Verzögerter Netzanschluss: Ihre Rechte und Fristen nach dem EEG

Ihre Photovoltaikanlage ist fertig montiert, die Sonne scheint, doch der Stromzähler dreht sich nicht – oder schlimmer noch, er ist gar nicht für die Einspeisung ausgelegt. Dieses Szenario sorgt bei vielen angehenden Anlagenbetreibern für großen Frust.

Was oft als einfache Formalität erscheint, entwickelt sich in der Praxis immer häufiger zu einer wochen- oder sogar monatelangen Hängepartie. Wenn Ihr Netzbetreiber den Anschluss verzögert, sind Sie jedoch nicht machtlos. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) setzt klare Fristen und gibt Ihnen konkrete Rechte an die Hand.

Warum verzögert sich der Netzanschluss so oft?

Sie sind mit diesem Problem bei weitem nicht allein. Die hohe Nachfrage nach Photovoltaikanlagen trifft auf überlastete Netzbetreiber und einen spürbaren Fachkräftemangel. Das bestätigt auch eine Studie des Technologieverbands VDE aus dem Jahr 2023: 81 % der befragten Elektrohandwerksbetriebe gaben an, dass Verzögerungen durch Netzbetreiber die Installation von PV-Anlagen häufig ausbremsen.

Technologieverbands VDE Studie 2023

Die Hauptgründe sind oft bürokratische Prozesse, langwierige Netzverträglichkeitsprüfungen und fehlende Kapazitäten für den Zählertausch. Die Erfahrung zeigt, dass die Prozesse gerade bei größeren Anlagen oder in Gebieten mit einer bereits hohen Dichte an Solaranlagen ins Stocken geraten.

Gesetzliche Fristen für den Netzanschluss: Was das EEG vorschreibt

Um Anlagenbetreiber vor unzumutbaren Wartezeiten zu schützen, hat der Gesetzgeber im EEG klare Fristen verankert. Diese sind Ihr wichtigstes Werkzeug, um Druck auf den Netzbetreiber auszuüben.

Frist für die Netzverträglichkeitsprüfung (bis 30 kWp)

Die erste wichtige Frist beginnt, sobald Sie oder Ihr Installateur das Netzanschlussbegehren vollständig beim Netzbetreiber eingereicht haben. Für Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 Kilowattpeak (kWp), was die meisten privaten Dachanlagen einschließt, hat der Netzbetreiber vier Wochen Zeit, um Ihr Gesuch zu prüfen und Ihnen alle notwendigen Informationen zu übermitteln (§ 8 Abs. 5 EEG).

Das Wichtigste dabei: Lässt der Netzbetreiber diese Frist verstreichen, ohne sich zu äußern oder fehlende Unterlagen nachzufordern, gilt der Netzanschluss als genehmigt (sogenannte Genehmigungsfiktion).

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Frist für den eigentlichen Netzanschluss

Nachdem der Netzbetreiber den technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt für Ihre Anlage mitgeteilt hat, beginnt die zweite entscheidende Frist: Der Netzbetreiber hat nun acht Wochen Zeit, um die Anlage tatsächlich an das Stromnetz anzuschließen. Diese Frist beginnt nicht ab dem Datum der Installation, sondern ab dem Moment, in dem der Anschlusspunkt klar definiert ist.

Praxisbeispiel: Sie reichen am 1. April alle Unterlagen ein. Der Netzbetreiber hat bis zum 29. April Zeit für die Prüfung. Er teilt Ihnen am 15. April den Anschlusspunkt mit. Ab diesem Datum hat er bis zum 10. Juni Zeit, den Anschluss vorzunehmen.

Sonderfall: Balkonkraftwerke und vereinfachtes Verfahren

Für kleine steckerfertige Solaranlagen, oft als Balkonkraftwerke bezeichnet, gilt ein vereinfachtes Verfahren. Hier entfällt die komplexe Netzverträglichkeitsprüfung. Sie müssen die Anlage lediglich im Marktstammdatenregister und bei Ihrem Netzbetreiber anmelden. Der Netzbetreiber ist dann verpflichtet, einen eventuell notwendigen Zählerwechsel zeitnah vorzunehmen. Detaillierte Informationen dazu, wie Sie Ihr Balkonkraftwerk anmelden, finden Sie in unserem weiterführenden Ratgeber.

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Was tun, wenn der Netzbetreiber die Fristen überschreitet? Ihr Fahrplan

Sind die gesetzlichen Fristen verstrichen und Sie haben noch immer keine Rückmeldung oder einen Anschlusstermin, sollten Sie aktiv werden. Gehen Sie dabei am besten systematisch vor.

Schritt 1: Schriftliche Aufforderung mit Fristsetzung

Der erste und wichtigste Schritt ist ein formelles Schreiben. Senden Sie dem Netzbetreiber eine Aufforderung per Einschreiben mit Rückschein. Darin sollten Sie:

  1. Auf die verstrichene gesetzliche Frist gemäß § 8 EEG hinweisen.
  2. Eine neue, angemessene Frist für den Anschluss setzen (z. B. 14 Tage).
  3. Ankündigen, dass Sie bei erneutem Verstreichen der Frist weitere Schritte einleiten werden.

Dieses Schreiben dient als Grundlage für alle weiteren Maßnahmen und setzt den Netzbetreiber offiziell in Verzug.

