PV-Ertragskurve richtig lesen: Was Ihnen die tägliche Leistungskurve verrät

Die meisten Besitzer einer Photovoltaikanlage werfen täglich einen Blick auf die Monitoring-App und freuen sich über den erzeugten Solarstrom. Doch die typische Tageskurve, die oft einem Berg gleicht, ist mehr als nur eine Anzeige der aktuellen Leistung. Sie ist ein wertvolles Diagnosewerkzeug, das Ihnen die „Sprache“ Ihrer Anlage übersetzt.

Wer lernt, diese Kurve richtig zu deuten, kann die Gesundheit und Effizienz seines Systems besser einschätzen und Optimierungspotenziale aufdecken.

Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie Sie die drei häufigsten Muster – Clipping, Verschattung und Wolken – in Ihren Ertragsdaten erkennen und was sie für den Betrieb Ihrer Anlage bedeuten.

Die perfekte Ertragskurve: Eine Idealvorstellung

An einem wolkenlosen Sonnentag zeichnet Ihre Anlage eine nahezu perfekte Glockenkurve. Sie beginnt am Morgen flach, steigt mit dem Sonnenstand kontinuierlich an, erreicht ihren Höhepunkt zur Mittagszeit und fällt zum Abend hin symmetrisch wieder ab. Diese glatte, bogenförmige Kurve dient als Referenz, denn weicht die tatsächliche Kurve davon ab, hat das meist einen guten Grund.

Die Erfahrung zeigt, dass die Spitzenleistung in der Realität fast nie der Nennleistung (kWp) der Module entspricht. Das liegt daran, dass die Nennleistung unter standardisierten Testbedingungen (STC) im Labor ermittelt wird. Faktoren wie hohe Sommertemperaturen, die Ausrichtung der Anlage und der Sonnenstand führen dazu, dass eine 10-kWp-Anlage an einem perfekten Tag meist einen Spitzenwert von 8 bis 9 kW erreicht. Das ist völlig normal und kein Grund zur Sorge.

Must_er 1: Die abgeflachte Kurve – Das Wechselrichter-Clipping

Sehen Sie an sonnigen Tagen eine Kurve, deren Spitze wie mit dem Lineal abgeschnitten wirkt? Dieses Phänomen nennt man „Clipping“ (Abschneiden) und es ist ein klares Zeichen dafür, dass Ihr Wechselrichter seine Leistungsgrenze erreicht hat.

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Was passiert hier genau?

Clipping tritt auf, wenn die Solarmodule unter optimalen Bedingungen wie kühlem, sonnigem Wetter mehr Gleichstrom (DC) erzeugen, als der Wechselrichter in Wechselstrom (AC) für Ihr Hausnetz umwandeln kann. Um sich vor Überlastung zu schützen, begrenzt der Wechselrichter die Eingangsleistung auf seinen maximalen Nennwert. Die überschüssige Energie geht in diesem Moment verloren.

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Ist Clipping ein Problem?

Nicht unbedingt. Tatsächlich ist es heute gängige Praxis, den Wechselrichter bewusst etwas kleiner zu dimensionieren als die maximale Modulleistung (z. B. 8-kW-Wechselrichter für eine 10-kWp-Anlage). Warum?

  • Höhere Effizienz im Jahresdurchschnitt: Ein kleinerer Wechselrichter arbeitet in den Morgen- und Abendstunden sowie an bewölkten Tagen effizienter, da er schneller seinen optimalen Arbeitsbereich erreicht. Und genau diese Phasen machen den Großteil der Betriebszeit aus.

  • Wirtschaftlichkeit: Die Energieverluste während der wenigen Spitzenstunden im Jahr (typischerweise an sonnigen Tagen im April, Mai und September) sind oft geringer als die Effizienzgewinne über das restliche Jahr. Ein größerer Wechselrichter wäre nicht nur teurer, er würde auch die meiste Zeit unter seiner Idealauslastung arbeiten.

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Hausbesitzer hat eine 12-kWp-Anlage mit einem 10-kW-Wechselrichter. An 20 bis 30 besonders sonnigen Tagen im Jahr wird die Leistung mittags bei 10 kW „abgeschnitten“. Dieser minimale Energieverlust wird durch den besseren Wirkungsgrad des Wechselrichters an den übrigen rund 330 Tagen im Jahr mehr als ausgeglichen.

Muster 2: Plötzliche Einbrüche – Der Schatten verrät sich

Zeigt Ihre Ertragskurve an sonst sonnigen Tagen wiederkehrende, scharfe Einbrüche, die wie Kerben oder Täler aussehen? Treten diese Einbrüche jeden Tag zur etwa gleichen Zeit auf, ist die Ursache mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Teilverschattung.

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Wie entsteht dieses Muster?

