Mehrere PV-Anlagen an einem Zähler: Regeln für Anmeldung und Zusammenfassung

Viele Besitzer einer Photovoltaik-Anlage denken darüber nach, ihre Stromerzeugung zu erweitern. Vielleicht soll die bestehende Dachanlage durch ein flexibles Balkonkraftwerk ergänzt werden oder eine zweite kleine Anlage das Garagendach nutzen. Technisch ist das meist unkompliziert, doch administrativ können Fallstricke lauern: Werden die Anlagen als eine große Einheit betrachtet oder dürfen sie getrennt gemeldet werden? Diese Frage entscheidet über den bürokratischen Aufwand und die geltenden Vorschriften.
In diesem Beitrag erfahren Sie, nach welchen Kriterien der Gesetzgeber mehrere Solaranlagen an einem Netzanschlusspunkt zusammenfasst und welche Konsequenzen das für Sie als Betreiber hat.
Die rechtliche Grundlage: Wann gelten mehrere Anlagen als eine?
Die entscheidende Vorschrift findet sich im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023). Konkret legt § 9 fest, unter welchen Bedingungen mehrere Solaranlagen zu einer einzigen Anlage zusammengefasst werden müssen. Dies soll eine künstliche Aufteilung großer Anlagen in viele kleine verhindern, mit der sonst vereinfachte Regelungen ausgenutzt werden könnten.
Eine Zusammenfassung ist immer dann zwingend, wenn alle vier folgenden Kriterien erfüllt sind:
- Gleiche Technologie: Die Anlagen nutzen dieselbe Energiequelle, in diesem Fall solare Strahlungsenergie. Dies ist bei der Kombination von Dachanlagen und Balkonkraftwerken immer der Fall.
- Identischer Anlagenbetreiber: Die Anlagen müssen derselben Person oder demselben Unternehmen gehören und von dieser bzw. diesem betrieben werden.
- Gleicher Netzanschlusspunkt: Alle Anlagen speisen über denselben Stromzähler in das Haus- und öffentliche Netz ein.
- Zeitliche Nähe: Die Inbetriebnahme der Anlagen erfolgte innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten.
Besonders der letzte Punkt, die 12-Monats-Frist, ist in der Praxis der entscheidende Faktor.
Die 12-Monats-Regel im Detail
Die Frist von zwölf Monaten beginnt mit der Inbetriebnahme des ersten Solarmoduls der ersten Anlage. Installieren Sie als Betreiber innerhalb dieses Zeitfensters eine weitere Photovoltaik-Anlage am selben Zähler, wird diese rechtlich mit der ersten Anlage zu einer Einheit zusammengefasst.
Praxisbeispiel: Sie haben im April 2023 eine 10-kWp-Dachanlage in Betrieb genommen. Im Oktober 2023 entscheiden Sie sich, zusätzlich ein 800-Watt-Balkonkraftwerk an einer sonnigen Hauswand zu installieren. Da beide Anlagen innerhalb von zwölf Monaten in Betrieb gehen, werden sie vom Netzbetreiber und im Marktstammdatenregister (MaStR) als eine einzige Anlage mit einer Gesamtleistung von 10,8 kWp behandelt.
Konsequenzen der Zusammenfassung: Was bedeutet das für Sie?
Wenn Ihre Anlagen zusammengefasst werden, hat das weitreichende Folgen. Die wichtigste ist der Verlust der Privilegien für die kleinere Anlage. Ein Balkonkraftwerk, das für sich allein von stark vereinfachten Anmelderegeln profitiert, wird durch die Zusammenfassung Teil der großen Dachanlage und unterliegt deren strengeren Vorschriften.
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Bleiben wir beim obigen Beispiel: Die 10-kWp-Dachanlage wird mit dem 800-W-Balkonkraftwerk zusammengefasst.
- Gesamtleistung: Ihre Anlage hat nun offiziell eine Leistung von 10,8 kWp.
- Anmeldung: Das Balkonkraftwerk kann nicht mehr vereinfacht angemeldet werden. Die gesamte Anlage muss den technischen Anschlussregeln für Anlagen über 10 kWp folgen. Das kann zusätzliche Anforderungen an Elektrik und Messtechnik bedeuten, etwa den Einbau eines Smart-Meter-Gateways, falls noch nicht vorhanden.
- Vergütung: Die Einspeisevergütung richtet sich nach der Gesamtleistung. Die Grenzen für unterschiedliche Vergütungssätze (z.B. bis 10 kWp) werden auf die gesamte Anlage angewendet.
Die Erfahrung zeigt, dass viele Betreiber von dieser Regelung überrascht werden. Sie gehen davon aus, ein kleines, unbürokratisches Stecker-Solargerät zu erwerben, und stellen dann fest, dass sich dadurch die administrativen Anforderungen für die gesamte Anlage ändern.
