Direktvermarktung für PV-Anlagen unter 100 kWp: Rechnet sich der Aufwand?

Betreiber größerer Photovoltaikanlagen – ob auf Gewerbehallen, landwirtschaftlichen Betrieben oder sehr großen Einfamilienhäusern – stehen oft vor einer wichtigen Entscheidung: den erzeugten Strom für eine feste Vergütung an den Netzbetreiber liefern oder den Schritt in die Direktvermarktung wagen? Während Anlagen über 100 kWp Leistung gesetzlich zur Direktvermarktung verpflichtet sind, ist sie für Anlagen darunter eine freiwillige Option. Doch was kompliziert klingt, kann einen spürbaren finanziellen Unterschied machen. Dieser Artikel beleuchtet, wann sich der Aufwand für Sie lohnen kann.
Was ist Direktvermarktung und wie funktioniert sie?
Im Kern ist die Direktvermarktung ein einfacher Wechsel des Abnehmers für Ihren Solarstrom. Statt den Strom für die gesetzlich festgelegte [INTERNAL LINK: Einspeisevergütung | href: /einspeiseverguetung] an den lokalen Netzbetreiber zu verkaufen, wird er direkt an der Strombörse, dem sogenannten Spotmarkt, gehandelt.
Da Sie als einzelner Anlagenbetreiber nicht direkt an der Börse handeln können, übernimmt dies ein spezialisierter Dienstleister für Sie: der Direktvermarkter. Dieses Unternehmen bündelt den Strom vieler kleinerer Anlagen und verkauft ihn an der Börse zu tagesaktuellen Preisen.
Um dieses Modell für Anlagenbetreiber attraktiv zu machen, gibt es das staatlich geförderte Marktprämienmodell:
- Erlös aus dem Markt: Der Direktvermarkter verkauft Ihren Strom zum aktuellen Börsenpreis (dem „Marktwert Solar“).
- Staatliche Marktprämie: Zusätzlich erhalten Sie eine flexible Prämie vom Netzbetreiber. Diese gleicht die Differenz zwischen dem erzielten Börsenpreis und der Ihnen sonst zustehenden festen Einspeisevergütung aus.
- Servicegebühr: Für seine Dienstleistung behält der Direktvermarkter eine geringe Gebühr ein.
Im Idealfall liegt die Summe aus Börsenerlös und Marktprämie über der festen Einspeisevergütung, sodass Sie nach Abzug der Servicegebühr einen Mehrerlös erzielen.
Freiwilliger Wechsel: Für wen ist die Direktvermarktung interessant?
Die freiwillige Direktvermarktung richtet sich vor allem an Betreiber von Anlagen, die knapp unter der 100-kWp-Grenze liegen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Gewerbebetriebe: Handwerksunternehmen, kleinere Produktionsstätten oder Bürogebäude mit großen Dachflächen.
- Landwirtschaftliche Betriebe: Anlagen auf Scheunen, Ställen oder Lagerhallen sind oft ideale Kandidaten.
- Große private Anlagen: Besitzer von Mehrfamilienhäusern oder sehr großen Villen mit Anlagen zwischen 30 und 99 kWp.
Ein typisches Szenario ist ein Landwirt mit einer 80-kWp-Anlage auf dem Scheunendach. Ein Mehrerlös von nur 0,5 Cent pro kWh kann bei einer Jahreserzeugung von rund 75.000 kWh bereits eine zusätzliche Einnahme von 375 Euro pro Jahr bedeuten – bei minimalem laufenden Aufwand.
Die technischen und administrativen Hürden
Der Wechsel in die Direktvermarktung ist mit einigen einmaligen Anforderungen verbunden. Der „Aufwand“ aus dem Titel bezieht sich hauptsächlich auf diese initialen Schritte.
