Sicherheitskonzept für die Eigenmontage: Absturzsicherung und persönliche Schutzausrüstung planen

Die Entscheidung für eine eigene Photovoltaikanlage ist gefallen, die Module sind ausgewählt und die Vorfreude auf den ersten eigenen Solarstrom wächst. In dieser Phase der Begeisterung wird ein entscheidender Faktor oft unterschätzt: die Sicherheit bei der Montage.

Bevor der erste Bohrer angesetzt oder die erste Dachpfanne entfernt wird, ist eine sorgfältige Planung der Sicherheitsmaßnahmen unerlässlich. Denn Statistiken der Berufsgenossenschaften belegen eindeutig: Stürze vom Dach gehören zu den häufigsten Ursachen für schwere und tödliche Unfälle im privaten Baubereich.

Dieser Beitrag dient als Ihr Leitfaden, um ein durchdachtes Sicherheitskonzept zu erstellen, damit Ihr Solarprojekt nicht nur erfolgreich, sondern vor allem sicher zum Abschluss kommt.

Warum ein Sicherheitskonzept kein „Kann“, sondern ein „Muss“ ist

Viele Eigenheimbesitzer gehen davon aus, dass Sicherheitsvorschriften primär für gewerbliche Baustellen gelten. Das ist ein gefährlicher Trugschluss. Auch wenn Sie privat auf dem eigenen Grundstück arbeiten, tragen Sie die volle Verantwortung für Ihre Sicherheit und die Ihrer Helfer. Untersuchungen zeigen: Über 80 % der schweren Unfälle bei Arbeiten in der Höhe sind auf eine mangelhafte Vorbereitung oder fehlende Sicherungsmaßnahmen zurückzuführen.

Ein durchdachtes Sicherheitskonzept ist mehr als nur eine lästige Pflicht. Es ist vielmehr eine professionelle Herangehensweise, die Risiken minimiert, die Arbeitsqualität verbessert und im Ernstfall sogar über die Deckung durch Ihre private Unfallversicherung entscheiden kann. Betrachten Sie die Sicherheitsplanung daher nicht als Kostenfaktor, sondern als die wichtigste Investition in Ihre Gesundheit und den Erfolg Ihres PV-Projekts.

Die vier Säulen Ihrer Sicherheitsplanung

Ein umfassendes Sicherheitskonzept lässt sich in vier logische Schritte unterteilen. Gehen Sie diese Punkte systematisch durch, bevor Sie mit der eigentlichen Arbeit beginnen.

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1. Die Gefährdungsbeurteilung: Ihr Dach verstehen

Der erste Schritt ist eine ehrliche Bestandsaufnahme der Gegebenheiten vor Ort. Jedes Dach ist anders und birgt spezifische Risiken.

Prüfen Sie folgende Punkte sorgfältig:

  • Dachneigung: Je steiler das Dach, desto höher die Absturzgefahr und desto aufwendiger die Sicherung. Eine Neigung von über 20 Grad erfordert bereits besondere Maßnahmen.
  • Dacheindeckung: Sind die Ziegel fest und tragfähig? Handelt es sich um spröde Materialien wie Faserzementplatten, die nicht betreten werden dürfen?
  • Zustand des Daches: Achten Sie auf feuchte, bemooste oder lose Ziegel. Diese erhöhen die Rutschgefahr erheblich.
  • Wetterbedingungen: Planen Sie die Arbeiten für eine stabile Schönwetterperiode. Starke Sonneneinstrahlung, Wind, Regen oder gar Frost machen die Arbeit unkalkulierbar gefährlich.
  • Hindernisse: Wo befinden sich Schornsteine, Dachfenster oder Antennen? Diese können zu Stolperfallen werden und die Bewegungsfreiheit auf dem Dach einschränken.

Praxisbeispiel: Ein Hausbesitzer plant die Montage auf seinem 35 Grad geneigten Satteldach. Bei der Gefährdungsbeurteilung stellt er fest, dass die Ziegel auf der Nordseite teilweise mit Moos bewachsen sind. Er entscheidet sich, die Montage erst nach einer professionellen Dachreinigung zu beginnen, und plant von vornherein ein Fassadengerüst ein, da die alleinige Sicherung mit einem Gurt auf der rutschigen Oberfläche zu riskant wäre.

