Agro-Photovoltaik und Direktvermarktung: Spezielle Erlösmodelle für die Landwirtschaft

Ein Acker, der zwei Ernten liefert: unten Kartoffeln oder Beeren, oben sauberer Solarstrom

Was wie eine Zukunftsvision klingt, ist längst Realität und entwickelt sich für immer mehr landwirtschaftliche Betriebe zu einer entscheidenden Zukunftsstrategie. Die Agro-Photovoltaik (Agri-PV) verbindet Lebensmittelproduktion mit Energiegewinnung und schafft so eine doppelte Wertschöpfung auf derselben Fläche. Die Installation der Anlagen ist die eine, technische Herausforderung. Eine ebenso wichtige unternehmerische Frage lautet jedoch: Wie lässt sich der erzeugte Strom am gewinnbringendsten vermarkten?

Dieser Artikel beleuchtet die besonderen Erlösmodelle für landwirtschaftliche PV-Anlagen. Sie erfahren, warum die klassische Einspeisevergütung bei großen Projekten oft nicht mehr greift und welche alternativen Vermarktungswege sich Ihnen als Betreiber bieten.

![Eine moderne Agro-Photovoltaikanlage über einem Feld mit Sonderkulturen, die die Doppelnutzung der Fläche zeigt.]

Was ist Agro-Photovoltaik (Agri-PV) und warum ist sie relevant?

Agro-Photovoltaik bezeichnet die Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen: für die Nahrungsmittelproduktion am Boden und die Stromerzeugung durch Photovoltaik-Module darüber. Diese innovative Methode löst den Konflikt zwischen Energieerzeugung und Landwirtschaft und birgt enormes Potenzial. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) zeigt: Mit Agri-PV auf nur vier Prozent der deutschen Ackerflächen ließe sich theoretisch der gesamte aktuelle Strombedarf Deutschlands decken.

Doch die Vorteile gehen weit über die reine Energieerzeugung hinaus:

  • Schutz der Kulturen: Die Solarmodule schützen empfindliche Pflanzen wie Obst, Beeren oder Wein vor Hagel, Starkregen und übermäßiger Sonneneinstrahlung.
  • Reduzierter Wasserbedarf: Die Teilverschattung senkt die Verdunstung, was den Wasserverbrauch um bis zu 20 % reduzieren und Erträge in trockenen Jahren sichern kann.
  • Stabile Rahmenbedingungen: Die Module schaffen ein Mikroklima, das extremen Wetterereignissen entgegenwirkt.
  • Biodiversität: Eine extensive Bewirtschaftung unter den Modulen kann Lebensräume für Insekten und andere Arten schaffen.

Die Erfahrung zeigt, dass sich besonders Sonderkulturen wie Kartoffeln, Hopfen, Beeren und Obst für die Kombination eignen. Anders als klassische Photovoltaik Freiflächenanlagen, die eine Fläche vollständig für die Stromerzeugung beanspruchen, erhält die Agri-PV die landwirtschaftliche Nutzung und schafft Synergien.

Die Herausforderung: Stromvermarktung ab 100 kWp

Während Betreiber kleinerer Dachanlagen oft eine feste EEG-Vergütung für ihren eingespeisten Strom erhalten, gelten für größere Anlagen andere Regeln. Für Neuanlagen mit einer installierten Leistung von über 100 Kilowattpeak (kWp) ist die Teilnahme an der sogenannten Direktvermarktung gesetzlich verpflichtend. Da die meisten Agri-PV-Projekte diese Schwelle deutlich überschreiten, führt für Landwirte kaum ein Weg an diesem Modell vorbei.

Die Direktvermarktung bedeutet, dass der erzeugte Solarstrom nicht mehr an den Netzbetreiber zu einem festen Satz verkauft wird, sondern direkt an der Strombörse gehandelt wird. Das eröffnet neue Ertragschancen, birgt aber auch neue unternehmerische Risiken.

Erlösmodell 1: Die geförderte Direktvermarktung nach EEG

Die gängigste Form der Vermarktung für Anlagen über 100 kWp ist die geförderte Direktvermarktung. Hierbei wird der Strom über einen spezialisierten Dienstleister, den Direktvermarkter, an der Strombörse (z. B. EPEX Spot) verkauft. Ihre Einnahmen setzen sich dabei aus zwei Komponenten zusammen:

  1. Markterlös: Der Preis, der an der Strombörse für Ihren Strom erzielt wird. Dieser schwankt stündlich, je nach Angebot und Nachfrage.
  2. Marktprämie: Eine staatliche Prämie, die vom Netzbetreiber ausgezahlt wird. Sie gleicht die Differenz zwischen dem erzielten Markterlös und dem staatlich festgelegten „anzulegenden Wert“ (ähnlich der früheren EEG-Vergütung) aus.

