Vertragsstrafen in der Direktvermarktung: So schützen Sie sich vor Pönalen

Die Direktvermarktung Ihres Solarstroms verspricht höhere Erträge als die klassische Einspeisevergütung. Doch im Kleingedruckten vieler Verträge lauern finanzielle Risiken – die sogenannten Pönalen oder Vertragsstrafen. Taucht auf Ihrer Abrechnung ein unerwarteter Abzug auf, steckt oft eine solche Klausel dahinter. Dieser Beitrag erklärt, was sich hinter diesen Strafzahlungen verbirgt, welche rechtlichen Grenzen es gibt und wie Sie sich wirksam davor schützen.

Was sind Pönalen in der Direktvermarktung?

Um zu verstehen, warum es überhaupt zu Pönalen kommt, hilft ein Blick auf den Prozess der Direktvermarktung. Anders als bei der festen Einspeisevergütung wird Ihr Strom hier nicht zu einem fixen Satz an den Netzbetreiber verkauft, sondern an der Strombörse gehandelt. Ihr Partner, der Direktvermarkter, ist dafür verantwortlich, die Stromproduktion Ihrer Anlage für jeden 15-Minuten-Zeitraum des Folgetages möglichst genau vorherzusagen und zu verkaufen.

Weicht die tatsächlich erzeugte Strommenge von dieser Prognose ab, entsteht eine Differenz. Diese muss der Übertragungsnetzbetreiber kurzfristig durch teure Ausgleichsenergie kompensieren, um das Stromnetz stabil zu halten. Die Kosten für diese Ausgleichsenergie geben viele Direktvermarkter über Vertragsklauseln an die Anlagenbetreiber weiter – in Form einer Pönale.

Das Problem: Unfaire Klauseln und finanzielle Risiken

Die Gefahr liegt in der vertraglichen Gestaltung. Einige Verträge wälzen das gesamte Risiko von Prognoseabweichungen pauschal auf den Anlagenbetreiber ab – unabhängig davon, wer die Abweichung verursacht hat. Solche Klauseln können die finanziellen Vorteile der Direktvermarktung vollständig aufzehren.

Ein typisches Szenario: Ihr Direktvermarkter prognostiziert für einen sonnigen Nachmittag eine hohe Stromproduktion. Unerwartet ziehen jedoch dichte Wolken auf. Ihre Anlage produziert deutlich weniger Strom als vorhergesagt. Obwohl Sie als Betreiber dafür keine Verantwortung tragen, stellt Ihnen der Vermarkter die Kosten für die entstandene Differenz als Pönale in Rechnung. Gerade bei größeren Anlagen führt das schnell zu Abzügen von mehreren hundert Euro pro Monat.

Die Prognosequalität: Wer ist verantwortlich?

Hier liegt der entscheidende Punkt: Für die Erstellung der Stromprognose ist allein der Direktvermarkter zuständig. Er nutzt dafür komplexe Modelle, die Wetterdaten, Anlagendaten und historische Werte einbeziehen. Als Betreiber ist es Ihre Pflicht, die technischen Voraussetzungen für eine Datenübertragung zu schaffen und Störungen an Ihrer Anlage unverzüglich zu melden. Sie sind jedoch nicht für die Qualität der Wettervorhersage oder die Genauigkeit der Prognosemodelle verantwortlich.

Die Erfahrung zeigt, dass Pönalen oft auch dann berechnet werden, wenn eine schlechte Prognose des Vermarkters selbst die Ursache war. Die Fairness solcher Vertragsdetails ist daher entscheidend für die Frage, ob eine Direktvermarktung für Ihre PV-Anlage oder die klassische Einspeisevergütung für Sie sinnvoller ist.

Anker SOLIX Solarbank 3 E2700 Pro Balkonkraftwerk Speicher Set 1000 Watt 800 Watt - 2,7 kWh

Aus unserem Shop, Kategorie: Balkonkraftwerke mit Speicher

Anker SOLIX Solarbank 3 E2700 Pro Balkonkraftwerk Speicher Set 1000 Watt 800 Watt - 2,7 kWh

Ab 1.299,00 

Die rechtliche Lage: Das EEG 2023 stärkt Ihre Position

Lange Zeit waren Anlagenbetreiber solchen Vertragsklauseln relativ schutzlos ausgeliefert, doch mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2023 hat sich die Situation deutlich verbessert. Der Gesetzgeber hat eine klare Regelung geschaffen, die unfairen Pönalen einen Riegel vorschiebt.

Der entscheidende Paragraph ist § 55b EEG 2023. Er legt fest, dass Direktvermarkter die Kosten für Ausgleichsenergie nur dann an den Anlagenbetreiber weitergeben dürfen, wenn dieser seine Pflichten schuldhaft verletzt hat.