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Schritt 2: Die Schlichtungsstelle Energie e.V. einschalten

Reagiert der Netzbetreiber weiterhin nicht, führt der nächste Weg zur Schlichtungsstelle Energie e.V. in Berlin. Diese Einrichtung wurde speziell dafür geschaffen, Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Energieversorgern außergerichtlich zu klären. Das Verfahren ist für Sie als Verbraucher kostenlos. Laut Bundesnetzagentur stieg die Zahl der Schlichtungsanträge im Bereich Photovoltaik allein im Jahr 2023 auf über 4.000 – eine Zahl, die die Bedeutung dieses Weges unterstreicht. Die Einschaltung der Schlichtungsstelle führt oft zu einer schnellen Reaktion des Netzbetreibers, da dieser ein formelles Verfahren vermeiden möchte.

Schritt 3: Rechtliche Schritte und anwaltliche Hilfe

Als letztes Mittel bleibt der Klageweg. Wenn alle anderen Versuche scheitern, kann ein auf Energierecht spezialisierter Anwalt eine einstweilige Verfügung auf Anschluss der Anlage erwirken oder Schadensersatzansprüche für Sie geltend machen. Dieser Schritt ist zwar mit Kosten verbunden, kann bei einer hartnäckigen Weigerung des Netzbetreibers aber notwendig werden.

Rechtliche Schritte und anwaltliche Hilfe

Entschädigung bei Verzögerung: Steht Ihnen Schadensersatz zu?

Eine häufig gestellte Frage ist, ob Betreiber eine Entschädigung für den entgangenen Stromertrag verlangen können. Grundsätzlich ja. Wenn der Netzbetreiber die Verzögerung schuldhaft verursacht hat, können Sie den finanziellen Schaden durch die entgangene Einspeisevergütung geltend machen.

Dafür müssen Sie den Schaden konkret beziffern. Dokumentieren Sie die Sonneneinstrahlung und berechnen Sie den theoretisch möglichen Ertrag Ihrer Anlage. Die Höhe der entgangenen Einnahmen hängt direkt von der aktuellen Einspeisevergütung für Photovoltaik ab.

Rechenbeispiel: Eine durchschnittliche 10-kWp-Anlage erzeugt an einem sonnigen Junitag etwa 50 kWh Strom. Bei einer Vergütung von 8,11 Cent/kWh (Stand Februar 2024 für Neuanlagen) entgehen Ihnen pro Tag der Verzögerung rund 4,05 Euro. Über mehrere Wochen kann sich hier eine beachtliche Summe ansammeln.

FAQ: Häufige Fragen zum verzögerten Netzanschluss

Gilt die 8-Wochen-Frist für den Anschluss ab dem Tag der Installation?

Nein, die Frist von acht Wochen beginnt erst, nachdem der Netzbetreiber Ihnen den genauen Anschlusspunkt mitgeteilt hat. Die reine Fertigstellung der Montage auf Ihrem Dach ist hier nicht der entscheidende Zeitpunkt.

Kann ich meine Anlage schon vor dem Zählerwechsel zur Eigenversorgung nutzen?

Technisch wäre es möglich, rechtlich ist es jedoch nicht erlaubt. Ohne einen geeichten Zweirichtungszähler ist eine korrekte Abrechnung nicht möglich und die Einspeisung ins Netz wäre ungemessen und nicht genehmigt. Dies kann zu rechtlichen Problemen und Bußgeldern führen.

Was ist, wenn der Netzbetreiber einen Netzausbau für nötig hält?

Muss das Netz erst verstärkt werden, um Ihre Anlage aufzunehmen, gelten die genannten Fristen nicht. Der Netzbetreiber muss Ihnen in diesem Fall jedoch einen konkreten und verbindlichen Zeit- und Kostenplan für den Netzausbau vorlegen. Eine pauschale Aussage wie ‚das Netz ist voll‘ ist nicht ausreichend.

An wen wende ich mich bei Problemen zuerst – an den Installateur oder den Netzbetreiber?

Ihr erster Ansprechpartner ist in der Regel Ihr Installateur. Er hat die Unterlagen eingereicht und meist den direkten Kontakt zum Netzbetreiber. Kommt er jedoch nicht weiter, sollten Sie als zukünftiger Anlagenbetreiber selbst aktiv werden und den Netzbetreiber direkt schriftlich kontaktieren.

Fazit: Geduld ist wichtig, aber nicht grenzenlos

Verzögerungen beim Netzanschluss sind ärgerlich, aber leider zunehmend häufig. Wichtig ist, dass Sie Ihre Rechte kennen und diese auch einfordern. Das EEG gibt Ihnen mit den klaren Fristen ein starkes Instrument an die Hand. Handeln Sie strukturiert: Setzen Sie schriftliche Fristen, dokumentieren Sie die Kommunikation und scheuen Sie sich nicht, die kostenlose Hilfe der Schlichtungsstelle Energie in Anspruch zu nehmen. So stellen Sie sicher, dass Sie so schnell wie möglich von Ihrer Investition profitieren und sauberen Strom erzeugen können.

Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl der richtigen Komponenten und zur Planung Ihrer Anlage finden Sie direkt hier auf Photovoltaik.info. Im angeschlossenen Shop finden Sie zudem Komplettsets, die auf typische Anlagengrößen für Eigenheime abgestimmt sind und Ihnen den Einstieg erleichtern.

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