PV-Anlage für Wärmepumpe und E-Auto richtig dimensionieren: Eine Praxisrechnung

Die Entscheidung für eine Photovoltaikanlage
Die Entscheidung für eine Photovoltaikanlage ist oft der erste Schritt in eine energieautarke Zukunft. Doch was passiert, wenn ein oder zwei Jahre später eine Wärmepumpe das alte Heizsystem ersetzt und ein E-Auto in der Einfahrt steht? Dann stellt sich schnell heraus: Die ursprünglich geplante PV-Anlage ist zu klein. Wir zeigen Ihnen, wie Sie von Anfang an richtig planen, den zukünftigen Strombedarf für diese Großverbraucher realistisch kalkulieren und Ihre Anlage passgenau dimensionieren.
Warum eine vorausschauende Planung entscheidend ist
Eine Wärmepumpe und ein Elektroauto sind sogenannte Sektorenkoppler – sie verlagern den Energiebedarf für Heizen und Mobilität vom fossilen Sektor (Öl, Gas, Benzin) in den Stromsektor. Das ist ökologisch sinnvoll, stellt aber neue Anforderungen an Ihre Energieversorgung. Sie werden von einem reinen Stromkonsumenten zu einem Prosumer, der Strom selbst erzeugt und verbraucht.
- Strombedarf Wärmepumpe: Eine moderne Luft-Wasser-Wärmepumpe in einem durchschnittlichen Einfamilienhaus (150 m²) benötigt je nach Dämmstandard und Klima jährlich zwischen 3.000 und 5.500 kWh Strom.
- Strombedarf E-Auto: Ein durchschnittlicher deutscher Autofahrer legt pro Jahr etwa 14.000 km zurück. Bei einem Verbrauch von 18 kWh pro 100 km ergibt das einen zusätzlichen Strombedarf von rund 2.520 kWh pro Jahr.
Rechnet man diese beiden Großverbraucher zum normalen Haushaltsstrom hinzu, kann sich der jährliche Bedarf leicht verdreifachen oder sogar vervierfachen. Eine zu klein dimensionierte Photovoltaikanlage deckt dann nur einen Bruchteil davon, was die erhoffte Unabhängigkeit und Kostenersparnis zunichtemacht.
Schritt 1: Ihren aktuellen und zukünftigen Strombedarf ermitteln
Die genaue Bedarfsanalyse ist das Fundament jeder guten Anlagenplanung. Gehen Sie dafür am besten systematisch in drei Schritten vor.
Ihr Basis-Stromverbrauch (Haushalt)
Die einfachste Methode, Ihren aktuellen Haushaltsstromverbrauch zu ermitteln, ist ein Blick auf Ihre letzte Jahresstromabrechnung. Dort finden Sie den genauen Wert in Kilowattstunden (kWh).
Falls Sie diesen Wert nicht zur Hand haben, können Sie sich an folgenden Durchschnittswerten orientieren:
- 2-Personen-Haushalt: 2.500 – 3.500 kWh/Jahr
- 4-Personen-Haushalt: 4.000 – 5.500 kWh/Jahr
- Haushalt mit elektrischer Warmwasserbereitung: Rechnen Sie mit zusätzlich 800 kWh pro Person und Jahr.
Praxisbeispiel: Eine vierköpfige Familie hat einen jährlichen Stromverbrauch von 4.500 kWh.
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Ab 1.299,00 €Zusatzverbrauch E-Auto berechnen
Der Strombedarf Ihres E-Autos hängt von Ihrer jährlichen Fahrleistung und dem spezifischen Verbrauch des Fahrzeugs ab. Die Formel dafür ist einfach:
(Jährliche Fahrleistung in km / 100) * Verbrauch in kWh/100 km = Jährlicher Strombedarf des E-Autos
Die meisten E-Autos verbrauchen zwischen 15 und 22 kWh pro 100 km. Ein guter Mittelwert für die Kalkulation sind 18 kWh/100 km.
Praxisbeispiel: Die Familie plant, jährlich 15.000 km zu fahren.(15.000 km / 100) * 18 kWh/100 km = 2.700 kWhDer Strombedarf für das E-Auto liegt damit bei zusätzlich 2.700 kWh pro Jahr.
