Negative Strompreise: Wie Sie als Anlagenbetreiber Risiken minimieren

Es klingt paradox: Sie speisen mit Ihrer Photovoltaikanlage sauberen Strom ins Netz ein und müssen am Ende dafür bezahlen.

Dieses Szenario, bekannt als negative Strompreise, wird an der Strombörse immer öfter zur Realität. Besonders für Betreiber von Photovoltaikanlagen in der Direktvermarktung entstehen dadurch neue Herausforderungen.

Dieser Beitrag erklärt die Ursachen, zeigt, wer wirklich betroffen ist, und stellt praxiserprobte Strategien vor, um finanzielle Risiken zu minimieren.

Was sind negative Strompreise und wie entstehen sie?

Negative Strompreise sind ein Phänomen des Stromgroßhandels, insbesondere an der europäischen Strombörse EPEX SPOT. Sie entstehen, wenn das Angebot an elektrischer Energie die Nachfrage deutlich übersteigt.

Stellen Sie sich einen sonnigen und windigen Sonntag vor: Tausende Photovoltaik- und Windkraftanlagen laufen auf Hochtouren. Gleichzeitig ist der Stromverbrauch sehr gering, da die meisten Industriebetriebe stillstehen und der Bedarf deutlich niedriger ist als an einem Werktag. So entsteht ein massiver Stromüberschuss im Netz.

Um die Stabilität zu gewährleisten, müssen konventionelle Kraftwerke wie Kohle- oder Gaskraftwerke, die sich nicht schnell abschalten lassen, ihren Strom quasi verschenken – oder sogar dafür bezahlen, dass er abgenommen wird. Das Resultat sind negative Preise.

Die Zahlen belegen, dass dieses Phänomen zunimmt: Allein 2023 gab es an der Strombörse 301 Stunden mit negativen Preisen. Diese Phasen treten vor allem dann auf, wenn eine hohe Erzeugung aus erneuerbaren Energien auf eine geringe Nachfrage trifft, auch Niedriglast genannt.

Die entscheidende Frage: Wer ist betroffen?

Die gute Nachricht vorweg: Die meisten Betreiber von privaten Photovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern sind von negativen Strompreisen nicht direkt betroffen.

Es ist jedoch wichtig, die Unterschiede zu kennen:

  • Anlagen mit fester EEG-Einspeisevergütung: Wenn Sie eine kleinere Anlage (in der Regel unter 100 kWp) betreiben und eine feste, staatlich garantierte Vergütung pro Kilowattstunde erhalten, sind Sie nicht betroffen. Negative Börsenstrompreise ändern für Sie nichts, denn Ihre Vergütung ist für 20 Jahre gesichert.
  • Anlagen in der Direktvermarktung: Betreiber größerer Anlagen (ab 100 kWp gesetzlich verpflichtet) verkaufen ihren Strom nicht für eine feste Vergütung, sondern direkt am Strommarkt über einen sogenannten Direktvermarkter. Sie erhalten den aktuellen Börsenstrompreis zuzüglich einer gesetzlichen Marktprämie. Fällt der Börsenpreis jedoch ins Negative, müssen auch sie für ihren eingespeisten Strom zahlen.

Um diese Zusammenhänge vollständig zu verstehen, ist ein grundlegendes Verständnis der Direktvermarktung entscheidend.

Das finanzielle Risiko: Die 4-Stunden-Regel im EEG

Für Anlagen in der Direktvermarktung geht das Risiko über die reine Zuzahlung für den eingespeisten Strom hinaus. Hier greift eine spezielle Regelung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Seit dem EEG 2023 gilt die sogenannte 4-Stunden-Regel (zuvor waren es 6 Stunden). Sie besagt, dass der Anspruch auf die Marktprämie für den gesamten Zeitraum entfällt, wenn der Börsenstrompreis für vier oder mehr zusammenhängende Stunden negativ ist.

Ein Praxisbeispiel:
An einem sonnigen Feiertag ist der Strompreis von 12:00 bis 17:00 Uhr – also für fünf Stunden in Folge – negativ. Ein Anlagenbetreiber in der Direktvermarktung muss für den in dieser Zeit eingespeisten Strom nicht nur den negativen Preis zahlen, sondern verliert zusätzlich für den gesamten Zeitraum die staatliche Marktprämie. Das kann die Wirtschaftlichkeit einer Anlage spürbar beeinträchtigen.

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Lösungsstrategien: So schützen Sie sich vor negativen Preisen

Als Anlagenbetreiber sind Sie den Marktschwankungen nicht hilflos ausgeliefert. Es gibt wirksame technische und vertragliche Strategien, um die Risiken zu minimieren und Ihre Erträge zu sichern.