Szenario 2: Getrennte Betrachtung ist möglich
Ganz anders sieht die Situation aus, wenn die 12-Monats-Frist überschritten wird.
- Praxisbeispiel: Ihre 10-kWp-Dachanlage wurde bereits im Jahr 2021 in Betrieb genommen. Heute, also mehr als zwölf Monate später, installieren Sie ein Balkonkraftwerk.
- Konsequenz: Da die Inbetriebnahmen mehr als zwölf Monate auseinanderliegen, werden die Anlagen als zwei getrennte Einheiten betrachtet, obwohl sie denselben Betreiber und Netzanschlusspunkt haben.
- Vorteil: Sie können Ihr neues Balkonkraftwerk nach den vereinfachten Regeln für Stecker-Solaranlagen Balkonkraftwerk anmelden. Es wird separat im Marktstammdatenregister registriert und erfordert keinen zusätzlichen Aufwand im Zusammenhang mit Ihrer bestehenden Dachanlage.
Dieses Szenario ist der häufigste Fall für Besitzer von Bestandsanlagen und ermöglicht eine problemlose Erweiterung.
Schritt für Schritt: So gehen Sie richtig vor
Um administrative Fehler zu vermeiden, empfehlen wir die folgende Vorgehensweise, bevor Sie eine zweite Anlage installieren.
- Datum der Erst-Inbetriebnahme prüfen: Schauen Sie in Ihren Unterlagen nach, wann Ihre erste Anlage offiziell in Betrieb genommen wurde. Liegt dieses Datum mehr als zwölf Monate zurück, können Sie entspannt sein.
- Anlagenbetreiber identifizieren: Stellen Sie sicher, dass Sie als dieselbe Person oder Firma handeln. Betreibt beispielsweise ein Mieter in Ihrem Haus ein eigenes Balkonkraftwerk, findet keine Zusammenfassung statt, da die Betreiber unterschiedlich sind.
- Rücksprache mit dem Netzbetreiber: Im Zweifelsfall ist der Netzbetreiber Ihr wichtigster Ansprechpartner. Schildern Sie Ihr Vorhaben, eine zweite Anlage zu installieren. Der Netzbetreiber kann Ihnen verbindlich mitteilen, welches Anmeldeverfahren in Ihrem konkreten Fall erforderlich ist.
- Korrekte Registrierung im Marktstammdatenregister: Führen Sie die Registrierung gemäß den Vorgaben durch. Bei einer getrennten Betrachtung legen Sie eine neue, eigenständige Anlage an. Bei einer Zusammenfassung müssen Sie die bestehende Anlage erweitern.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
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Eine fehlerhafte oder unterlassene Anmeldung kann zum Verlust des Anspruchs auf die Einspeisevergütung führen und als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Es ist daher wichtig, die Registrierung korrekt durchzuführen.
Gilt die Regel auch, wenn ich zwei Balkonkraftwerke betreibe?
Ja. Wenn Sie ein bestehendes Balkonkraftwerk um ein zweites erweitern und beide innerhalb von 12 Monaten in Betrieb nehmen, werden deren Leistungen addiert. Überschreitet die Gesamtleistung die Grenze für die vereinfachte Anmeldung (aktuell 800 Watt Wechselrichterleistung), gelten die strengeren Regeln für „große“ PV-Anlagen.
Zählt eine Anlage auf dem Carport oder der Garage auch dazu?
Ja. Der Standort auf dem Grundstück ist unerheblich. Solange die Anlage über denselben Stromzähler (Netzanschlusspunkt) läuft und auch die anderen Kriterien erfüllt sind, wird sie mit der Dachanlage zusammengefasst.
Meine Dachanlage ist 10 Jahre alt und fällt bald aus der EEG-Förderung. Kann ich problemlos ein Balkonkraftwerk ergänzen?
Ja, das ist der Idealfall. Da die Inbetriebnahme Ihrer Dachanlage weit über zwölf Monate zurückliegt, wird das neue Balkonkraftwerk als separate Anlage behandelt und profitiert von der unkomplizierten Anmeldung. Die Regelungen für Ihre Altanlage bleiben davon unberührt.
Wie hoch ist die maximale Leistung eines Balkonkraftwerks für die vereinfachte Anmeldung?
Die Grenze für die vereinfachte Anmeldung bezieht sich auf die Ausgangsleistung des Wechselrichters und liegt derzeit bei 800 Watt.
Die Entscheidung, eine bestehende Solaranlage zu erweitern, ist ein sinnvoller Schritt zu mehr Energieunabhängigkeit. Der Schlüssel zu einer reibungslosen Erweiterung liegt darin, die administrativen Rahmenbedingungen genau zu kennen. Die 12-Monats-Regel ist dabei der entscheidende Punkt, der über eine unkomplizierte oder aufwendige Anmeldung bestimmt.
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