Zusatzverbrauch Wärmepumpe kalkulieren
Die Berechnung des Strombedarfs einer Wärmepumpe ist komplexer, da er stark vom energetischen Zustand des Gebäudes abhängt. Eine praxisnahe Methode ist die Umrechnung Ihres bisherigen Heizenergieverbrauchs.
- Heizöl: 1 Liter Heizöl entspricht etwa 10 kWh Energie.
- Erdgas: 1 Kubikmeter (m³) Erdgas entspricht etwa 10 kWh Energie.
Diesen Wert teilen Sie durch die Jahresarbeitszahl (JAZ) der Wärmepumpe. Die JAZ beschreibt das Verhältnis von erzeugter Wärme zu eingesetztem Strom über ein ganzes Jahr. Moderne Anlagen erreichen eine JAZ von 3 bis 4. Wir rechnen konservativ mit 3,5.
Formel: (Bisheriger Heizverbrauch in kWh / JAZ) = Jährlicher Strombedarf der Wärmepumpe
Praxisbeispiel: Die Familie hat bisher 2.000 Liter Heizöl pro Jahr verbraucht.2.000 Liter * 10 kWh/Liter = 20.000 kWh Heizenergie20.000 kWh / 3,5 (JAZ) = ca. 5.715 kWhDer Strombedarf der Wärmepumpe beläuft sich somit auf rund 5.715 kWh pro Jahr.
Gesamtbedarf ermitteln: Die Praxisrechnung im Überblick
Nun addieren wir alle drei Werte, um den zukünftigen Gesamtstrombedarf zu ermitteln:
- Haushaltsstrom: 4.500 kWh
- E-Auto: 2.700 kWh
- Wärmepumpe: 5.715 kWh
- Gesamtbedarf: 12.915 kWh pro Jahr
Dieser Wert ist die Grundlage für die Dimensionierung Ihrer PV-Anlage.
Schritt 2: Die passende PV-Anlagengröße ableiten
Mit dem ermittelten Gesamtbedarf können Sie nun die erforderliche Leistung Ihrer Photovoltaikanlage in Kilowatt-Peak (kWp) bestimmen.
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6.299,00 €Die Faustregel: Von kWh zu kWp
Eine verbreitete und für eine erste Schätzung nützliche Faustregel lautet:
1 kWp installierte PV-Leistung erzeugt in Deutschland pro Jahr etwa 1.000 kWh Strom.
Dieser Wert kann je nach Standort, Dachausrichtung und Neigung variieren. In Süddeutschland können es bis zu 1.200 kWh sein, in Norddeutschland eher 900 kWh. Für eine konservative Planung sind 1.000 kWh pro kWp ein solider Ausgangswert.
Das Ergebnis für unser Praxisbeispiel
Um den Jahresbedarf von 12.915 kWh zu decken, benötigt unsere Beispielfamilie eine entsprechend dimensionierte Anlage:
12.915 kWh / 1.000 kWh/kWp = 12,9 kWp
Die Erfahrung zeigt, dass es sinnvoll ist, die verfügbare Dachfläche so gut wie möglich zu nutzen und die Anlage lieber etwas größer zu planen. Ein Puffer von 10–20 % fängt Leistungsverluste durch Alterung der Module ab und bietet Reserven für eventuell steigenden Verbrauch. Eine Anlagengröße von 13 bis 15 kWp wäre für diese Familie also eine zukunftssichere Wahl.
Die Rolle des Eigenverbrauchs: Warum Größe nicht alles ist
Die reine Größe der Anlage ist nur die halbe Miete. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist, wie viel des selbst erzeugten Stroms Sie auch direkt verbrauchen können (Eigenverbrauchsquote). Solarstrom wird tagsüber erzeugt, während der größte Verbrauch (Heizen, Laden des E-Autos) oft abends oder nachts stattfindet.
