VDE-Anforderungen für Mieterstrom: Zählerplatz, Messkonzepte und technische Umsetzung

Sie besitzen ein Mehrfamilienhaus und möchten Ihren Mietern günstigen, umweltfreundlichen Solarstrom direkt vom Dach anbieten? Eine ausgezeichnete Idee! Sie senkt nicht nur die Nebenkosten, sondern steigert auch den Wert Ihrer Immobilie. Doch bevor die erste Kilowattstunde fließt, steht die technische Planung an. Gerade die Anforderungen an den Zählerplatz und das Messkonzept stellen viele Eigentümer vor Herausforderungen. Aber die gute Nachricht ist: Mit dem richtigen Wissen lassen sich diese Hürden meistern.
Dieser Beitrag führt Sie verständlich durch die wichtigsten technischen Vorschriften des VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.) und zeigt, worauf es bei der Umsetzung von Mieterstromprojekten wirklich ankommt.
Was ist Mieterstrom und warum sind die VDE-Normen so wichtig?
Beim Mieterstrom gelangt der Strom einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Wohngebäudes direkt zu den Mietern und anderen Verbrauchern im selben Haus, ohne das öffentliche Netz zu nutzen. Nur der überschüssige Strom fließt ins Netz, während zusätzlich benötigter Strom von dort bezogen wird.
Damit dieses Zusammenspiel sicher und für alle Parteien nachvollziehbar funktioniert, gibt es klare technische Regeln. Die wichtigste Grundlage dafür ist die Anwendungsregel VDE-AR-N 4100. Sie beschreibt die technischen Mindestanforderungen für den Anschluss von Kundenanlagen an das Niederspannungsnetz. Die Einhaltung dieser Norm ist keine Empfehlung, sondern eine zwingende Voraussetzung für die Betriebserlaubnis durch den Netzbetreiber. So werden die Sicherheit der Bewohner und die Stabilität des Stromnetzes gewährleistet.
Das Herzstück: Das richtige Messkonzept nach VDE-AR-N 4100
Um den Stromfluss exakt zu erfassen und korrekt abzurechnen, ist ein geeignetes Messkonzept unerlässlich. Für Mieterstromprojekte hat sich das sogenannte Summenzählermodell als Standard durchgesetzt. Es ist transparent, einfach in der Abrechnung und wird daher von den Netzbetreibern favorisiert.
So funktioniert das Summenzählermodell im Detail:
- Erzeugungszähler: Ein Zähler direkt hinter dem Wechselrichter misst die gesamte von der PV-Anlage produzierte Strommenge.
- Verbrauchszähler: Jeder Mieter (und auch der Allgemeinstromzähler, z. B. für das Treppenhaus) hat einen eigenen, geeichten Zähler. Dieser erfasst, wie viel Strom die jeweilige Partei insgesamt verbraucht.
- Summenzähler (Zweiwegezähler): Am Netzanschlusspunkt des Hauses wird ein zentraler Zähler installiert. Er misst in zwei Richtungen: Er erfasst, wie viel Reststrom aus dem öffentlichen Netz bezogen und wie viel überschüssiger Solarstrom eingespeist wird.
Die Abrechnung basiert auf einer einfachen Verrechnung: Der über den Summenzähler bilanzierte Strom ergibt sich aus dem Gesamtverbrauch aller Mieter abzüglich der Eigenerzeugung der PV-Anlage. Dieses Modell stellt sicher, dass Mieter nur für den Strom zahlen, den sie tatsächlich verbrauchen. Gleichzeitig hat der Anlagenbetreiber so eine exakte Grundlage für die Einspeisevergütung.
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Seltener kommt die Kaskadenschaltung zum Einsatz, bei der Zähler hintereinandergeschaltet werden. Dieses Modell ist technisch komplexer und in der Abrechnung fehleranfälliger, weshalb die meisten Netzbetreiber und Anlagenbetreiber heute auf das bewährte Summenzählermodell setzen.
Der zentrale Zählerplatz: Anforderungen an den Zählerschrank
Eine der größten baulichen Herausforderungen, insbesondere in Bestandsgebäuden, ist die Modernisierung des Zählerplatzes. Die VDE-Norm schreibt für neue Anlagen und bei wesentlichen Änderungen an bestehenden Anlagen einen zentralen Zählerschrank vor. Zähler in den einzelnen Wohnungen, wie sie in älteren Gebäuden oft üblich sind, sind dann nicht mehr zulässig.
Praxisbeispiel: In einem Mehrfamilienhaus aus den 1970er-Jahren befinden sich die Stromzähler oft noch in den Wohnungsfluren. Bei der Umrüstung auf ein Mieterstrommodell muss in der Regel ein neuer, zentraler Zählerschrank im Keller installiert werden. Dies erfordert nicht nur den Schrank selbst, sondern auch eine Neuverlegung der Zuleitungen zu den einzelnen Wohnungen.
Ein moderner Zählerschrank nach VDE-AR-N 4100 muss folgende Bereiche aufweisen:
- APZ (Abschlusspunkt Zählerplatz): Ein separater, verplombter Bereich, in dem der Netzbetreiber seine Kommunikationstechnik (z. B. ein Smart Meter Gateway) unterbringen kann. Dieser Bereich ist seit 2019 für alle neuen Zählerplätze Pflicht.
