflüssig macht: den virtuellen Zählpunkt.
In diesem Beitrag erklären wir, wie Mieterstrommodelle technisch umgesetzt werden. Wir beleuchten den Unterschied zwischen dem klassischen Summenzähler und dem virtuellen Zählpunkt und zeigen, wie die bilanzielle Abgrenzung der Strommengen korrekt gelingt.
Das klassische Mieterstrom-Modell: Der Summenzähler
Die Grundlage für jedes Mieterstromprojekt ist die Idee, vor Ort erzeugten Strom auch direkt dort zu verbrauchen, ohne das öffentliche Netz zu nutzen. Rechtlich ist dies in § 42a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) verankert. Die größte Herausforderung dabei sind die saubere Messung und Abrechnung.
Der traditionelle Ansatz hierfür ist das Summenzählermodell. Die Funktionsweise ist einfach und bewährt:
- Erzeugungszähler: Misst die Gesamtproduktion der PV-Anlage.
- Summenzähler: Ein zentraler Zähler am Netzanschlusspunkt des Gebäudes. Er misst, wie viel Strom insgesamt aus dem öffentlichen Netz bezogen oder in dieses eingespeist wird. Der Netzbetreiber liest nur diesen einen Zähler ab.
- Unterzähler (Mieterzähler): Jede Wohnung hat einen eigenen Zähler, der den individuellen Verbrauch des Mieters erfasst.
Der Solarstrom wird zunächst direkt im Haus verbraucht. Erst wenn die eigene Erzeugung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird zusätzlicher Strom aus dem Netz bezogen. Produziert die Anlage hingegen einen Überschuss, wird dieser ins Netz eingespeist. Die Abrechnung mit den Mietern übernimmt der Anlagenbetreiber (in der Regel der Vermieter) auf Basis der abgelesenen Unterzähler. Ausführlichere Informationen zu den Grundlagen finden Sie in unserem Beitrag zu Was ist Mieterstrom?.
Die Erfahrung zeigt, dass dieses Modell besonders für Neubauten ideal ist, bei denen die Elektroinstallation von Anfang an auf einen zentralen Punkt ausgelegt werden kann. In Bestandsgebäuden oder Liegenschaften mit mehreren Gebäuden stößt der physische Summenzähler jedoch schnell an seine Grenzen, da die Bündelung aller Verbraucher hinter einem Zählpunkt oft mit erheblichem baulichem Aufwand verbunden ist.
Die Lösung: Virtuelle Zählpunkte für mehr Flexibilität
Hier kommt der virtuelle Zählpunkt (VZP) ins Spiel. Ein VZP ist kein physisches Gerät, sondern ein rein bilanzielles, also rechnerisches Konstrukt. Mit ihm lassen sich Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen zusammenfassen und abrechnen, die physisch nicht hinter einem einzigen Netzanschlusspunkt gebündelt sind.
Die technische Umsetzung basiert auf intelligenter Messtechnik:
- Jeder Teilnehmer am Mieterstrommodell – sowohl die PV-Anlage als auch jede Mietpartei – wird mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet.
- Herzstück ist das Smart Meter Gateway (SMGW). Dieses Gerät erfasst die Verbrauchs- und Erzeugungsdaten aller angeschlossenen Zähler im 15-Minuten-Takt und übermittelt sie sicher an eine zentrale Software.
- Diese Software führt eine zeitgleiche Bilanzierung durch, indem sie für jedes 15-Minuten-Intervall die erzeugte Strommenge mit der Summe des Verbrauchs aller teilnehmenden Mieter vergleicht.
Durch diesen digitalen Abgleich wird exakt nachgewiesen, welcher Anteil des Solarstroms direkt vor Ort verbraucht wurde. Das „Abgrenzungsproblem“ wird also nicht durch bauliche Maßnahmen, sondern durch präzise, zeitnahe Daten gelöst.
Ein Praxisbeispiel für den VZP
Ein Wohnquartier besteht aus drei separaten Mehrfamilienhäusern, aber nur eines davon hat ein für Photovoltaik geeignetes Dach. Mit dem VZP-Modell lässt sich der auf diesem einen Dach erzeugte Solarstrom bilanziell an die Mieter aller drei Häuser verteilen – ganz ohne teure, gebäudeübergreifende Verkabelungen. Jeder Haushalt erhält eine präzise Abrechnung über seinen Anteil am Solarstrom und den Reststrombezug aus dem Netz.
