PV-Anlage auf anderem Flurstück: Was Sie bei Genehmigung & Netzanschluss beachten müssen

Sie besitzen ein Wohnhaus und haben eine Scheune, eine Werkstatt oder eine große Garage auf einem Nachbargrundstück?
Genau diese Nebengebäude bieten oft die perfekte, unverschattete Dachfläche für eine Photovoltaikanlage. Die Installation auf einem anderen Flurstück als dem des Wohnhauses bringt jedoch rechtliche und technische Besonderheiten mit sich. Dieser Ratgeber erklärt, worauf Sie achten müssen, um den Solarstrom von der Scheune auch im Wohnhaus nutzen zu können.
Unsere Erfahrung aus zahlreichen Kundenprojekten zeigt: Bei etwa 5 bis 8 % der PV-Installationen im ländlichen Raum liegt das optimale Dach auf einem Nebengebäude, das zu einem eigenen Flurstück gehört. Die gute Nachricht: Eine Umsetzung ist in den meisten Fällen möglich, erfordert aber eine sorgfältige Planung.
Die rechtliche Grundlage: Warum das Flurstück entscheidend ist
Im deutschen Recht ist jedes Grundstück im Liegenschaftskataster über eine eindeutige Flurstücksnummer definiert. Diese Abgrenzung ist für das Energie- und Baurecht von zentraler Bedeutung. Befinden sich eine Photovoltaikanlage und der Ort ihres Verbrauchs – also Ihr Wohnhaus – auf unterschiedlichen Flurstücken, gelten sie zunächst als getrennte Einheiten.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) privilegiert den Eigenverbrauch von Solarstrom, also die direkte Nutzung am Ort der Erzeugung. Liegt die PV-Anlage auf Flurstück A und der Hauptverbraucher auf Flurstück B, muss dem Netzbetreiber nachgewiesen werden, dass ein „räumlicher Zusammenhang“ besteht und es sich um eine einheitliche Anlage zur Eigenversorgung handelt.
Was ist eine „Kundenanlage“?
Die technische und rechtliche Lösung für dieses Szenario ist die Errichtung einer sogenannten „Kundenanlage“. Dabei wird eine direkte Stromleitung vom Erzeugungsort (z. B. dem Scheunendach) zum Verbrauchsort (dem Zählerschrank im Wohnhaus) gelegt. Diese private Leitung überquert die Grundstücksgrenze und verbindet beide Flurstücke zu einer funktionalen Einheit, noch bevor Strom ins öffentliche Netz eingespeist oder von dort bezogen wird. Für den Netzbetreiber gibt es damit weiterhin nur einen zentralen Anschlusspunkt an Ihrem Haus.
Die größte Hürde: Der Netzanschluss über Grundstücksgrenzen hinweg
Die direkte Kabelverbindung ist der kritischste Punkt des Vorhabens. Während eine Photovoltaikanlage im Standardfall direkt am Hauszähler angeschlossen wird, sind hier zusätzliche Hürden zu überwinden.
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Ein Eigenheimbesitzer möchte das 150 m² große Süddach seiner Scheune nutzen. Die Scheune steht auf einem eigenen Flurstück, das direkt an sein Wohngrundstück angrenzt. Dazwischen liegt lediglich ein 3 Meter breiter, eigener Wiesenstreifen.
- Planung der Kabeltrasse: Das Solarkabel muss von der Scheune zum Wohnhaus geführt werden. In der Regel geschieht das über einen Graben, in dem ein Leerrohr für das Kabel verlegt wird.
- Kosten: Rechnen Sie für die Verlegung eines Erdkabels mit zusätzlichen Kosten von etwa 40 bis 70 Euro pro Meter, je nach Bodenbeschaffenheit und Eigenleistungsanteil.
- Rechtliche Absicherung: Auch wenn beide Grundstücke Ihnen gehören, ist es ratsam, ein Wegerecht oder Leitungsrecht im Grundbuch eintragen zu lassen. Das schafft Rechtssicherheit, falls Sie eines der Grundstücke verkaufen möchten.
Liegt zwischen den Grundstücken öffentlicher Grund wie eine Straße oder ein Gehweg, wird die Genehmigung komplexer. Hierfür ist eine Zustimmung der zuständigen Gemeinde oder Stadt erforderlich, was den Prozess oft verlängert und verteuert.
Genehmigung und Anmeldung: Frühzeitige Kommunikation ist der Schlüssel
Bevor Sie mit der Installation beginnen, ist die Abstimmung mit Ihrem Netzbetreiber unerlässlich. Da es sich nicht um einen Standardfall handelt, ist die Prüfung aufwendiger und erfordert zusätzliche Unterlagen. Rechnen Sie damit, dass Netzbetreiber für solche Sonderfälle im Schnitt vier bis sechs Wochen länger benötigen als bei Standardanfragen.
