Der wandernde Schornsteinschatten: Wie Bypass-Dioden den Leistungsverlust minimieren

Ein sonniger Tag ist ideal für Besitzer einer Photovoltaikanlage. Die Module arbeiten auf Hochtouren, der Stromzähler läuft rückwärts, und die Unabhängigkeit vom Stromnetz wächst. Doch dann beginnt der Schatten des Schornsteins seine langsame Wanderung über das Dach. Viele angehende Anlagenbetreiber fragen sich: Macht ein so kleiner Schatten wirklich einen Unterschied? Die Antwort ist Ja – und er kann ohne die richtige Technik sogar einen überraschend großen Leistungsverlust verursachen. Moderne Solarmodule haben dafür aber eine clevere, eingebaute Lösung: die Bypass-Diode.
Dieser Beitrag erklärt Ihnen einfach und verständlich, wie diese unscheinbaren Bauteile dafür sorgen, dass Ihre Anlage auch bei Teilverschattung effizient weiterarbeitet und warum ein Schornsteinschatten heute kein K.-o.-Kriterium mehr für eine Photovoltaikanlage darstellt.
Warum eine kleine Verschattung große Auswirkungen hat: Der Lichterketten-Effekt
Um das Problem zu verstehen, hilft ein Vergleich, den viele aus der Weihnachtszeit kennen: die klassische Lichterkette. Fällt hier eine einzige Kerze aus, erlischt die gesamte Kette. Nach einem ganz ähnlichen Prinzip funktionieren auch Solarzellen, die innerhalb eines Moduls in Reihe geschaltet sind. Der Strom fließt von Zelle zu Zelle, und jede muss den vollen Strom der anderen durchlassen.
Wird nun eine einzelne Zelle – oder ein kleiner Bereich von Zellen – durch den Schornsteinschatten verdeckt, kann sie keinen Strom mehr erzeugen. Schlimmer noch: Sie wird zu einem Widerstand, der den Stromfluss der gesamten Kette blockiert. Studien des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) belegen, dass bereits die Verschattung von nur 5 % der Modulfläche die Leistung des gesamten Modulstrangs um bis zu 50 % reduzieren kann. Ohne Gegenmaßnahmen würde ein kleiner Schatten den Ertrag ganzer Modulreihen drastisch senken.
Dieses Phänomen betrifft nicht nur den Ertrag, sondern kann die verschattete Zelle auch stark erhitzen (sogenanntes „Hotspotting“), was auf Dauer zu Schäden am Modul führen kann. Genau hier kommen die Bypass-Dioden ins Spiel.
Die clevere Lösung im Modul: Was sind Bypass-Dioden?
Stellen Sie sich eine Autobahn vor, auf der eine Spur durch eine Baustelle blockiert ist. Anstatt den gesamten Verkehr zum Erliegen zu bringen, wird eine Umleitung eingerichtet. Eine Bypass-Diode ist genau das: eine elektrische Umleitung für den Solarstrom.
Moderne Solarmodule sind intern in mehrere Abschnitte (Strings) unterteilt, wobei heute drei Abschnitte pro Modul üblich sind. Jedem dieser Abschnitte ist eine eigene Bypass-Diode zugeordnet.
Ihr Schornstein wirft am Vormittag einen Schatten auf den unteren Teil eines Ihrer Solarmodule.
- Ohne Bypass-Dioden: Der Stromfluss des gesamten Moduls und möglicherweise der gesamten Reihenschaltung von Modulen würde stark einbrechen.
- Mit Bypass-Dioden: Die Diode des verschatteten unteren Moduldrittels wird automatisch aktiviert. Sie leitet den Strom der beiden oberen, sonnenbeschienenen Abschnitte am blockierten Teil vorbei. Das Ergebnis: Statt nahezu 100 % Leistungsverlust für das Modul verlieren Sie nur die Leistung des verschatteten Drittels. Die restlichen zwei Drittel produzieren ungestört weiter.
Diese einfache, aber effektive Technologie ist für die meisten Standardsituationen mit feststehenden Hindernissen wie Schornsteinen, Gauben oder Satellitenschüsseln eine völlig ausreichende Lösung.
So funktioniert die Bypass-Diode in der Praxis
Eine Diode ist ein elektronisches Bauteil, das Strom nur in eine Richtung fließen lässt. Im Normalbetrieb, wenn alle Zellen Strom produzieren, ist die Bypass-Diode inaktiv und für den Stromfluss unsichtbar.