Aus unserem Shop, Kategorie: Balkonkraftwerke mit Speicher
Anker SOLIX Solarbank 3 E2700 Pro Balkonkraftwerk Speicher Set 2000 Watt 800 Watt - 5,4 kWh
Ab 2.099,00 €Technische Voraussetzung: Fernsteuerbarkeit
Die wichtigste technische Anforderung ist die sogenannte Fernsteuerbarkeit Ihrer Anlage. Der Direktvermarkter muss in der Lage sein, die Einspeiseleistung Ihrer Anlage bei Bedarf ferngesteuert zu reduzieren. Das ist vor allem dann notwendig, wenn die Strompreise an der Börse negativ sind – also ein Überangebot an Strom im Netz herrscht. Würde Ihre Anlage in diesen seltenen Stunden weiter einspeisen, müssten Sie dafür bezahlen. Durch die ferngesteuerte Abregelung verhindert der Direktvermarkter dies und schützt Sie vor Verlusten.
Für die Umsetzung sind in der Regel folgende Komponenten nötig:
- Ein intelligentes Messsystem (Smart Meter)
- Eine Steuerungseinheit (oft als „Rundsteuerempfänger“ oder „Fernwirktechnik-Box“ bezeichnet)
Die Kosten für die Nachrüstung belaufen sich erfahrungsgemäß auf einige hundert bis über tausend Euro, wobei viele Direktvermarkter bei der Installation unterstützen oder Komplettpakete anbieten.
Administrativer Aufwand
Der administrative Prozess umfasst den Vertragsabschluss mit einem Direktvermarkter und die Ummeldung der Anlage im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. Die gute Nachricht: In der Praxis übernimmt der von Ihnen gewählte Direktvermarkter diese Schritte fast vollständig. Ihr Aufwand beschränkt sich meist auf die Bereitstellung von Anlagendaten und die Vertragsunterzeichnung.
Die entscheidende Frage: Wie hoch ist der finanzielle Vorteil?
Der potenzielle Mehrerlös ist der Hauptgrund für den Wechsel. Er berechnet sich aus der Differenz zwischen den Einnahmen aus der Direktvermarktung und der regulären Einspeisevergütung.
Einnahmen in der Direktvermarktung:
- Stündlicher Börsenpreis (Marktwert Solar)
- + Managementprämie (ein kleiner Bonus des Direktvermarkters)
- + Marktprämie (Ausgleich zur festen EEG-Vergütung)
Abzüge:
- – Servicegebühr des Direktvermarkters (oft als Pönale bezeichnet)
Die Erfahrung zeigt, dass der Netto-Mehrerlös je nach Marktlage, Anbieter und Anlagengröße zwischen 0,2 und 1,5 Cent pro kWh liegen kann. Während dies auf den ersten Blick gering erscheint, kommt bei großen Anlagen über das Jahr eine beachtliche Summe zusammen.
Vor- und Nachteile der Direktvermarktung im Überblick
Vorteile:
- Potenziell höhere Einnahmen im Vergleich zur festen Einspeisevergütung.
- Aktive Teilnahme am Strommarkt und Beitrag zur Netzintegration erneuerbarer Energien.
- Geringes Risiko, da die Einnahmen durch die Marktprämie mindestens auf dem Niveau der EEG-Vergütung abgesichert sind.
- Flexibler Wechsel: Eine Rückkehr in die feste Einspeisevergütung ist in der Regel monatlich möglich.
Nachteile:
- Einmalige Investitionskosten für die technische Umrüstung zur Fernsteuerbarkeit.
- Abhängigkeit von den schwankenden Börsenstrompreisen (wird aber durch Marktprämie abgefedert).
- Servicegebühr an den Direktvermarkter, die den potenziellen Gewinn schmälert.
- Administrativer Aufwand bei der initialen Einrichtung (wird aber meist vom Anbieter übernommen).
Aus unserem Shop, Kategorie: PV Anlagen mit Speicher und Montagesets
20000 Watt Photovoltaikanlagen inkl. 20,00 kWh Batterie & Ziegeldach Montageset - Trina Bifazial
12.999,00 €Die Zukunft der Direktvermarktung und die Rolle von Speichern
Mit sinkenden Sätzen für die [INTERNAL LINK: Einspeisevergütung | href: /einspeiseverguetung] wird die Direktvermarktung auch für kleinere Anlagen zunehmend attraktiver. Damit wächst auch der finanzielle Anreiz, aktiv am Markt teilzunehmen.