Wenn die Sonne über den Himmel wandert, werfen Objekte wie Schornsteine, Gauben, Antennen, benachbarte Gebäude oder hohe Bäume einen Schatten auf Ihre Solarmodule. Schon die Verschattung eines kleinen Teils eines Moduls kann die Leistung des gesamten Modulstrangs erheblich reduzieren. Die Kurve bricht in dem Moment ein, in dem der Schatten über die Module wandert, und erholt sich, sobald diese wieder im vollen Sonnenlicht liegen.

Ein Beispiel aus der Praxis: Der Schornstein auf dem Dach wirft jeden Vormittag zwischen 10:00 und 11:30 Uhr einen Schatten auf zwei Module – was sich in der Ertragskurve als deutlicher Leistungseinbruch zeigt. Am Nachmittag sorgt dann der Baum des Nachbarn für einen weiteren, kürzeren Einbruch.

Was können Sie tun?

  • Beobachten: Verfolgen Sie die Einbrüche über mehrere sonnige Tage. Ihre Regelmäßigkeit ist der beste Hinweis auf eine feste Schattenquelle.

  • Optimieren: Idealerweise werden solche Verschattungen schon bei der Planung einer Anlage berücksichtigt. Besteht das Problem bereits, können Leistungsoptimierer für die betroffenen Module Abhilfe schaffen. Sie sorgen dafür, dass ein verschattetes Modul nicht die Leistung des gesamten Strangs herunterzieht.

  • Handeln: In manchen Fällen, etwa bei einem stark wuchernden Baum, kann ein Rückschnitt die einfachste und effektivste Lösung sein.

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Muster 3: Der unruhige Verlauf – Ein normaler Wolkentag

Eine stark schwankende, zackige oder „nervöse“ Ertragskurve ist typisch für Tage mit wechselnder Bewölkung. Die Leistung Ihrer Anlage steigt und fällt im Minutentakt, je nachdem, ob gerade eine Wolke vor der Sonne steht oder nicht.

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Warum sieht die Kurve so aus?

Im Gegensatz zur vorhersagbaren Verschattung durch feste Objekte sind Wolken unberechenbar. Jede Wolke, die vor die Sonne zieht, reduziert die Sonneneinstrahlung (Irradianz) drastisch und führt zu einem sofortigen Leistungsabfall. Zieht sie weiter, steigt die Leistung ebenso schnell wieder an. Bei sogenannter Schäfchenbewölkung ergibt sich daraus ein ständiges Auf und Ab.

Ist das ein Grund zur Sorge?

Nein, dieser Verlauf ist ein völlig normales Abbild des Wetters und kein Hinweis auf einen technischen Defekt. Auch wenn die Kurve chaotisch wirkt, kann der Tagesertrag an solchen Tagen durchaus beachtlich sein, da die Anlage in den sonnigen Phasen ihre volle Leistung bringt. Entscheidend ist, dieses Wettermuster von einem echten Problem wie einer wiederkehrenden Verschattung unterscheiden zu können, um die Leistung der Anlage richtig zu bewerten.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Warum erreicht meine Anlage nie ihre Nennleistung in kWp?

Die Kilowatt-Peak-Angabe (kWp) ist ein Laborwert unter perfekten Bedingungen (1.000 W/m² Einstrahlung, 25 °C Modultemperatur). In der Praxis sind die Temperaturen auf dem Dach oft höher, was die Leistung mindert, und auch der Einstrahlungswinkel ist selten perfekt. Ein realer Spitzenwert von 80 bis 90 % der Nennleistung ist daher ein sehr guter Wert.

Ist Clipping schädlich für meinen Wechselrichter?

Nein, ganz im Gegenteil. Clipping ist eine eingebaute Schutzfunktion. Der Wechselrichter regelt die Leistung aktiv ab, um sich vor Schäden zu schützen. Dieser Vorgang ist für die Lebensdauer des Geräts unbedenklich.

Wie unterscheide ich einen Defekt von einer Verschattung?

Ein Defekt, etwa an einem Modul oder Stecker, führt meist zu einem dauerhaften oder zufällig auftretenden Leistungsabfall. Eine Verschattung hingegen erzeugt ein Muster, das sich an sonnigen Tagen präzise wiederholt und dem Sonnenlauf folgt.

Was bedeutet es, wenn die Kurve morgens und abends sehr flach ist?

Das ist normal. Bei niedrigem Sonnenstand ist die Sonneneinstrahlung sehr gering und die Anlage produziert nur wenig Energie. Der typische bogenförmige Verlauf der Leistungskurve beginnt erst, wenn die Sonne eine gewisse Höhe erreicht hat.

Fazit: Werden Sie zum Experten Ihrer eigenen Anlage

Die tägliche Ertragskurve ist weit mehr als eine einfache Visualisierung – sie ist ein Fenster zur Funktionsweise und Gesundheit Ihrer Photovoltaikanlage. Indem Sie lernen, die Muster von Clipping, Verschattung und Bewölkung zu deuten, verwandeln Sie sich vom passiven Beobachter zum informierten Betreiber. Dieses Wissen hilft Ihnen nicht nur, die Leistung Ihrer Anlage besser zu verstehen und potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen, sondern auch, fundierte Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

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