Preisabsicherung über den Terminmarkt: Langfristige Erlösplanung in der Direktvermarktung

Stellen Sie sich vor, Ihr monatliches Einkommen würde nicht nur einmal im Monat, sondern stündlich schwanken – mal ist es hoch, mal fällt es fast auf null. Was für einen Angestellten undenkbar wäre, ist für viele Betreiber von Photovoltaikanlagen in der Direktvermarktung die tägliche Realität. Die Preise am sogenannten Spotmarkt für Strom sind extrem volatil und machen eine verlässliche Finanzplanung zur Herausforderung. Ein bewährter Weg verwandelt diese Unsicherheit jedoch in eine stabile, kalkulierbare Einnahmequelle: die Preisabsicherung über den Terminmarkt.

Dieser Artikel erklärt Ihnen, wie Sie als Anlagenbetreiber Strom-Futures nutzen können, um sich gegen Preisschwankungen abzusichern und Ihre Erlöse auf Jahre im Voraus zu planen.

Die Herausforderung der Direktvermarktung: Chancen und Risiken des Spotmarkts

Für die meisten neuen Photovoltaikanlagen ab einer bestimmten Größe (üblicherweise über 100 kWp) ist die [INTERNAL_LINK: URL=/direktvermarktung-photovoltaik-anlagenbetreiber, ANCHOR=Direktvermarktung von Solarstrom] der gesetzlich vorgesehene Weg, um den erzeugten Strom zu verkaufen. Laut dem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur von 2023 betrifft dies bereits über 95 % aller neuen Anlagen in diesem Segment. Anstatt einer festen staatlichen Vergütung wird der Strom dabei direkt an der Strombörse, dem sogenannten Spotmarkt, gehandelt.

Das Problem dabei: Der Preis am Spotmarkt wird im Stundentakt durch Angebot und Nachfrage bestimmt. An einem sonnigen Mittag, wenn unzählige PV-Anlagen gleichzeitig Strom ins Netz einspeisen, ist das Angebot hoch und der Preis tendenziell niedrig. An einem wolkigen Abend mit hoher Stromnachfrage kann der Preis hingegen stark ansteigen.

Diese Volatilität ist nicht nur eine kurzfristige Erscheinung. Eine Studie der Prognos AG aus dem Jahr 2022 prognostiziert für die nächsten zehn Jahre sogar eine Zunahme dieser Schwankungen um bis zu 40 %, bedingt durch den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien. Gleichzeitig sind die reinen Herstellungskosten für Solarstrom, die sogenannten Stromgestehungskosten, laut dem Fraunhofer ISE (2023) auf nur noch 3 bis 6 Cent pro Kilowattstunde (kWh) gesunken. Das bedeutet: Die Wirtschaftlichkeit einer Anlage hängt heute mehr denn je vom erzielbaren Verkaufspreis ab. Ein unsicherer Verkaufspreis bedeutet ein unsicheres Investment.

Die Lösung: Wie der Terminmarkt für stabile Einnahmen sorgt

Die Antwort auf die Unberechenbarkeit des Spotmarkts ist der Terminmarkt. Während am Spotmarkt Strom für die sofortige Lieferung gehandelt wird, werden am Terminmarkt Stromlieferungen für die Zukunft verkauft – zu einem heute festgelegten Preis. Diese Finanzinstrumente sind auch als „Strom-Futures“ bekannt.

Stellen Sie es sich wie eine Versicherung gegen Preisschwankungen vor. Sie verzichten auf die Chance, von extremen Preisspitzen am Spotmarkt zu profitieren, sichern sich im Gegenzug aber gegen unvorhersehbare Preistäler ab. Das Ergebnis ist ein vollkommen planbarer Erlösstrom über die gesamte Vertragslaufzeit.

Für Sie als Anlagenbetreiber bedeutet das konkret: Ihr Direktvermarkter verkauft die prognostizierte Strommenge Ihrer Anlage für die nächsten Jahre im Voraus an der Strombörse, beispielsweise der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig. Der Preis, der dabei heute erzielt wird, ist Ihnen für die gesamte Laufzeit garantiert – abzüglich einer Dienstleistungsgebühr für den Vermarkter.

Der Prozess der Preisabsicherung in der Praxis

Wie funktioniert dieser Prozess für einen Anlagenbetreiber? Nehmen wir ein typisches Szenario: Sie betreiben eine PV-Anlage auf einem Firmendach mit 150 kWp Leistung und möchten Ihre Einnahmen für die kommenden drei Jahre festschreiben.

  1. Erzeugungsprognose: Ihr Direktvermarkter erstellt auf Basis von Anlagendaten und Wettermodellen eine Prognose, wie viel Strom Ihre Anlage in den nächsten Jahren voraussichtlich erzeugen wird (z. B. 145.000 kWh pro Jahr).
  2. Handel am Terminmarkt: Der Vermarkter bündelt diese Strommenge mit der anderer Anlagen und verkauft sie als Termingeschäft (Future) an der Strombörse. Ein Energieversorger oder ein Großindustrieunternehmen kauft diesen Strom, um sich ebenfalls gegen Preisschwankungen abzusichern.
  3. Preisfixierung: Für diesen Handel wird ein fester Preis vereinbart, beispielsweise 7 Cent/kWh für Lieferungen in den Jahren 2025, 2026 und 2027.
  4. Vertragliche Garantie: Sie schließen mit Ihrem Direktvermarkter einen Vertrag, der Ihnen diesen Preis für den vereinbarten Zeitraum zusichert. Unabhängig davon, ob der Spotmarktpreis in dieser Zeit auf 2 Cent fällt oder auf 20 Cent steigt – Sie erhalten Ihre vereinbarten 7 Cent/kWh.

