Prognoserisiken in der Direktvermarktung: So vermeiden Sie finanzielle Nachteile

Stellen Sie sich einen sonnigen Apriltag vor. Ihre Photovoltaikanlage läuft auf Hochtouren und Sie freuen sich über jede erzeugte Kilowattstunde, die Sie direkt an der Strombörse verkaufen. Doch plötzlich ziehen dichte Wolken auf. Die Stromproduktion bricht ein – und genau in diesem Moment entsteht ein finanzielles Risiko, das viele Anlagenbetreiber unterschätzen. In der Welt der Direktvermarktung ist nicht nur die erzeugte Strommenge entscheidend, sondern vor allem die Genauigkeit, mit der sie vorhergesagt wird.

Erfahren Sie hier, wie durch ungenaue Erzeugungsprognosen Kosten entstehen, warum dies für Sie als Anlagenbetreiber relevant ist und mit welchen strategischen Maßnahmen Sie sich schützen können.

Das Grundprinzip: Warum Prognosen im Strommarkt so wichtig sind

Wenn Sie sich für die Direktvermarktung von Solarstrom entscheiden, verkaufen Sie Ihre Energie nicht mehr zu einem festen Satz über die EEG-Vergütung, sondern direkt an der Strombörse. Dieser Markt funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Angebot und Nachfrage müssen zu jeder Zeit exakt im Gleichgewicht sein, um die Netzstabilität zu sichern.

Deshalb muss Ihr Direktvermarkter bereits am Vortag (im sogenannten „Day-Ahead-Handel“) für jede Viertelstunde des Folgetages melden, wie viel Strom Ihre Anlage voraussichtlich ins Netz einspeisen wird. Diese Prognose basiert auf Wetterdaten, historischen Ertragswerten und komplexen Algorithmen.

Doch was passiert, wenn die Realität von dieser Prognose abweicht?

Das Dilemma der Ausgleichsenergie: Wenn Prognose und Realität kollidieren

Jede Abweichung zwischen der gemeldeten und der tatsächlich eingespeisten Strommenge verursacht eine Störung im Stromnetz. Um diese auszugleichen, müssen die Übertragungsnetzbetreiber kurzfristig sogenannte „Ausgleichsenergie“ beschaffen. Ein teurer Prozess, dessen Kosten dem Verursacher – also dem Direktvermarkter – in Rechnung gestellt werden.

Es gibt zwei Szenarien, die für Sie als Anlagenbetreiber relevant sind:

  1. Mindererzeugung (Positive Ausgleichsenergie): Ihre Anlage erzeugt weniger Strom als prognostiziert, zum Beispiel durch unerwartete Bewölkung. Die fehlende Energie muss teuer am Spotmarkt nachgekauft werden, um die Lieferverpflichtung zu erfüllen.
  2. Mehrerzeugung (Negative Ausgleichsenergie): Die Sonne scheint stärker als vorhergesagt und Ihre Anlage produziert mehr Strom. Dieser Überschuss muss vom Netz aufgenommen werden, was ebenfalls Kosten verursacht, insbesondere wenn das Gesamtangebot im Netz bereits hoch ist.

Die Erfahrung zeigt, dass die Kosten für Ausgleichsenergie in extremen Marktsituationen auf mehrere tausend Euro pro Megawattstunde (MWh) steigen können. Auch wenn solche Spitzen selten sind, können sie die Wirtschaftlichkeit Ihrer Anlage empfindlich treffen, wenn Ihr Vertrag dieses Risiko an Sie weitergibt.

Wie Sie Ihr finanzielles Risiko minimieren können

Glücklicherweise sind Sie diesen Risiken nicht schutzlos ausgeliefert. Die Absicherung erfolgt auf zwei Ebenen: durch eine kluge Vertragsgestaltung mit Ihrem Direktvermarkter und durch den Einsatz moderner Technik.

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1. Die richtige Vertragsgestaltung: Wer trägt das Risiko?

Die Auswahl des Direktvermarkters ist der wichtigste Hebel, um Ihr Prognoserisiko zu steuern. Die Verträge unterscheiden sich maßgeblich darin, wie die Kosten für Ausgleichsenergie verteilt werden.

  • Risikoübernahme durch den Vermarkter: Viele Anbieter übernehmen das Prognoserisiko vollständig. Sie erhalten einen vereinbarten Preis für Ihren Strom, und der Vermarkter trägt alle Kosten für eventuelle Abweichungen. Dies bietet Ihnen maximale finanzielle Sicherheit.
  • Geteiltes Risiko (Chancen-Risiko-Modelle): Andere Modelle beteiligen Sie an den Chancen und Risiken des Marktes. Hier können Sie von hohen Börsenpreisen profitieren, tragen aber auch einen Teil der Kosten für Ausgleichsenergie.
  • Toleranzbänder als Kompromiss: Eine verbreitete Praxis ist die Vereinbarung einer „Toleranzbandbreite“. Einige Direktvermarkter bieten Verträge mit einer Toleranz von +/- 5–10 % an. Abweichungen innerhalb dieses Korridors werden nicht sanktioniert. Erst bei größeren Abweichungen fallen Kosten an.