2. Die Auswahl der richtigen Absturzsicherung

Nachdem Sie die Gefahren kennen, wählen Sie die passende Sicherungsmethode. Hier gilt der Grundsatz: Kollektiver Schutz hat immer Vorrang vor individuellem Schutz. Das bedeutet, eine Barriere, die einen Absturz von vornherein verhindert (z. B. ein Gerüst), ist immer sicherer als eine Ausrüstung, die einen bereits erfolgten Sturz nur auffängt (z. B. ein Anseilgurt).

Die wichtigsten Systeme im Überblick:

  • Fassadengerüst: Die sicherste und professionellste Lösung, insbesondere bei längeren Arbeiten und steileren Dächern. Es bietet eine stabile Arbeitsplattform, schützt vor Absturz und erleichtert den Materialtransport. Rechnen Sie mit Mietkosten zwischen 8 und 15 Euro pro Quadratmeter Gerüstfläche für eine typische Standzeit von vier Wochen.
  • Dachfanggerüst oder Fangnetze: Diese Systeme fangen eine stürzende Person auf. Sie sind eine Alternative, wenn ein komplettes Fassadengerüst nicht möglich ist, erfordern aber ebenfalls eine fachgerechte Montage.
  • Seilsicherungssysteme (Anschlageinrichtungen): Diese kommen zum Einsatz, wenn kollektive Schutzmaßnahmen nicht umsetzbar sind. Sie bestehen aus fest am Dachstuhl verankerten Anschlagpunkten, an denen die persönliche Schutzausrüstung befestigt wird. Hierbei kommt es entscheidend auf die korrekte Auswahl und Montage der Anschlagpunkte an. Die Planung solcher Systeme sollte idealerweise einem Fachmann überlassen werden, der auch die passende Unterkonstruktion für Ihr Dach beurteilen kann.

3. Die Persönliche Schutzausrüstung (PSA) im Detail

Die PSA ist Ihre letzte Verteidigungslinie und ergänzt die kollektiven Schutzmaßnahmen. Sie ist jedoch kein Ersatz für ein Gerüst.

Zur unverzichtbaren Grundausstattung gehören:

  • Schutzhelm (nach EN 397): Schützt nicht nur bei einem Sturz, sondern auch vor herabfallenden Werkzeugen oder Bauteilen.
  • Sicherheitsschuhe (Klasse S3): Sie bieten durch eine rutschfeste Sohle sicheren Halt und schützen mit einer Stahlkappe sowie einer durchtrittsicheren Sohle vor Verletzungen.
  • Arbeitshandschuhe: Sorgen für einen festen Griff und schützen vor scharfen Kanten, beispielsweise an den Solarmodulen oder der Unterkonstruktion.
  • Auffanggurt mit Verbindungsmittel (PSAgA): Die „Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz“ ist ein komplexes System. Ein Gurt allein ist nutzlos. Er muss korrekt angelegt und über ein Falldämpfer-Verbindungsmittel mit einem zertifizierten, ausreichend tragfähigen Anschlagpunkt verbunden sein. Die alleinige Befestigung am Schornstein oder einem alten Lüftungsrohr ist lebensgefährlich.

4. Die Arbeitsorganisation und Notfallplanung

Eine gute Organisation ist ein oft unterschätzter Sicherheitsfaktor.

  • Arbeiten Sie niemals allein: Es muss immer eine zweite Person anwesend sein, die im Notfall Hilfe rufen kann.
  • Definieren Sie Arbeitsbereiche: Legen Sie fest, wo Material gelagert wird und welche Wege auf dem Dach sicher begehbar sind. Sichern Sie außerdem Werkzeuge gegen Herabfallen.
  • Planen Sie für den Notfall: Halten Sie ein Erste-Hilfe-Set bereit. Speichern Sie die Notrufnummer 112 in Ihrem Telefon und stellen Sie sicher, dass Sie die genaue Adresse für die Rettungskräfte parat haben.
  • Beobachten Sie das Wetter: Überprüfen Sie die Wettervorhersage mehrmals täglich. Bei aufkommendem Wind, Regen oder Gewitter sind die Arbeiten sofort einzustellen.
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Häufige Fehler bei der Eigenmontage und wie Sie sie vermeiden

Die Praxis zeigt typische Fehlerquellen, die immer wieder zu Unfällen führen. Wer diese kennt, kann sie gezielt vermeiden.

