Stellen Sie sich vor, Ihre neue Photovoltaikanlage ist auf dem Dach montiert und der Elektriker spricht von der „VDE-AR-N 4105“ und einem notwendigen „NA-Schutz“. Für die meisten angehenden Anlagenbetreiber sind das erst einmal Fachbegriffe, die mehr Fragen aufwerfen als beantworten. Doch keine Sorge: Hinter diesen Abkürzungen steckt ein wichtiges Sicherheitskonzept, das Ihre Anlage, Ihr Haus und das öffentliche Stromnetz schützt. Dieser Beitrag erklärt die technischen Anforderungen und zeigt, was für Sie als Betreiber wirklich zählt.
Die VDE-Norm: Mehr als nur eine Vorschrift
Die VDE-AR-N 4105 ist das technische Regelwerk für den Anschluss von Erzeugungsanlagen – wie Photovoltaikanlagen – an das Niederspannungsnetz. Man kann sie sich wie die „Straßenverkehrsordnung“ für das Stromnetz vorstellen. Sie stellt sicher, dass alle Teilnehmer, die Strom erzeugen und einspeisen, sich an gemeinsame Regeln halten.
Vorrangiges Ziel der Norm ist die Stabilität und Sicherheit des öffentlichen Stromnetzes. Angesichts Tausender PV-Anlagen, die gleichzeitig Strom produzieren, muss das Netz Schwankungen ausgleichen können. Die VDE-Norm sorgt dafür, dass Ihre Anlage das Netz unterstützt und nicht gefährdet.
Was ist der Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz)?
Das Herzstück der VDE-AR-N 4105 für Anlagenbetreiber ist der sogenannte Netz- und Anlagenschutz, kurz NA-Schutz. Dabei handelt es sich um eine automatische Sicherheitsabschaltung, die ständig die Spannung und Frequenz des Stromnetzes überwacht.
Sollte es im öffentlichen Netz zu einer Störung kommen – etwa einem Stromausfall oder einer starken Spannungsschwankung – trennt der NA-Schutz Ihre Photovoltaikanlage sofort und sicher vom Netz.
Warum ist das so wichtig?
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Sicherheit für Personal: Bei Wartungsarbeiten am Stromnetz müssen sich Techniker darauf verlassen können, dass es spannungsfrei ist. Der NA-Schutz verhindert, dass Ihre Anlage weiterhin Strom einspeist und so das Personal gefährdet.
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Schutz Ihrer Geräte: Starke Schwankungen im Netz können empfindliche elektronische Bauteile wie den Wechselrichter beschädigen. Die automatische Trennung schützt so Ihre Investition.
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Netzstabilität: Die kontrollierte Abschaltung aller Erzeugungsanlagen ermöglicht dem Netzbetreiber eine schnellere und sicherere Wiederherstellung der Stromversorgung nach einem Ausfall.

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Ab 1.299,00 €Wann ist ein externer NA-Schutz für Sie relevant?
Hier stellt sich für die meisten Hausbesitzer die entscheidende Frage: Benötige ich ein zusätzliches Gerät? Die Antwort hängt von der Größe Ihrer Anlage ab. Die zentrale Grenze liegt bei 30 Kilovoltampere (kVA) Einspeiseleistung. In der Praxis entspricht dieser Wert bei Photovoltaikanlagen in etwa der Nennleistung in Kilowatt-Peak (kWp).
Fall 1: Anlagen bis 30 kWp (trifft auf die meisten Eigenheime zu)
Für private Dachanlagen, die typischerweise zwischen 5 und 20 kWp groß sind, ist die Lösung denkbar einfach: Der NA-Schutz ist hier bereits im Wechselrichter integriert. Alle modernen, für den deutschen Markt zertifizierten Wechselrichter für Photovoltaikanlagen verfügen über diese integrierte Schutzfunktion. Sie müssen also kein separates Gerät kaufen oder installieren lassen.
Praxisbeispiel: Eine Familie installiert eine 12-kWp-Anlage auf ihrem Einfamilienhaus. Der vom Installateur ausgewählte Wechselrichter erfüllt die VDE-AR-N 4105 und hat den NA-Schutz bereits an Bord. Es sind keine weiteren Maßnahmen nötig.
Fall 2: Anlagen über 30 kWp
Wenn die Gesamtleistung Ihrer Anlage 30 kWp übersteigt, schreibt die Norm einen externen NA-Schutz vor. Dabei handelt es sich um ein separates Gerät, das in einem eigenen Gehäuse zwischen dem Wechselrichter und dem Netzanschlusspunkt installiert wird. Solche Anlagengrößen finden sich typischerweise auf größeren landwirtschaftlichen Betrieben, Mehrfamilienhäusern oder Gewerbeimmobilien.