- Platz für intelligente Messsysteme (iMSys): Moderne digitale Zähler benötigen mehr Platz als die alten Ferraris-Zähler. Der Schrank muss ausreichend dimensioniert sein.
- Klare Trennung der Stromkreise: Die Stromkreise für den Mieterstrom müssen von den Allgemeinstromkreisen (z. B. Treppenhauslicht, Aufzug) physisch getrennt sein. Dies dient der Sicherheit und verhindert Messfehler.
Die Kosten für die Modernisierung des Zählerplatzes machen oft einen erheblichen Teil des Projektbudgets aus. Viele Kunden von Photovoltaik.info planen hierfür je nach Zustand der bestehenden Elektroinstallation zwischen 400 und 800 Euro pro Zählerplatz ein.
Technische Umsetzung in der Praxis: Worauf Sie achten müssen
Die Umsetzung eines Mieterstromprojekts erfordert eine sorgfältige Planung durch einen qualifizierten Elektroinstallateur. Dieser meldet das Vorhaben beim Netzbetreiber an und stellt sicher, dass alle VDE-Vorschriften eingehalten werden.
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Die Pflicht zur kompletten Modernisierung des Zählerplatzes greift immer bei Neubauten. In Bestandsgebäuden wird sie ausgelöst, wenn eine „wesentliche Änderung“ an der Elektroinstallation vorgenommen wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Steigleitung erneuert oder der Hausanschluss verstärkt wird. Wird lediglich eine PV-Anlage ohne Eingriff in die Hauptverteilung installiert, ist der sofortige Umbau aller Zählerplätze nicht zwingend erforderlich. Allerdings fordern Netzbetreiber diesen Schritt häufig im Zuge der Genehmigung des Mieterstromkonzepts.
Wichtige Komponenten im Überblick
Zu einer Mieterstromanlage gehören neben dem Zählerschrank noch weitere Kernkomponenten:
- Die Photovoltaikanlage: Bestehend aus Solarmodulen, die auf dem Dach montiert werden.
- Der Wechselrichter: Wandelt den Gleichstrom der Module in nutzbaren Wechselstrom um.
- Ein optionaler Stromspeicher: Speichert überschüssigen Solarstrom für die Nutzung am Abend oder in der Nacht und erhöht so den Eigenverbrauchsanteil.
Die Auswahl und Dimensionierung dieser Komponenten sollte auf den Strombedarf des Gebäudes abgestimmt sein, um eine maximale Wirtschaftlichkeit zu erzielen.
FAQ: Häufige Fragen zu VDE-Normen bei Mieterstrom
Muss ich bei meinem Altbau die Zähler immer in den Keller verlegen?
Nicht zwangsläufig. Wenn keine wesentliche Änderung an der Hauselektrik vorgenommen wird, kann unter Umständen der Bestandsschutz greifen. Für die Umsetzung eines Mieterstrommodells nach dem Summenzählerprinzip ist ein zentraler Punkt zur Messung jedoch unumgänglich, weshalb der Umbau in der Praxis meist erforderlich wird.
Was ist der Unterschied zwischen dem Summenzählermodell und der Kaskadenschaltung?
Das Summenzählermodell ist das Standardverfahren. Es ist abrechnungstechnisch einfacher und transparenter. Bei der Kaskadenschaltung werden Zähler hintereinandergeschaltet, was die Abrechnung verkompliziert und zu Rundungsdifferenzen führen kann. Daher wird es seltener eingesetzt.
Wer ist für die Einhaltung der VDE-Normen verantwortlich?
Verantwortlich ist der Anlagenbetreiber, also in der Regel der Gebäudeeigentümer. Die fachgerechte Ausführung und die Einhaltung aller Normen muss durch einen eingetragenen Elektroinstallationsbetrieb sichergestellt und dokumentiert werden.
Kann ein einzelner Mieter ein Balkonkraftwerk nutzen, wenn es ein Mieterstrommodell gibt?
Technisch ist das möglich. Ein Balkonkraftwerk speist direkt in den Stromkreis der Wohnung ein und reduziert den vom Wohnungszähler erfassten Verbrauch. Es muss jedoch mit dem Anlagenbetreiber (Vermieter) abgestimmt und ordnungsgemäß angemeldet werden.
Fazit und nächste Schritte
Ein Mieterstromprojekt ist eine lohnende Investition in die Zukunft Ihrer Immobilie. Die technischen Anforderungen, insbesondere die VDE-Vorschriften für den Zählerplatz, sind zwar komplex, aber mit professioneller Planung gut zu bewältigen. Das Summenzählermodell und ein zentraler, normgerechter Zählerschrank sind die Grundpfeiler für einen sicheren und abrechnungstechnisch sauberen Betrieb.
Die frühzeitige Einbindung eines Fachplaners oder Elektroinstallateurs ist entscheidend, um die Kosten für die elektrische Infrastruktur realistisch zu kalkulieren und böse Überraschungen zu vermeiden.
Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl der richtigen Komponenten finden Sie direkt auf Photovoltaik.info. Im Shop von Photovoltaik.info sind zudem Komplettsets erhältlich, die auf typische Anlagengrößen für Mehrfamilienhäuser abgestimmt sind.