Das bedeutet konkret: Eine Pönale ist nur dann rechtens, wenn Sie beispielsweise eine technische Störung Ihrer Anlage bemerken, diese aber nicht oder verspätet an den Direktvermarkter melden. Für Prognoseabweichungen, die durch unvorhersehbares Wetter oder Fehler im Prognosemodell des Vermarkters entstehen, haften Sie nicht mehr. Pauschale Haftungsklauseln in Verträgen, die diesem Grundsatz widersprechen, sind seit Inkrafttreten des Gesetzes in der Regel unwirksam.

Handlungsempfehlungen: Wie Sie sich vor Pönalen schützen

Mit dem Wissen um die rechtliche Lage können Sie sich aktiv vor ungerechtfertigten Kosten schützen. Die folgenden Schritte helfen Ihnen dabei:

  1. Vertrag vor Abschluss genau prüfen
    Lesen Sie den Vertrag sorgfältig und achten Sie auf Begriffe wie „Pönale“, „Vertragsstrafe“, „Prognoseabweichung“, „Haftung“ oder „Ausgleichsenergie“. Seien Sie skeptisch bei Formulierungen, die Ihnen eine pauschale Verantwortung für alle Abweichungen zuschreiben.

  2. Haftung auf Verschulden begrenzen
    Bestehen Sie darauf, dass im Vertrag eine Klausel enthalten ist, die Ihre Haftung auf selbst verschuldete Pflichtverletzungen begrenzt. Dies entspricht der aktuellen Rechtslage nach dem EEG 2023. Seriöse Anbieter werden einer solchen Anpassung zustimmen.

  3. Abrechnungen kontrollieren
    Überprüfen Sie Ihre monatlichen Abrechnungen genau. Sollte eine Pönale abgezogen werden, fordern Sie vom Direktvermarkter eine detaillierte und nachvollziehbare Begründung an, aus der Ihr schuldhaftes Versäumnis hervorgeht.

  4. Meldepflichten ernst nehmen
    Dokumentieren Sie den Zustand Ihrer Anlage und melden Sie jede Störung oder Wartung umgehend an Ihren Direktvermarkter – am besten schriftlich. So können Sie im Streitfall nachweisen, dass Sie Ihren Pflichten nachgekommen sind.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Pönalen

Was ist der Unterschied zwischen einer Pönale und einer Vertragsstrafe?
Im Kontext der Direktvermarktungsverträge werden beide Begriffe meist synonym verwendet. Sie bezeichnen eine Strafzahlung, die bei einer bestimmten Vertragsverletzung fällig wird – hier bei der Abweichung von der eingespeisten Strommenge.

Bin ich für eine falsche Wettervorhersage verantwortlich?
Nein. Die Unwägbarkeiten des Wetters gehören zum allgemeinen Geschäftsrisiko des Direktvermarkters, der für die Erstellung der Prognose verantwortlich ist. Sie haften nicht für Prognosefehler, die auf ungenauen Wetterdaten beruhen.

Wie hoch dürfen Pönalen sein?
Das EEG 2023 begrenzt die Höhe der Pönale. Sie darf die tatsächlich entstandenen Kosten für die Ausgleichsenergie nicht übersteigen. Wichtiger ist jedoch, dass eine Pönale überhaupt nur bei einem nachweisbaren Verschulden des Anlagenbetreibers erhoben werden darf.

Ist Direktvermarktung trotz dieses Risikos sinnvoll?
Ja, absolut. Mit einem fairen Vertrag ist die Direktvermarktung in den meisten Fällen wirtschaftlicher als die feste Einspeisevergütung. Der Schlüssel liegt darin, einen vertrauenswürdigen Partner zu wählen und den Vertrag zu verstehen. Gerade in Kombination mit einem hohen Eigenverbrauch Ihrer PV-Anlage lassen sich die Erträge maximieren.

Fazit: Wissen schützt vor Kosten

Vertragsstrafen in der Direktvermarktung sind ein ernstzunehmendes Risiko, dem Sie als Anlagenbetreiber aber nicht schutzlos ausgeliefert sind. Das EEG 2023 hat Ihre Position gestärkt und die Haftung klar auf Situationen begrenzt, die Sie selbst verschuldet haben.

Entscheidend für Ihre Absicherung ist daher ein sorgfältiger Vertragscheck vor der Unterschrift. Nehmen Sie sich die Zeit, das Kleingedruckte zu verstehen, und bestehen Sie auf fairen Klauseln. Eine transparente und partnerschaftliche Beziehung zu Ihrem Direktvermarkter ist die beste Grundlage für eine langfristig erfolgreiche Vermarktung Ihres Solarstroms.

Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl der richtigen Komponenten und zur Planung Ihrer Anlage finden Sie direkt auf Photovoltaik.info.

Ratgeber teilen
OLEKSANDR PUSHKAR
OLEKSANDR PUSHKAR