Sobald eine Zelle in ihrem Bereich verschattet wird und keinen Strom mehr liefert, kehrt sich die Spannung an dieser Zelle um. Diesen Spannungsabfall erkennt die Bypass-Diode und „öffnet“ die Umleitung. Der Strom der funktionierenden Zellstränge fließt nun durch die Diode statt durch den verschatteten Bereich.
Das hat zwei entscheidende Vorteile:
- Ertragsmaximierung: Der Großteil des Moduls kann weiterhin Energie erzeugen und in den Wechselrichter einspeisen.
- Modulschutz: Die Überhitzung (Hotspotting) der verschatteten Zelle wird verhindert, da der Strom nicht mehr mit Gewalt durch sie „gedrückt“ wird. Dies sichert die Langlebigkeit und Sicherheit Ihrer Anlage.
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Ab 2.099,00 €Bypass-Dioden vs. Leistungsoptimierer: Was ist der Unterschied?
Im Zusammenhang mit Verschattung hört man oft auch von Leistungsoptimierern oder Modulwechselrichtern. Wo liegt der Unterschied zur Bypass-Diode?
- Bypass-Dioden arbeiten innerhalb eines Moduls. Sie retten den Ertrag der unverschatteten Teile desselben Moduls.
- Leistungsoptimierer arbeiten auf Modulebene. Sie sorgen dafür, dass ein teilverschattetes Modul nicht die Leistung des gesamten Strangs (also aller in Reihe geschalteten Module) nach unten zieht.
Für einen klar definierten, wandernden Schatten eines Schornsteins sind die serienmäßig verbauten Bypass-Dioden oft die wirtschaftlichste und technisch sinnvollste Lösung. Leistungsoptimierer sind vor allem dann eine Überlegung wert, wenn die Verschattung komplexer ist, zum Beispiel durch Laubbäume, deren Schatten sich im Jahresverlauf stark verändert, oder durch mehrere benachbarte Gebäude.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Bypass-Dioden und Verschattung
Muss ich beim Kauf von Solarmodulen extra auf Bypass-Dioden achten?
Nein. Bypass-Dioden sind seit vielen Jahren Industriestandard. Jedes hochwertige und zertifizierte Solarmodul ist heute standardmäßig damit ausgestattet.
Wie viel Leistung verliere ich durch einen Schornsteinschatten trotz Bypass-Dioden?
Sie verlieren nur die Leistung des direkt betroffenen Modulabschnitts. Hat Ihr Modul drei Bypass-Dioden und der Schatten bedeckt exakt ein Drittel des Moduls, beträgt der Leistungsverlust für dieses Modul ca. 33 % – und nicht 80 % oder mehr für den gesamten Modulstrang.
Können Bypass-Dioden kaputtgehen?
Das sind sehr robuste und langlebige elektronische Bauteile. Ausfälle sind extrem selten. Da sie in der Anschlussdose des Moduls vergossen sind, sind sie zudem optimal vor Witterung geschützt.
Wann sollte ich statt auf Bypass-Dioden auf Leistungsoptimierer setzen?
Wenn Sie eine sehr komplexe Dachfläche mit mehreren, über den Tag und das Jahr verteilten Schattenquellen haben (z. B. Bäume, Nachbarhäuser, verschiedene Gauben), können Leistungsoptimierer ihre Vorteile ausspielen und den Gesamtertrag weiter optimieren. Bei der detaillierten Planung Ihrer PV-Anlage hilft eine genaue Schattenanalyse.
Fazit: Ein kleines Bauteil mit großer Wirkung
Der wandernde Schornsteinschatten ist kein Grund zur Sorge mehr. Dank der standardmäßig in allen modernen Solarmodulen integrierten Bypass-Dioden wird der Leistungsverlust auf ein Minimum reduziert und die Module werden gleichzeitig vor Schäden geschützt. Diese zuverlässige Technologie sorgt dafür, dass Ihre Photovoltaikanlage auch auf Dächern, die nicht zu 100 % schattenfrei sind, wirtschaftlich und sicher betrieben werden kann. Sie ist ein perfektes Beispiel dafür, wie durchdachte Technik komplexe Probleme im Hintergrund elegant für Sie löst.
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