Zusammen sorgen Markterlös und Marktprämie dafür, dass Sie mindestens den Wert erhalten, den Sie auch bei einer festen Einspeisevergütung bekommen hätten.

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Wie funktioniert die Direktvermarktung?

Der Prozess mag auf den ersten Blick komplex wirken, wird aber größtenteils von Ihrem Direktvermarkter für Sie übernommen:

  1. Ihre Agri-PV-Anlage erzeugt Strom.
  2. Ihr Direktvermarkter erstellt auf Basis von Wetterdaten präzise Erzeugungsprognosen.
  3. Auf Grundlage dieser Prognosen verkauft er Ihren Strom an der Strombörse zum bestmöglichen Preis.
  4. Sie erhalten den Erlös aus diesem Verkauf. Zusätzlich beantragt der Direktvermarkter für Sie die Marktprämie beim Netzbetreiber.

![Grafik, die das Prinzip der Direktvermarktung mit Marktprämie visualisiert – Stromfluss vom Erzeuger zum Markt, Geldfluss vom Markt und Netzbetreiber zum Erzeuger.]

Chancen und Risiken dieses Modells

  • Chance: In Zeiten hoher Strompreise an der Börse können die Gesamterlöse den staatlich garantierten Wert übersteigen. Sie profitieren also direkt von positiven Marktentwicklungen.
  • Risiko: Bei negativen Strompreisen – also einem Überangebot an Strom im Netz, oft an sehr sonnigen und windigen Tagen – kann es zu Erlöseinbußen kommen. Dauert eine Phase negativer Preise länger als sechs aufeinanderfolgende Stunden an, entfällt die Marktprämie für diesen Zeitraum komplett.

Praxisbeispiel: Ein Obstbauer betreibt eine 400-kWp-Anlage über seiner Apfelplantage. An einem sonnigen Sommertag mit hoher Stromnachfrage erzielt sein Direktvermarkter an der Börse einen hohen Preis. Seine Gesamteinnahmen liegen an diesem Tag 15 % über dem EEG-Referenzwert. Im Frühling hingegen gibt es eine Woche mit viel Wind und Sonne, in der die Strompreise für einige Stunden negativ sind. In dieser Zeit erhält er keine Marktprämie, was seinen Monatsertrag leicht reduziert.

Erlösmodell 2: Power Purchase Agreements (PPAs) als Alternative

Eine zunehmend beliebte Alternative zur EEG-geförderten Vermarktung sind Power Purchase Agreements (PPAs). Ein PPA ist ein langfristiger Stromliefervertrag, den Sie als Erzeuger direkt mit einem großen Stromabnehmer abschließen, zum Beispiel einem lokalen Industrieunternehmen, einem Rechenzentrum oder einem Stadtwerk.

Dieses Modell macht Sie unabhängig von staatlichen Förderungen und den Schwankungen des Spotmarktes.

Die Vorteile von PPAs für die Landwirtschaft

  • Langfristige Planungssicherheit: Sie vereinbaren einen festen Abnahmepreis für Ihren Strom über eine lange Laufzeit, typischerweise 10 bis 20 Jahre. Das schafft eine sehr stabile und kalkulierbare Einnahmequelle für Ihren Betrieb.
  • Unabhängigkeit von Förderungen: Ihr Geschäftsmodell ist nicht von politischen Entscheidungen rund um das EEG abhängig. Das macht Ihre Investition zukunftssicher.
  • Finanzierungs- und Investitionssicherheit: Banken und Investoren schätzen die durch PPAs garantierte Einnahmesicherheit, was die Finanzierung großer Projekte erheblich erleichtert.

![Schema eines Power Purchase Agreements (PPA), das die Vertragsbeziehung zwischen Stromerzeuger (Landwirt), Stromabnehmer (Industriebetrieb) und ggf. einem Dienstleister darstellt.]

Praxisbeispiel: Eine landwirtschaftliche Genossenschaft errichtet eine 3-MWp-Agri-PV-Anlage über Gemüsefeldern. Sie schließt einen PPA mit einem nahegelegenen Logistikzentrum ab, das seine Kühlhäuser mit Grünstrom betreiben möchte. Der Vertrag läuft über 15 Jahre und sichert der Genossenschaft einen festen Preis pro Kilowattstunde. Dies ermöglicht eine verlässliche Kalkulation der Wirtschaftlichkeit einer PV-Anlage und sichert die Investition langfristig ab.