Praxisbeispiel: Ein Landwirt nutzt seine große Scheunenfläche für eine 50-kWp-Anlage. Hier muss zusätzlich zu den Wechselrichtern ein externer NA-Schutz installiert werden. Die Auswahl und Installation übernimmt der beauftragte Fachbetrieb in Absprache mit dem Netzbetreiber.
Die zwei Arten des NA-Schutzes im Detail
Um die Unterschiede klarer zu machen, hier eine direkte Gegenüberstellung der beiden Lösungen.
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Integrierter NA-Schutz (in den meisten Wechselrichtern)
Die Erfahrung zeigt, dass diese Lösung für über 95 % aller privaten Photovoltaikprojekte ausreicht. Die Schutzfunktion ist eine Kombination aus Software und Hardware direkt im Wechselrichter. Der Hersteller des Wechselrichters weist die Konformität zur VDE-Norm mit einem Zertifikat nach, das der Installateur bei der Anmeldung beim Netzbetreiber einreicht. Für Sie als Betreiber bedeutet das: kein zusätzlicher Aufwand und keine Extrakosten. -
Externer NA-Schutz (für größere Anlagen)
Bei Anlagen über 30 kVA (und bis 135 kVA) ist dieses separate Gerät vorgeschrieben. Es bietet eine zusätzliche Sicherheitsebene und ist physisch vom Wechselrichter getrennt. Die Kosten für ein solches Gerät liegen je nach Hersteller und Funktionsumfang zwischen einigen hundert und über tausend Euro. Ob ein solches Gerät notwendig ist, klärt Ihr Solar-Installateur bereits in der Planungsphase.

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Als Anlagenbetreiber müssen Sie kein Experte für VDE-Normen sein. Die Verantwortung für die korrekte Umsetzung liegt bei Ihrem Installationsbetrieb. Dennoch ist es gut zu wissen, worauf Sie achten können:
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Anlagengröße prüfen: Klären Sie in der Planungsphase die exakte Anlagengröße in kWp. Liegen Sie deutlich unter 30 kWp, können Sie davon ausgehen, dass der NA-Schutz im Wechselrichter integriert ist.
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Datenblatt des Wechselrichters: Bitten Sie Ihren Anbieter um das Datenblatt des geplanten Wechselrichters. Dort finden Sie unter „Zertifikate“ oder „Normenkonformität“ einen Verweis auf die VDE-AR-N 4105.
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Vertrauen Sie dem Fachbetrieb: Ein seriöser Betrieb, der eine Photovoltaik-Anlage installieren darf, kennt die Anforderungen Ihres lokalen Netzbetreibers genau und kümmert sich um alle notwendigen Nachweise und Anmeldungen.
Häufige Fragen zur VDE-AR-N 4105 (FAQ)
Was passiert, wenn meine Anlage die Norm nicht erfüllt?
Ohne einen normkonformen NA-Schutz erhalten Sie vom Netzbetreiber keine Genehmigung zur Inbetriebnahme. Ihre Anlage darf dann keinen Strom ins öffentliche Netz einspeisen.
Gilt die Norm auch für Balkonkraftwerke?
Für Balkonkraftwerke gelten vereinfachte Anwendungsregeln (VDE-AR-N 4100). Die Wechselrichter dieser Mini-PV-Anlagen haben ebenfalls eine integrierte Sicherheitsabschaltung, die bei einer Netzstörung sofort auslöst. Ein separater, komplexer NA-Schutz wie bei Großanlagen ist hier nicht erforderlich.
Wer kontrolliert die Einhaltung der Norm?
Der Elektroinstallateur, der die Anlage anmeldet, bestätigt mit seiner Unterschrift die normkonforme Installation. Der Netzbetreiber prüft die eingereichten Dokumente, insbesondere die Konformitätsnachweise der eingesetzten Komponenten.
Ist der NA-Schutz das Gleiche wie ein FI-Schalter?
Nein. Ein FI-Schalter (Fehlerstrom-Schutzschalter) schützt Personen vor einem elektrischen Schlag, indem er bei Fehlerströmen sofort den Stromkreis unterbricht. Der NA-Schutz hingegen schützt das Stromnetz und die Anlage selbst vor Frequenz- und Spannungsschwankungen. Beide sind wichtige, aber unterschiedliche Sicherheitseinrichtungen.
Fazit: Ein unverzichtbarer Baustein für eine sichere Energiewende
Die VDE-AR-N 4105 und der damit verbundene NA-Schutz mögen auf den ersten Blick komplex erscheinen. In der Praxis sorgen sie jedoch für einen sicheren und stabilen Betrieb des Stromnetzes, von dem alle profitieren. Für die allermeisten Hausbesitzer ist dieser Schutz unbemerkt und ohne Zusatzkosten im Wechselrichter integriert. Er ist ein stiller Wächter, der dafür sorgt, dass Ihre Investition in saubere Energie sicher, zuverlässig und vorschriftsgemäß arbeitet.
Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl der richtigen Komponenten für Ihre Photovoltaikanlage finden Sie direkt auf Photovoltaik.info.
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