Technische Lösungsansätze

  1. Intelligente Abregelung (Curtailment): Die einfachste Methode ist, die Einspeisung bei negativen Preisen zu stoppen. Moderne Wechselrichter lassen sich über eine Fernsteuerung durch den Direktvermarkter drosseln oder komplett abschalten. So vermeiden Sie Zuzahlungen für die Einspeisung. Zwar entgehen Ihnen in dieser Zeit Einnahmen, doch ein direkter finanzieller Verlust wird verhindert.

  2. Eigenverbrauch maximieren: Die beste Strategie ist, den erzeugten Strom selbst zu nutzen, anstatt ihn zu einem negativen Preis einzuspeisen. Planen Sie energieintensive Prozesse gezielt in Zeiten prognostizierter negativer Preise.

    • Im Privathaushalt: Laden Sie Ihr Elektroauto, starten Sie die Wärmepumpe oder nutzen Sie Haushaltsgeräte wie Waschmaschine und Trockner.
    • Im Gewerbebetrieb: Passen Sie Produktionszyklen an, laden Sie den Fuhrpark oder kühlen Sie Lagerräume vor.
  3. Installation eines Stromspeichers: Ein Stromspeicher bietet die größte Flexibilität. Bei negativen Preisen wird der überschüssige Solarstrom nicht eingespeist, sondern im Speicher zwischengelagert. Sobald die Strompreise wieder positiv sind, etwa in den Abendstunden, kann der gespeicherte Strom entweder selbst verbraucht oder gewinnbringend ins Netz eingespeist werden. Die Erfahrung zeigt, dass sich diese Investition für Anlagen in der Direktvermarktung zunehmend rechnet.

Vertragliche Absicherung

Die Wahl des richtigen Direktvermarkters und die Vertragsgestaltung sind ebenso entscheidend. Achten Sie auf Klauseln, die den Umgang mit negativen Strompreisen regeln. Einige Anbieter bieten Modelle an, bei denen das Risiko pauschal abgegolten oder die technische Steuerung zur Abregelung vollständig übernommen wird. Eine transparente Beratung hilft bei der Auswahl des passenden Partners.

FAQ – Häufige Fragen zu negativen Strompreisen

Bin ich als Betreiber einer kleinen Dachanlage betroffen?
In der Regel nicht. Wenn Sie eine feste EEG-Einspeisevergütung erhalten, sind Sie vor den Schwankungen des Börsenstrompreises geschützt. Die Regelungen betreffen fast ausschließlich Anlagen in der Direktvermarktung.

Wie oft kommen negative Strompreise vor?
Die Häufigkeit nimmt mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu. Im Jahr 2023 gab es 301 Stunden mit negativen Preisen, Tendenz steigend. Sie treten typischerweise an Wochenenden, Feiertagen und in den sonnenreichen Mittagsstunden auf.

Was ist der Unterschied zwischen der alten 6-Stunden- und der neuen 4-Stunden-Regel?
Mit dem EEG 2023 wurde die Regelung verschärft. Zuvor entfiel die Marktprämie erst nach sechs aufeinanderfolgenden Stunden mit negativen Preisen. Jetzt tritt dieser Fall bereits nach vier Stunden ein, was das finanzielle Risiko für Anlagenbetreiber erhöht.

Kann ich als Privatperson von negativen Strompreisen profitieren?
Ja, das ist möglich. Mit einem dynamischen Stromtarif, der sich am Börsenpreis orientiert, können Sie bei negativen Preisen Strom extrem günstig oder sogar mit einer Gutschrift beziehen. Voraussetzung ist allerdings ein intelligentes Verbrauchsmanagement, um beispielsweise das E-Auto genau in diesen Zeitfenstern zu laden.

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Fazit: Aus einem Risiko eine Chance machen

Negative Strompreise sind eine logische Folge der Energiewende und stellen Betreiber von Photovoltaikanlagen in der Direktvermarktung vor neue Herausforderungen. Sie sollten jedoch nicht als unkalkulierbares Risiko, sondern als Anreiz verstanden werden, den erzeugten Strom intelligenter zu nutzen. Durch gezielten Eigenverbrauch, den Einsatz von Speichersystemen und eine kluge Vertragsgestaltung lässt sich das Problem nicht nur vermeiden, sondern sogar in einen Vorteil umwandeln: mehr Autarkie und eine höhere Rendite für Ihre Anlage.

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OLEKSANDR PUSHKAR
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