  1. Die Leiter wird als Arbeitsplatz missbraucht: Eine Anlegeleiter dient ausschließlich dem Auf- und Abstieg. Längere Arbeiten von einer Leiter aus sind extrem unsicher und eine der Hauptursachen für Stürze. Nutzen Sie stattdessen ein Gerüst oder eine Hubarbeitsbühne.
  2. Falsche oder ungeeignete Anschlagpunkte werden genutzt: Ein Lüftungsziegel, der Schornstein oder ein alter Antennenmast sind keine zertifizierten Anschlagpunkte für einen Auffanggurt. Diese können unter Last brechen.
  3. Die Kraft des Windes wird unterschätzt: Ein Solarmodul mit einer Fläche von fast zwei Quadratmetern wirkt bei einer Windböe wie ein großes Segel. Es kann dem Monteur aus der Hand gerissen werden und unkontrolliert vom Dach fallen.

Eine gute Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg. Sicherheit ist deshalb auch das erste und wichtigste Kapitel in unserer umfassenden Anleitung zur Eigenmontage einer PV-Anlage.

FAQ: Ihre Fragen zur Sicherheit bei der PV-Montage

Reicht ein Anseilgurt als alleinige Sicherung aus?

Nein. Ein Auffanggurt ist Teil eines Gesamtsystems (PSAgA) und gilt als individuelle Schutzmaßnahme. Eine kollektive Schutzmaßnahme wie ein Gerüst, die einen Sturz von vornherein verhindert, hat immer Vorrang. Der Gurt ist die letzte Option, wenn andere Maßnahmen technisch nicht möglich sind.

Muss ich auch auf einem Flachdach eine Absturzsicherung verwenden?

Ja. Gemäß den Vorschriften ist bei Arbeiten in einem Abstand von weniger als 2 Metern zur Dachkante eine Absturzsicherung erforderlich. Dies kann ein festes Geländer oder eine persönliche Schutzausrüstung mit einem mobilen Anschlagpunkt sein.

Wo kann ich ein Gerüst für mein Projekt mieten?

Gerüste können Sie bei lokalen Gerüstbau-Unternehmen oder größeren Baustoffhändlern mieten. Holen Sie sich mehrere Angebote ein und achten Sie darauf, dass der Anbieter das Gerüst fachgerecht auf- und abbaut.

Wer haftet, wenn ein Freund unentgeltlich hilft und vom Dach stürzt?

Als Bauherr haben Sie eine Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet, Sie müssen für ein sicheres Arbeitsumfeld sorgen. Kommt es zu einem Unfall, können Sie haftbar gemacht werden, wenn Sie diese Pflicht fahrlässig verletzt haben. Eine private Haftpflichtversicherung deckt solche Fälle oft nicht ab. Eine lückenlose Sicherheitsplanung ist daher auch aus rechtlicher Sicht unverzichtbar.

Fazit: Sicherheit ist die beste Investition

Die Eigenmontage einer PV-Anlage ist ein lohnendes Projekt, das Stolz macht und Unabhängigkeit schafft. Damit diese positiven Gefühle nicht durch einen Unfall überschattet werden, muss die Sicherheit von der ersten Minute an oberste Priorität haben. Eine gründliche Gefährdungsbeurteilung, die Wahl der richtigen Absturzsicherung und eine sorgfältige Arbeitsorganisation sind keine Hindernisse, sondern das Fundament für ein gelungenes Projekt.

Auf Photovoltaik.info finden Sie weitere Leitfäden, die Sie bei der fachgerechten Planung unterstützen – von der Auswahl der richtigen Solarmodule bis zu den Details der Inbetriebnahme.

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Patrick Thoma
Patrick Thoma

Patrick Thoma ist Gründer von Mehrklicks.de und JVGLABS.com.
Er entwickelt Systeme für KI-Sichtbarkeit und semantische Architektur – mit Fokus auf Marken, die in ChatGPT, Perplexity und Google SGE sichtbar bleiben wollen.

Mehr über ihn und die Arbeit:
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