Hier kommt ein Stromspeicher ins Spiel. Er nimmt den überschüssigen Solarstrom vom Tag auf und stellt ihn zur Verfügung, wenn die Sonne nicht scheint. Dadurch kann die Eigenverbrauchsquote von ca. 30 % auf bis zu 70 % oder mehr gesteigert werden. Das erhöht Ihre Unabhängigkeit vom öffentlichen Netz und schützt Sie vor steigenden Strompreisen.
Die intelligente Steuerung der Verbraucher ist ebenfalls ein wichtiger Hebel. Moderne Energiemanagementsysteme können die Wärmepumpe gezielt dann laufen lassen, wenn die Sonne scheint, oder das E-Auto mit PV-Überschuss laden.
Was kostet eine solche Anlage? Ein Kostenüberblick
Die Investitionskosten für eine Photovoltaikanlage sind in den letzten Jahren deutlich gesunken. Für eine schlüsselfertige Anlage in der hier berechneten Größenordnung variieren die Kosten je nach Komponenten und Installationsaufwand. Eine zentrale Frage ist dabei oft: Was kostet eine 10-kWp-Anlage mit Speicher? Für eine Anlage mit 13–15 kWp inklusive eines passenden Stromspeichers (z. B. 10–15 kWh Kapazität) und Wallbox sollten Sie einen Rahmen von etwa 25.000 bis 35.000 € einkalkulieren.
Diese Investition amortisiert sich durch die eingesparten Stromkosten in der Regel innerhalb von 10 bis 15 Jahren – bei steigenden Strompreisen oft sogar schneller. Staatliche Förderungen können die Wirtschaftlichkeit zusätzlich verbessern.
Häufige Fragen zur Dimensionierung (FAQ)
Kann ich meine bestehende PV-Anlage einfach erweitern?
Eine Erweiterung ist technisch oft möglich, kann aber administrativ aufwendig sein, insbesondere wenn die Bestandsanlage noch eine hohe Einspeisevergütung erhält. Es ist meist einfacher und kostengünstiger, von vornherein größer zu planen.
Was passiert, wenn der Solarstrom im Winter nicht für die Wärmepumpe reicht?
Im Winter ist der Ertrag einer PV-Anlage geringer, während der Heizbedarf am höchsten ist. In diesen Monaten werden Sie zwangsläufig Strom aus dem Netz beziehen müssen. Die Anlage wird so dimensioniert, dass sie über das Gesamtjahr bilanziell den Bedarf deckt. Der Überschuss im Sommer gleicht das Defizit im Winter aus.
Mein Dach ist teilweise verschattet. Lohnt sich eine große Anlage trotzdem?
Ja. Moderne Solarmodule und Leistungsoptimierer können die Auswirkungen von Teilverschattung minimieren. Eine genaue Planung durch einen Fachbetrieb kann den Ertrag trotz Verschattung maximieren, indem die Modulfelder optimal angeordnet werden.
Sollte ich die Anlage so groß wie möglich bauen?
Ja, in den meisten Fällen ist das die wirtschaftlich sinnvollste Strategie. Die Kosten pro kWp sinken mit der Anlagengröße, und jede selbst erzeugte Kilowattstunde, die Sie nicht teuer einkaufen müssen, spart bares Geld. Die verfügbare Dachfläche ist meist der limitierende Faktor.
Fazit: Vorausschauend planen und langfristig sparen
Die Integration von Elektromobilität und Wärmepumpen macht eine sorgfältige und vorausschauende Planung Ihrer Photovoltaikanlage unerlässlich. Eine einfache Bedarfsrechnung, die zukünftige Großverbraucher von Anfang an mit einbezieht, schützt Sie vor Fehlinvestitionen. So stellen Sie sicher, dass Ihre Anlage auch in fünf oder zehn Jahren noch zu Ihren Bedürfnissen passt. Sie legen damit den Grundstein für maximale Unabhängigkeit, eine nachhaltige Energieversorgung und langfristig stabile Energiekosten.
Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl der richtigen Komponenten finden Sie direkt auf Photovoltaik.info. Für konkrete Anwendungsfälle finden Sie im Shop von Photovoltaik.info Komplettsets, die bereits auf typische Anlagengrößen für Haushalte mit E-Auto und Wärmepumpe abgestimmt sind.



