Photovoltaik auf dem Reetdach: Ein Leitfaden zu Brandschutz und Montage

Ein Haus mit Reetdach verkörpert Tradition, Naturverbundenheit und eine einzigartige Ästhetik. Zugleich wächst der Wunsch, diese traditionelle Wohnform mit moderner, nachhaltiger Energiegewinnung zu verbinden. Die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf einem Reetdach ist jedoch alles andere als alltäglich. Sie ist eine technische und rechtliche Herausforderung, bei der die Sicherheit an erster Stelle stehen muss. Dieser Beitrag erklärt Ihnen die besonderen Anforderungen – von den strengen Brandschutzvorschriften bis zu den speziellen Montagesystemen.

Warum die Kombination von Reetdach und Photovoltaik so heikel ist

Der Hauptgrund für die strengen Auflagen ist die erhöhte Brandgefahr. Reet ist ein natürlicher Baustoff, der als „weiche Bedachung“ gilt und nach Baustoffklasse B2 als „normal entflammbar“ klassifiziert ist. Eine Photovoltaik-Anlage wiederum ist eine elektrische Installation, die im seltenen Fall eines technischen Defekts, etwa durch einen Lichtbogen oder Kurzschluss, zur Zündquelle werden kann.

Die Kombination dieser beiden Faktoren erfordert ein Höchstmaß an Sorgfalt und Fachwissen. Versicherungen bewerten dieses Risiko sehr kritisch; viele lehnen eine Versicherung von PV-Anlagen auf Reetdächern pauschal ab oder knüpfen sie an extrem hohe Auflagen und Prämien. Eine frühzeitige und offene Kommunikation mit Ihrem Versicherer ist daher schon vor der eigentlichen Planung unerlässlich.

Praxisbeispiel: Als ein Eigenheimbesitzer in Norddeutschland eine 10-kWp-Anlage auf seinem reetgedeckten Haus plante, um Strom für seine Wärmepumpe selbst zu erzeugen, verweigerte seine Gebäudeversicherung zunächst den Schutz. Erst nach Vorlage eines detaillierten Brandschutzkonzepts von einem spezialisierten Fachbetrieb, das technische Lösungen wie einen Feuerwehrschalter und spezielle Brandschutzplatten unter den Modulen umfasste, stimmte die Versicherung unter Auflagen zu.

Gesetzliche Hürden: Was Sie vor der Planung wissen müssen

Die Installation einer PV-Anlage auf einem Reetdach unterliegt den jeweiligen Landesbauordnungen (LBO). Da es sich um eine weiche Bedachung handelt, gelten besondere Vorschriften. Sie betreffen vor allem die Abstände zu Nachbargebäuden und Brandwänden, die ein Übergreifen von Flammen im Brandfall verhindern sollen.

Typische Abstandsregelungen umfassen:

  • Abstand zur Brandwand: Mindestens 1,25 Meter Abstand zwischen den Solarmodulen und Brandwänden, die das Gebäude zu Nachbargrundstücken abgrenzen.
  • Abstand zu Nachbargebäuden: Befindet sich auf dem Nachbargrundstück ebenfalls ein Gebäude mit weicher Bedachung, kann ein Abstand von bis zu 2,5 Metern gefordert werden.

Für ein solches Vorhaben ist fast immer eine Baugenehmigung erforderlich. Das Genehmigungsverfahren bindet die örtliche Baubehörde, oft auch die Feuerwehr und bei historischen Gebäuden die Denkmalschutzbehörde mit ein. Eine sorgfältige Planung ist hier noch entscheidender als bei einem Standarddach.

Anker SOLIX Solarbank 3 E2700 Pro Balkonkraftwerk Speicher Set 1000 Watt 800 Watt - 2,7 kWh

Aus unserem Shop, Kategorie: Balkonkraftwerke mit Speicher

Anker SOLIX Solarbank 3 E2700 Pro Balkonkraftwerk Speicher Set 1000 Watt 800 Watt - 2,7 kWh

Ab 1.299,00 

Sichere Montagesysteme für Reetdächer: So geht es richtig

Eine der größten technischen Herausforderungen ist die Befestigung der Solarmodule, ohne die Schutzfunktion und Langlebigkeit des Reetdachs zu beeinträchtigen. Das direkte Verschrauben durch die Reetschicht ist tabu, da dies unweigerlich zu Undichtigkeiten, Fäulnis und einer drastisch verkürzten Lebensdauer des Daches führen würde. Stattdessen haben sich zwei professionelle Methoden etabliert.

Klemmsysteme: Die schonende Variante

Spezielle Klemmsysteme befestigen die Unterkonstruktion der PV-Anlage direkt an der Dachlattung oder den Sparren, ohne das Reet zu durchdringen. Dabei werden die Halterungen seitlich unter die Reetschicht geschoben und dort verankert. Diese Methode erfordert großes handwerkliches Geschick und Erfahrung, um eine stabile und dauerhafte Verbindung zu gewährleisten, die den Windsog- und Schneelasten standhält.

Aufgeständerte Systeme mit Verankerung im Dachstuhl

Eine weitere sichere Methode ist die Montage auf einer aufgeständerten Unterkonstruktion. Hierbei werden die Träger des Systems durch das Reet hindurch direkt im Dachstuhl verankert. Anschließend muss ein erfahrener Reetdachdecker die Durchdringungspunkte fachmännisch abdichten, um jeglichen Wassereintritt zu verhindern. Der Vorteil dieser Methode ist der gute Abstand zwischen den Modulen und dem Reet, der eine hervorragende Hinterlüftung gewährleistet und einen Hitzestau verhindert.