Auf diesem Mechanismus basieren oft die sogenannten [INTERNAL_LINK: URL=/ppa-power-purchase-agreement, ANCHOR=Power Purchase Agreements (PPA)], also langfristige Stromlieferverträge.

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Vorteile und Nachteile der Preisabsicherung

Wie bei jeder finanziellen Strategie gibt es auch hier klare Vor- und Nachteile, die Sie sorgfältig abwägen sollten.

Vorteile

  • Absolute Planungssicherheit: Sie wissen auf den Cent genau, welche Einnahmen Ihre Anlage in den nächsten Jahren generieren wird. Dies vereinfacht die Budgetierung, die [INTERNAL_LINK: URL=/photovoltaik-rendite-berechnen, ANCHOR=Rentabilitätsberechnung] und die gesamte Finanzplanung des Unternehmens.
  • Risikominimierung: Sie sind vollständig vor Phasen mit extrem niedrigen Börsenstrompreisen geschützt. Das Risiko eines „schlechten Sommers“ mit viel Sonne und niedrigen Preisen wird eliminiert.
  • Verbesserte Finanzierbarkeit („Bankability“): Banken und Investoren bevorzugen stabile und vorhersehbare Cashflows. Eine Anlage mit abgesicherten Erlösen lässt sich deutlich einfacher finanzieren als eine, deren Einnahmen vom volatilen Spotmarkt abhängen.

Nachteile

  • Verzicht auf Preisspitzen: Wenn die Strompreise am Spotmarkt unerwartet stark ansteigen, profitieren Sie nicht davon. Ihr Preis ist nach oben hin fixiert. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass viele Betreiber die Sicherheit einem spekulativen Gewinn vorziehen.
  • Langfristige Vertragsbindung: Verträge zur Preisabsicherung laufen oft über mehrere Jahre. Sie binden sich für diesen Zeitraum an einen Direktvermarkter und einen festgelegten Preis.
  • Dienstleistungsgebühren: Für seine komplexe Dienstleistung und die Übernahme des Prognoserisikos behält der Direktvermarkter eine Marge von Ihrem garantierten Erlös ein.

Für wen ist die Preisabsicherung über den Terminmarkt geeignet?

Die Absicherung über den Terminmarkt ist nicht für jeden Anlagenbetreiber die richtige Wahl, aber für bestimmte Gruppen bietet sie entscheidende Vorteile:

  • Betreiber von Anlagen über 100 kWp: Für diese ist die Direktvermarktung ohnehin Standard. Die Preisabsicherung ist hier der logische nächste Schritt zur Risikosteuerung.
  • Investoren und Unternehmen: Wer Photovoltaik primär als Finanzinvestment mit berechenbarer Rendite sieht, für den ist die Planungssicherheit das höchste Gut.
  • Kreditfinanzierte Projekte: Wenn eine Bank die Finanzierung der Anlage übernimmt, fordert sie oft den Nachweis stabiler und garantierter Einnahmen. Ein langfristiger Preisabsicherungsvertrag kann hier eine Voraussetzung sein.

Für Betreiber, die auf maximale finanzielle Stabilität angewiesen sind, stellt diese Absicherungsstrategie die Investition auf ein solides Fundament.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist der genaue Unterschied zwischen Spotmarkt und Terminmarkt?

Am Spotmarkt wird Strom für eine sehr kurzfristige Lieferung (heute oder morgen) gehandelt. Am Terminmarkt wird Strom für eine Lieferung in der Zukunft (Monate oder Jahre im Voraus) zu einem heute festgelegten Preis gehandelt.

Was genau ist ein Strom-Future?

Ein Future ist ein standardisierter Börsenvertrag, der den Käufer zum Kauf und den Verkäufer zur Lieferung einer bestimmten Menge Strom zu einem festgelegten Preis an einem zukünftigen Datum verpflichtet.

Kann ich als Anlagenbetreiber selbst am Terminmarkt handeln?

Nein, der direkte Zugang zur Strombörse EEX ist nur lizenzierten Stromhändlern, den Direktvermarktern, vorbehalten. Sie benötigen immer einen solchen Partner, der den Handel für Sie übernimmt.

Was passiert, wenn meine Anlage mehr oder weniger Strom erzeugt als prognostiziert?

Direktvermarkter planen mit einer gewissen Toleranz. Innerhalb dieser Toleranzbänder steuert der Vermarkter die Abweichungen. Größere, unvorhergesehene Ausfälle oder Mehrproduktionen werden in der Regel über den Spotmarkt ausgeglichen; die genauen Bedingungen sind im Vertrag festgelegt.

Für welche Zeiträume kann ich meine Strompreise absichern?

Typische Laufzeiten für Preisabsicherungen liegen zwischen einem und fünf Jahren. Längere Zeiträume sind möglich, aber seltener, da die Preisprognosen unsicherer werden.

Fazit: Von der volatilen Einnahme zum planbaren Vermögenswert

Die Preisabsicherung über den Terminmarkt wandelt die unberechenbaren Erlöse aus dem Spotmarkt in einen stabilen und kalkulierbaren Finanzstrom um. Für sicherheitsorientierte Betreiber größerer PV-Anlagen ist sie ein unverzichtbares Instrument, um Risiken zu minimieren und die langfristige Rentabilität zu sichern. Sie opfern die Chance auf spekulative Höchstpreise zugunsten einer garantierten und planbaren Rendite.

Auf Photovoltaik.info finden Sie neutrale Fachinformationen, die Ihnen helfen, solche strategischen Entscheidungen für Ihre Anlage fundiert zu treffen.

Sie möchten Ihre individuelle Situation besser einschätzen oder prüfen, welche Vermarktungsstrategie für Ihr Projekt die richtige ist? Nehmen Sie gern Kontakt mit uns auf.

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OLEKSANDR PUSHKAR
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