Direktvermarktung von Solarstrom: Technische Voraussetzungen für Ihre PV-Anlage

Die Direktvermarktung von Solarstrom ist für viele Anlagenbetreiber der nächste logische Schritt. Statt einer festen Einspeisevergütung verkaufen Sie Ihren überschüssigen Strom direkt an der Strombörse und können so von höheren Marktpreisen profitieren. Doch dieser Weg setzt besondere technische Anforderungen an Ihre Photovoltaikanlage voraus. Wir erklären, welche Komponenten Sie benötigen, was eine Nachrüstung kostet und wie Sie Ihre Anlage fit für den Energiemarkt der Zukunft machen.

Was bedeutet Direktvermarktung technisch?

Bei der klassischen EEG-Einspeisung speisen Sie Ihren gesamten Überschussstrom in das Netz ein und erhalten dafür eine feste Vergütung. Die technische Einrichtung ist vergleichsweise einfach. Die Direktvermarktung erfordert hingegen eine präzise, viertelstundengenaue Messung und eine aktive Steuerung Ihrer Anlage. Ihr Direktvermarkter und der Netzbetreiber müssen in Echtzeit auf Ihre Anlage zugreifen können.

Der Grund dafür liegt in der Stabilität des Stromnetzes. Wenn an einem sonnigen Mittag deutschlandweit sehr viel Solarstrom produziert wird, muss die Einspeisung bei Bedarf gedrosselt werden können, um eine Überlastung zu verhindern. Aus dieser Anforderung leiten sich die drei zentralen technischen Säulen der Direktvermarktung ab.

Die 3 Säulen der technischen Anforderungen

Um an der Direktvermarktung teilnehmen zu können, muss Ihre Anlage drei Kernfunktionen erfüllen: eine präzise Messung, die Möglichkeit der Fernsteuerung und eine sichere Kommunikationsverbindung.

1. Intelligentes Messsystem (Smart Meter)

Grundlage für die Abrechnung an der Strombörse ist eine viertelstundengenaue Erfassung Ihrer eingespeisten Strommenge. Ein herkömmlicher digitaler Stromzähler reicht dafür nicht aus. Sie benötigen ein sogenanntes intelligentes Messsystem, oft auch Smart Meter genannt.

Ein Smart Meter besteht aus zwei Hauptkomponenten:

  • Einem digitalen Stromzähler: Dieser misst den Stromverbrauch und die Einspeisung.
  • Einem Smart-Meter-Gateway: Dies ist die Kommunikationseinheit, die die gemessenen Daten sicher und verschlüsselt an den Netzbetreiber und Ihren Direktvermarkter sendet.

Die gesetzliche Grundlage dafür ist das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG). Die Smart Meter Pflicht regelt, ab welcher Anlagengröße und welchem Jahresverbrauch der Einbau verpflichtend ist. Für die freiwillige Direktvermarktung ist ein solches System jedoch immer eine Grundvoraussetzung.

Praxisbeispiel und Kosten: Der Einbau des Smart Meters erfolgt durch den grundzuständigen Messstellenbetreiber, meist Ihr lokaler Energieversorger. Die einmaligen Installationskosten liegen oft zwischen 100 und 200 €. Hinzu kommen jährliche Betriebskosten, die für PV-Anlagen dieser Größenordnung gesetzlich auf maximal 100 bis 130 € gedeckelt sind.

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2. Fernsteuerbarkeit Ihrer Anlage

Die wichtigste Anforderung für die Netzstabilität ist die Möglichkeit zur Fernsteuerung. Der Direktvermarkter oder Netzbetreiber muss die Einspeiseleistung Ihrer Anlage aus der Ferne reduzieren können. Dies geschieht nur, wenn eine Überlastung des Stromnetzes droht.

Hierfür wird eine Steuerungseinheit zwischen dem Wechselrichter Ihrer Anlage und dem Smart-Meter-Gateway installiert. Dies kann ein Rundsteuerempfänger oder eine moderne, IP-basierte Steuereinheit sein, oft als „RSE“ oder „Fernwirktechnik-Box“ bezeichnet. Dieses Gerät empfängt die Steuersignale und gibt sie an den Wechselrichter weiter, der daraufhin die Leistung drosselt.