Brandschutz als oberste Priorität: Technische Lösungen

Um das Brandrisiko zu minimieren, sind zusätzliche technische Maßnahmen zwingend notwendig. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Genehmigungsbehörden und Versicherer diese zur Auflage machen.

  • Brandschutzplatten: Unter den Solarmodulen werden nicht brennbare Platten (z. B. aus Glasfaser oder Zementfaser) montiert. Sie bilden eine physische Barriere und verhindern im Falle eines Defekts am Modul, dass Funken oder heiße Teile das Reet entzünden.
  • Lichtbogen-Schutzeinrichtung (AFCI): Moderne Wechselrichter verfügen über eine integrierte AFCI. Diese erkennt gefährliche Lichtbögen, die durch beschädigte Kabel oder lose Kontakte entstehen können, und schaltet die Anlage sofort ab, bevor ein Brand entstehen kann.
  • Feuerwehrschalter: Dieses Bauteil ermöglicht es der Feuerwehr, die gesamte PV-Anlage im Einsatzfall spannungsfrei zu schalten. Dies ist entscheidend, da die Gleichstromleitungen vom Dach zum Wechselrichter auch bei abgeschaltetem Netz weiterhin unter hoher Spannung stehen. Ein umfassender Brandschutz bei Photovoltaik ist hier das A und O.
15000 Watt Photovoltaikanlagen inkl. 15,00 kWh Batterie & Ziegeldach Montageset - Trina Bifazial

Aus unserem Shop, Kategorie: PV Anlagen mit Speicher und Montagesets

15000 Watt Photovoltaikanlagen inkl. 15,00 kWh Batterie & Ziegeldach Montageset - Trina Bifazial

9.999,00 

Kosten und Wirtschaftlichkeit: Lohnt sich der Aufwand?

Eine PV-Anlage auf einem Reetdach ist deutlich teurer als eine Standardinstallation. Sie sollten mit Mehrkosten von 30 % bis 50 % rechnen. Diese setzen sich zusammen aus:

  • Teureren, speziellen Montagesystemen
  • Höherem Planungs- und Genehmigungsaufwand
  • Zusätzlichen Brandschutzmaßnahmen
  • Den Kosten für einen spezialisierten Installationsbetrieb und einen Reetdachdecker
  • Möglicherweise höheren Versicherungsprämien

Trotz der hohen Anfangsinvestition kann sich das Projekt langfristig lohnen. Die Einsparungen bei den Stromkosten entsprechen denen jeder anderen PV-Anlage. Eine sicher und ästhetisch ansprechend installierte Anlage steigert zudem den Wert Ihrer Immobilie. Letztlich ist es eine Entscheidung für Enthusiasten, die Tradition und moderne Technik verbinden und bereit sind, den dafür notwendigen Aufwand zu betreiben. Eine genaue Kalkulation von Kosten und Wirtschaftlichkeit ist dennoch unerlässlich.

FAQ: Häufige Fragen zur PV-Anlage auf dem Reetdach

Brauche ich immer eine Baugenehmigung?

Ja, aufgrund der signifikanten Änderung am Dach und der Brandschutzthematik ist für die Installation einer PV-Anlage auf einem Reetdach in aller Regel eine Baugenehmigung erforderlich. Klären Sie dies unbedingt vorab mit Ihrer zuständigen Baubehörde.

Wer darf eine solche Anlage installieren?

Beauftragen Sie ausschließlich einen Fachbetrieb, der nachweislich Erfahrung mit Photovoltaik auf Reetdächern hat. Die Arbeiten müssen oft in enger Koordination mit einem erfahrenen Reetdachdecker erfolgen. Lassen Sie sich Referenzprojekte zeigen.

Wie wirkt sich die Anlage auf die Lebensdauer meines Reetdachs aus?

Bei einer fachgerechten Installation mit einem geeigneten Montagesystem wird die Lebensdauer des Daches kaum beeinflusst. Eine unsachgemäße Montage kann die Lebensdauer jedoch durch Beschädigungen und Feuchtigkeit drastisch reduzieren.

Gibt es spezielle Fördermittel für diese Art der Installation?

Es gibt keine speziellen Förderprogramme für PV auf Reetdächern. Sie können jedoch die üblichen staatlichen Förderungen für Photovoltaik, wie z. B. die Einspeisevergütung, in Anspruch nehmen.

Was sagt mein Schornsteinfeger dazu?

Der zuständige Bezirksschornsteinfeger muss in die Planung einbezogen werden. Er ist für die Feuersicherheit des Gebäudes mitverantwortlich und muss die Installation im Hinblick auf die Brandschutzvorschriften abnehmen.

Fazit: Ein Projekt für Spezialisten und Enthusiasten

Die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf einem Reetdach ist möglich, bleibt aber ein Nischenprojekt, das höchste Ansprüche an Planung, Material und Ausführung stellt. Die Hürden in Bezug auf Brandschutz, Baurecht und Versicherung sind hoch, lassen sich aber mit dem richtigen Fachwissen und spezialisierten Partnern meistern. Es ist ein Vorhaben für Liebhaber, die den Wert ihres traditionellen Hauses durch nachhaltige Technologie steigern und bereit sind, den Weg der sorgfältigen und sicheren Umsetzung zu gehen.

Ratgeber teilen
OLEKSANDR PUSHKAR
OLEKSANDR PUSHKAR