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Welches Modell ist das richtige für Ihren Betrieb?

Die Entscheidung zwischen geförderter Direktvermarktung und einem PPA ist eine strategische Weichenstellung.

  • Die Direktvermarktung nach EEG ist oft der Standardweg für geförderte Neuanlagen. Sie eignet sich für Betreiber, die bereit sind, ein gewisses Marktrisiko zu tragen, um von potenziell höheren Erlösen in Hochpreisphasen zu profitieren.
  • Ein Power Purchase Agreement (PPA) ist die ideale Lösung für sicherheitsorientierte Unternehmer, die maximale Planbarkeit und Unabhängigkeit von staatlichen Rahmenbedingungen anstreben. Es ist besonders für sehr große, oft förderfrei realisierte Projekte die erste Wahl.

Die Experten von Photovoltaik.info beobachten, dass viele Betreiber großer Anlagen zunehmend die Stabilität eines PPAs bevorzugen, um ihre Investition auf ein solides, langfristiges Fundament zu stellen.

Häufige Fragen (FAQ) zur Vermarktung von Agrar-Solarstrom

Was ist ein Direktvermarkter und brauche ich einen?

Ja, für die Teilnahme an der Direktvermarktung benötigen Sie zwingend einen Direktvermarkter. Dieses Unternehmen übernimmt für Sie den komplexen Handel an der Strombörse, erstellt die notwendigen Erzeugungsprognosen und kümmert sich um die Abrechnung mit dem Netzbetreiber.

Was passiert bei negativen Strompreisen?

Wenn der Börsenstrompreis negativ ist, müssen Erzeuger dafür bezahlen, dass sie Strom ins Netz einspeisen. Hält diese Phase länger als sechs aufeinanderfolgende Stunden an, entfällt zudem die Marktprämie. Moderne Anlagensteuerungen können die Anlage in solchen Phasen automatisch drosseln oder abschalten, um Verluste zu vermeiden.

Kann ich den Strom auch selbst nutzen?

Ja, der Eigenverbrauch des erzeugten Stroms ist fast immer die wirtschaftlichste Option. Jede Kilowattstunde, die Sie auf dem Hof selbst verbrauchen, muss nicht teuer aus dem Netz zugekauft werden. Landwirtschaftliche Betriebe mit hohem Strombedarf (z. B. für Kühlung, Belüftung, Bewässerung) profitieren hier besonders. Nur der überschüssige Strom wird dann vermarktet.

Wie hoch ist die Leistung von Solarmodulen bei Agri-PV?

Die Leistung von Solarmodulen an sich ist identisch mit der von Dachanlagen. Die Gesamtleistung pro Hektar ist bei Agri-PV-Anlagen jedoch geringer als bei reinen Freiflächenanlagen, da die Module mit größeren Abständen installiert werden. So wird eine ausreichende Belichtung für die darunterliegenden Pflanzen gewährleistet und die Bewirtschaftung ermöglicht.

Fazit: Eine doppelte Ernte mit strategischer Planung

Agro-Photovoltaik ist mehr als nur eine Methode zur Energiegewinnung – sie ist ein zukunftsweisendes Landnutzungskonzept, das Landwirten eine zweite, stabile Einnahmequelle eröffnet. Der Erfolg eines solchen Projekts hängt jedoch nicht nur von der technischen Umsetzung ab, sondern maßgeblich von der Wahl des richtigen Vermarktungsmodells.

Ob Sie sich für die flexible Direktvermarktung mit Marktprämie entscheiden oder die langfristige Sicherheit eines PPAs bevorzugen, ist eine unternehmerische Entscheidung, die von Ihrer Risikobereitschaft und Ihren betrieblichen Zielen abhängt. Eine sorgfältige Planung und Beratung sind daher der Schlüssel, um das volle Potenzial Ihrer doppelten Ernte auszuschöpfen.

Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl der richtigen Komponenten und zur Planung von Großanlagen finden Sie direkt auf Photovoltaik.info.

Sie möchten Ihre individuelle Situation besser einschätzen? Nehmen Sie gern Kontakt mit uns auf, um über Ihre Möglichkeiten zu sprechen.

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OLEKSANDR PUSHKAR
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