Folgende Dokumente sollten Sie für die Anmeldung Ihrer PV-Anlage bereithalten:
- Lageplan: Ein offizieller Auszug aus dem Liegenschaftskataster, der beide Flurstücke, die Gebäude und die geplante Kabeltrasse zeigt.
- Technisches Konzept: Eine Beschreibung, wie die Verbindung als Kundenanlage realisiert wird, inklusive des geplanten Zählerkonzepts.
- Einverständniserklärung: Falls die Kabeltrasse über ein fremdes Grundstück führt, ist die schriftliche Zustimmung des Eigentümers erforderlich.
Die Erfahrung zeigt: Eine transparente und frühzeitige Kommunikation mit dem Netzbetreiber beseitigt die meisten Hürden. Erklären Sie Ihr Vorhaben klar und reichen Sie die Unterlagen vollständig ein.
Eigenverbrauch sicherstellen und Wirtschaftlichkeit berechnen
Das Hauptziel ist es, den auf der Scheune erzeugten Strom im Wohnhaus selbst zu verbrauchen und so Ihre Stromrechnung zu senken. Wenn die Anlage korrekt als Kundenanlage angemeldet ist, funktioniert der Eigenverbrauch genauso wie bei einer Installation auf dem Hausdach. Der Solarstrom fließt zuerst zu Ihren Verbrauchern im Haus (Waschmaschine, Wärmepumpe etc.). Nur der überschüssige Strom wird ins Netz eingespeist und vergütet.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung:
Nehmen wir an, die zusätzliche Kabelverlegung über 50 Meter kostet Sie 2.500 Euro extra. Gleichzeitig erzeugt eine 10-kWp-Anlage auf dem ideal ausgerichteten Scheunendach pro Jahr etwa 1.500 kWh mehr Strom als eine kleinere 7-kWp-Anlage auf dem teilverschatteten Hausdach. Bei einem Strompreis von 30 Cent/kWh und einer Eigenverbrauchsquote von 30 % amortisieren sich die Mehrkosten für die Kabelverlegung oft schon innerhalb von vier bis sechs Jahren – allein durch den höheren Ertrag und die gesteigerte Eigenversorgung.
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6.999,00 €FAQ – Häufige Fragen zur PV-Anlage auf einem anderen Grundstück
Kann ich den Strom einfach mit einem dicken Verlängerungskabel leiten?
Nein, auf keinen Fall. Die Verbindung muss durch eine fachgerecht installierte, feste Erdleitung erfolgen, die den technischen Anschlussregeln (VDE-Normen) entspricht. Provisorische Lösungen sind gefährlich und werden vom Netzbetreiber nicht genehmigt.
Was passiert, wenn ich eines der Grundstücke verkaufe?
Ohne ein im Grundbuch eingetragenes Leitungsrecht kann der neue Eigentümer des Grundstücks mit der PV-Anlage den Rückbau der Leitung zu Ihrem Wohnhaus verlangen. Das würde Ihre Anlage unbrauchbar machen. Eine notarielle Absicherung ist daher dringend zu empfehlen.
Ändert sich etwas an der EEG-Vergütung oder den Steuern?
Nein. Solange die Anlage als eine Einheit zur Versorgung Ihres Wohnhauses konzipiert und angemeldet ist, gelten die üblichen Regeln der EEG-Vergütung für Eigenverbrauchsanlagen. Auch steuerlich wird sie wie eine einzelne Anlage behandelt.
Brauche ich eine separate Baugenehmigung für die Anlage auf der Scheune?
In den meisten Bundesländern sind Photovoltaikanlagen auf bestehenden Gebäuden baugenehmigungsfrei. Dennoch sollten Sie sich vorab beim zuständigen Bauamt Ihrer Gemeinde informieren, ob es lokale Bebauungspläne oder Denkmalschutzauflagen gibt, die beachtet werden müssen.
Fazit: Eine lohnende Option für gut informierte Planer
Die Installation einer Photovoltaikanlage auf einem anderen Flurstück ist komplexer als eine Standardinstallation, aber in vielen Fällen eine sehr lohnende Alternative. Sie ermöglicht es, ungenutzte, perfekt ausgerichtete Dachflächen zu erschließen und so den Solarertrag und die Autarkie deutlich zu steigern.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer sorgfältigen Planung, der rechtlichen Absicherung der Leitungswege und einer offenen Kommunikation mit dem Netzbetreiber.
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