Praxisbeispiel: An einem sonnigen Feiertag ist der Stromverbrauch in Deutschland niedrig, aber die Solarstromproduktion extrem hoch. Um das Netz zu stabilisieren, sendet der Netzbetreiber ein Signal an Tausende von Anlagen, ihre Einspeisung für eine kurze Zeit auf 70 % zu begrenzen. Sobald sich die Lage entspannt, wird die Drosselung wieder aufgehoben. Ohne diese Steuerungsmöglichkeit wäre ein sicherer Netzbetrieb nicht möglich.

Kosten für die Nachrüstung: Falls Ihre Anlage noch nicht über eine solche Steuereinheit verfügt, muss diese nachgerüstet werden. Die Kosten für Hardware und Installation durch einen Elektrofachbetrieb liegen erfahrungsgemäß zwischen 300 und 800 €. Viele moderne Systeme, die auf die Kombination von Photovoltaik mit Speicher ausgelegt sind, bringen diese Schnittstellen oft schon mit.

3. Sichere und permanente Kommunikationsanbindung

Damit Messdaten und Steuersignale zuverlässig übertragen werden, ist eine ausfallsichere Kommunikationsverbindung unerlässlich. Das Smart-Meter-Gateway baut diese Verbindung in der Regel über das Mobilfunknetz (GPRS, LTE) auf. So ist sichergestellt, dass die Kommunikation auch bei einem Ausfall Ihres heimischen Internets funktioniert.

Eine Anbindung über das heimische WLAN oder einen DSL-Anschluss ist in der Regel nicht zulässig, da bei diesen Verbindungen die hohen Sicherheits- und Stabilitätsstandards des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nicht garantiert werden können. Die Kosten für diese Datenverbindung sind bereits in den jährlichen Betriebskosten des Smart Meters enthalten.

Kostenüberblick: Lohnt sich die Nachrüstung für Sie?

Die Umrüstung auf Direktvermarktung ist eine Investition. Hier sind die typischen Kostenpunkte im Überblick:

  • Installation Smart Meter: ca. 100–200 € (einmalig)
  • Betrieb Smart Meter: ca. 100–130 € (jährlich)
  • Nachrüstung Fernsteuerbarkeit: ca. 300–800 € (einmalig, falls notwendig)

Die Gesamtkosten für eine vollständige Nachrüstung liegen also typischerweise zwischen 400 und 1.000 €. Die Erfahrung vieler Anlagenbetreiber zeigt, dass sich diese Investition vor allem für Anlagen ab einer Größe von 10 bis 15 kWp rechnet, da die Mehreinnahmen durch den Stromverkauf die Kosten schnell übersteigen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Muss jede PV-Anlage für die Direktvermarktung nachgerüstet werden?
Nein. Neuere Anlagen, insbesondere mit einer Leistung über 25 kWp, sind oft bereits ab Werk mit den notwendigen Komponenten ausgestattet. Bei älteren und kleineren Anlagen ist eine Nachrüstung jedoch fast immer erforderlich.

Wer ist für den Einbau des Smart Meters zuständig?
Für den Einbau und Betrieb des intelligenten Messsystems ist der grundzuständige Messstellenbetreiber verantwortlich. In der Regel ist das Ihr lokaler Netzbetreiber oder ein von ihm beauftragtes Unternehmen. Sie müssen den Einbau lediglich beauftragen.

Was passiert, wenn die Kommunikationsverbindung ausfällt?
Die Smart-Meter-Gateways sind für eine hohe Ausfallsicherheit konzipiert und nutzen meist redundante Mobilfunknetze. Sollte die Verbindung dennoch kurzzeitig unterbrochen sein, kann das Gateway die Messwerte zwischenspeichern und später übertragen.

Kann ich den Direktvermarkter später einfach wechseln?
Ja, ein Wechsel ist in der Regel problemlos möglich. Die Verträge haben üblicherweise eine feste Laufzeit (z. B. ein Jahr) und können danach mit einer bestimmten Frist gekündigt werden. Die technische Ausstattung Ihrer Anlage ist standardisiert und mit jedem Direktvermarkter kompatibel.

Der Umstieg auf die Direktvermarktung ist ein technischer, aber überschaubarer Prozess. Mit der richtigen Ausstattung positionieren Sie Ihre Anlage optimal für die Zukunft des Energiemarktes und können aktiv von schwankenden Strompreisen profitieren.

Möchten Sie Ihre individuelle Situation besser einschätzen oder suchen Sie passende Komponenten? Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl finden Sie direkt auf Photovoltaik.info.

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OLEKSANDR PUSHKAR
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