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Beide Modelle haben ihre Berechtigung, eignen sich jedoch je nach Struktur der Immobilie für unterschiedliche Anwendungsfälle.
Das Summenzählermodell
- Prinzip: Physische Zusammenführung aller Leitungen.
- Vorteil: Einfache, bewährte Technik; keine komplexe IT-Infrastruktur nötig.
- Nachteil: Inflexibel, oft mit hohem baulichem Aufwand in Bestandsgebäuden verbunden.
- Ideal für: Neubauten, einzelne Gebäude mit einfacher Elektroinstallation.
Das Modell mit virtuellem Zählpunkt
- Prinzip: Bilanzielle (rechnerische) Zusammenführung über Daten.
- Vorteil: Maximale Flexibilität, ideal für komplexe Bestandsgebäude, Quartiere und Liegenschaften mit mehreren Anschlusspunkten. Vermeidet teure Umbauten.
- Nachteil: Erfordert eine digitale Infrastruktur mit Smart Meter Gateways.
- Ideal für: Bestandsimmobilien, Quartierslösungen, Gewerbeimmobilien.
Die Wahl des richtigen Konzepts ist entscheidend für die Wirtschaftlichkeit eines Projekts. Eine Übersicht über verschiedene technische Ansätze bietet unser Leitfaden zu den gängigen Messkonzepte für PV-Anlagen.
Die Erfahrung aus zahlreichen Kundenprojekten zeigt, dass sich bei komplexeren Bestandsgebäuden die anfänglich höheren Kosten für die intelligente Messtechnik durch eingesparte Bau- und Installationskosten schnell amortisieren.
FAQ – Häufige Fragen zu virtuellen Zählpunkten
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5.299,00 €Was ist der Hauptvorteil eines virtuellen Zählpunkts?
Der entscheidende Vorteil ist die Flexibilität. Sie können Mieterstromprojekte in baulich komplexen oder verteilten Liegenschaften umsetzen, ohne in die bestehende Elektroinstallation eingreifen zu müssen. Das spart Zeit, Kosten und Aufwand.
Benötigt jeder teilnehmende Mieter einen intelligenten Zähler?
Ja. Damit die bilanzielle Abgrenzung im 15-Minuten-Takt funktioniert, muss jeder Verbrauchs- und Erzeugungspunkt mit einem intelligenten Messsystem (iMsys) ausgestattet sein. Dieses besteht aus einem modernen Zähler und einem Smart Meter Gateway. Nur so lassen sich die Daten präzise erfassen und verrechnen.
Wer ist für die Abrechnung im VZP-Modell zuständig?
Die Verantwortung für die Abrechnung liegt, wie auch beim Summenzählermodell, beim Anlagenbetreiber (z. B. dem Vermieter oder einer Betreibergesellschaft). Er nutzt dafür die Daten, die von den Smart Meter Gateways über eine Softwareplattform bereitgestellt werden. Oft wird diese Aufgabe an spezialisierte Dienstleister ausgelagert.
Ist das Modell mit virtuellem Zählpunkt die Zukunft des Mieterstroms?
Vieles deutet darauf hin. Die Digitalisierung des Stromnetzes schreitet voran und der flächendeckende Einbau von Smart Metern ist gesetzlich vorgeschrieben. Virtuelle Zählpunkte sind eine logische Konsequenz dieser Entwicklung und erschließen die Vorteile der dezentralen Energieerzeugung auch für Standorte, an denen sie bisher technisch oder wirtschaftlich nicht umsetzbar waren.
Fazit
Der virtuelle Zählpunkt ist mehr als nur eine technische Alternative zum Summenzähler – er ist ein Wegbereiter für komplexe und flexible Mieterstrommodelle. Während der Summenzähler in einfachen Strukturen weiterhin eine solide Lösung darstellt, eröffnet der VZP durch seine datenbasierte Logik neue Möglichkeiten für Bestandsgebäude und ganze Quartiere. Er löst das Problem der physischen Abgrenzung auf elegante Weise und macht die Energiewende damit für deutlich mehr Immobilienbesitzer zugänglich.
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