Ein besonders interessantes Szenario ergibt sich in Kombination mit einem [INTERNAL LINK: Stromspeicher | href: /stromspeicher]. Ein intelligentes System kann den Solarstrom bei niedrigen Börsenpreisen (z. B. mittags) speichern und ihn bei hohen Preisen (z. B. in den Abendstunden) gezielt ins Netz einspeisen. Dies maximiert nicht nur den Eigenverbrauch, sondern optimiert auch die Erlöse aus der Direktvermarktung erheblich. Viele Kunden, die eine Anlage in dieser Größe planen, ziehen daher von Beginn an eine Speicherlösung in Betracht.
Fazit: Ein Rechenexempel für Anlagenbetreiber
Die Direktvermarktung für PV-Anlagen unter 100 kWp ist kein Selbstläufer, aber eine prüfenswerte Option. Ob sie sich rechnet, ist eine individuelle Kalkulation. Als Faustregel gilt: Je größer Ihre Anlage und je höher die Jahresproduktion, desto wahrscheinlicher ist ein attraktiver Mehrerlös.
Der entscheidende Schritt ist, konkrete Angebote von mehreren Direktvermarktern einzuholen. Vergleichen Sie die Höhe der Servicegebühr und eventuelle Boni wie die Managementprämie und stellen Sie diese den einmaligen Kosten für die technische Umrüstung gegenüber. Oft bieten Direktvermarkter eine kostenlose Erstberatung an, die Ihnen eine klare Einschätzung Ihrer potenziellen Gewinne ermöglicht. Die Informationsplattform Photovoltaik.info bietet Ihnen dabei eine neutrale Grundlage, um Angebote und technische Anforderungen besser einordnen zu können.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau macht ein Direktvermarkter?
Ein Direktvermarkter ist ein spezialisierter Energiedienstleister. Er bündelt den Strom aus vielen dezentralen Erzeugungsanlagen (wie Ihrer PV-Anlage) und verkauft diesen gesammelt an der Strombörse. Zudem übernimmt er die Prognose der Stromerzeugung und die gesamte administrative Abwicklung.
Was bedeutet „Fernsteuerbarkeit“ in der Praxis für mich?
In der Praxis bemerken Sie von der Fernsteuerbarkeit kaum etwas. Ein Techniker installiert eine kleine Steuereinheit in Ihrem Zählerschrank, die es dem Direktvermarkter ermöglicht, die Leistung Ihrer Anlage bei Bedarf zu drosseln. Dies geschieht nur in seltenen Fällen bei negativen Strompreisen und schützt Sie vor finanziellen Nachteilen.
Kann ich wieder zurück in die feste Einspeisevergütung wechseln?
Ja, ein Wechsel zurück in das Modell der festen Einspeisevergütung ist gesetzlich geregelt und in der Regel mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende möglich. Sie gehen also kein langfristiges Risiko ein.
Was passiert genau, wenn die Strompreise negativ sind?
Bei negativen Strompreisen würde eine Einspeisung zu Kosten führen. Um das zu verhindern, regelt der Direktvermarkter Ihre Anlage für die Dauer der Negativpreisphase ferngesteuert ab. Sie erhalten für diese Zeit keine Vergütung, vermeiden aber auch Verluste.
Wie hoch ist die Servicegebühr für die Direktvermarktung?
Die Gebühr variiert je nach Anbieter und Anlagengröße. Üblich sind feste monatliche Beträge oder ein Betrag pro eingespeister Megawattstunde (MWh). Ein typischer Rahmen liegt zwischen 2 und 5 Euro pro MWh. Es lohnt sich, hier genau zu vergleichen.
Wenn Sie gerade erst mit der Planung Ihrer Anlage beginnen, hilft Ihnen unser Leitfaden zum Thema [INTERNAL LINK: Photovoltaikanlage planen | href: /photovoltaikanlage-planen] weiter. Im Shop von Photovoltaik.info finden Sie zudem Komplettsets, die auf typische Anlagengrößen abgestimmt sind und bereits für moderne Vermarktungsformen vorbereitet sind.