Praxisbeispiel: Ein Betreiber einer 100-kWp-Anlage entscheidet sich für einen Vertrag mit vollständiger Risikoübernahme. Obwohl er dadurch vielleicht 0,1 Cent pro kWh weniger Erlös erzielt als in einem Chancen-Risiko-Modell, schläft er ruhig, da unvorhersehbare Wetterereignisse sein Jahresergebnis nicht gefährden.

2. Technische Lösungen zur Prognoseverbesserung

Moderne Technologie hilft, die Prognosegenauigkeit drastisch zu erhöhen und Abweichungen aktiv zu managen.

  • Hochwertige Prognosetools: Professionelle Direktvermarkter setzen heute auf hochspezialisierte Software. Moderne Prognosetools, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren, erreichen eine Genauigkeit von über 98 % für den Folgetag. Sie analysieren Satellitenbilder, mehrere Wettermodelle und die Live-Leistungsdaten Ihrer Anlage.
  • Intelligente Steuerung und Fernzugriff: Eine Grundvoraussetzung für die Direktvermarktung ist die Fernsteuerbarkeit Ihrer Anlage. Sie ermöglicht es dem Direktvermarkter, die Leistung bei Bedarf kurzfristig zu reduzieren, um beispielsweise negative Strompreise oder hohe Kosten für Ausgleichsenergie zu vermeiden.
  • Der entscheidende Vorteil: Ein Batteriespeicher: Ein Stromspeicher ist die effektivste Waffe gegen Prognoseabweichungen. Er agiert als Puffer zwischen Ihrer Anlage und dem Netz.
    • Bei Mehrerzeugung: Statt den Überschuss unkontrolliert ins Netz zu speisen, wird der Batteriespeicher geladen.
    • Bei Mindererzeugung: Der Speicher gibt die zuvor gespeicherte Energie ab und gleicht so das Defizit aus.

Der Einsatz von Batteriespeichern kann das Prognoserisiko um bis zu 80 % reduzieren, da sie Abweichungen zwischen Erzeugung und Prognose aktiv ausgleichen. Dies stabilisiert nicht nur Ihre Einnahmen, sondern macht Ihre Anlage auch zu einem wertvolleren und verlässlicheren Partner im Stromnetz der Zukunft.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was genau ist Ausgleichsenergie?

Ausgleichsenergie ist kurzfristig beschaffte Energie, die benötigt wird, um das Stromnetz stabil zu halten, wenn tatsächliche Stromerzeugung und Verbrauch von den Prognosen abweichen. Sie ist quasi die „Feuerwehr“ des Stromnetzes und entsprechend teuer.

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Wer bezahlt die Kosten für Ausgleichsenergie?

Verursacher der Abweichung ist der sogenannte Bilanzkreisverantwortliche, in diesem Fall Ihr Direktvermarkter. Ob und wie er diese Kosten an Sie als Anlagenbetreiber weitergibt, regelt Ihr Vermarktungsvertrag.

Lohnt sich die Direktvermarktung trotz dieser Risiken überhaupt?

Ja, in den meisten Fällen ist die Direktvermarktung wirtschaftlicher als die feste EEG-Vergütung. Der Schlüssel ist, das Prognoserisiko zu verstehen und es durch einen passenden Vertragspartner und gegebenenfalls durch technische Maßnahmen wie einen Speicher zu kontrollieren. Die Erlöse am Strommarkt übersteigen die potenziellen Risikokosten bei Weitem, wenn das Management professionell erfolgt.

Wie finde ich den richtigen Direktvermarkter für meine Anlage?

Ein Vergleich ist unerlässlich. Achten Sie nicht nur auf die Höhe der Vergütung, sondern lesen Sie auch das Kleingedruckte zur Risiko- und Kostenverteilung bei Prognoseabweichungen. Plattformen wie Photovoltaik.info bieten neutrale Informationen und Hilfestellungen, um die Angebote verschiedener Anbieter zu bewerten.

Fazit: Risiko verstehen, Erträge sichern

Die Direktvermarktung von Solarstrom bietet erhebliche finanzielle Chancen, birgt aber auch das Risiko ungenauer Erzeugungsprognosen. Die Kosten für Ausgleichsenergie sind ein realer Faktor, der die Rentabilität Ihrer Anlage beeinflussen kann.

Der wichtigste Schritt zur Absicherung ist die bewusste Auswahl des Direktvermarkters und eines Vertragsmodells, das zu Ihrer Risikobereitschaft passt. Für Anlagenbetreiber, die maximale Sicherheit suchen, ist ein Vertrag mit vollständiger Risikoübernahme durch den Vermarkter die beste Wahl. Wer seine Erträge weiter optimieren möchte, kann mit einem intelligenten Batteriespeicher Prognoseabweichungen aktiv ausgleichen und so seine Einnahmen planbarer und sicherer gestalten.

Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl der richtigen Komponenten und Vermarktungsstrategien finden Sie direkt auf Photovoltaik.info.

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OLEKSANDR PUSHKAR
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