Der Gedanke, eigenen Strom auf dem Dach zu erzeugen, ist für viele Hausbesitzer reizvoll. Eine Umfrage von Statista aus dem Jahr 2023 zeigt, dass Kostenersparnis (54 %) und die Freude am Selbermachen (48 %) die Hauptantriebe für Heimwerkerprojekte sind. Eine Photovoltaikanlage selbst zu installieren, passt perfekt in dieses Bild.
Doch was, wenn das Dach kein Neubau mit Standardziegeln ist, sondern ein ehrwürdiges, vielleicht schon etwas in die Jahre gekommenes Dach mit Charakter – eingedeckt mit alten Biberschwanzziegeln? Hier stoßen Standardanleitungen an ihre Grenzen und die eigentliche Herausforderung beginnt.
Die Sorge, die alten, womöglich spröden Ziegel zu beschädigen, ist groß. So ergab eine Umfrage in einem deutschen Bauherren-Forum, dass über 60 % der Altbaubesitzer unsicher sind, ob die Statik ihres Daches eine PV-Anlage überhaupt trägt.
Dieser Beitrag gibt Ihnen die Sicherheit und das nötige Wissen an die Hand, um auch dieses anspruchsvolle Projekt erfolgreich zu meistern.
Inhaltsverzeichnis
Warum ein altes Dach besondere Aufmerksamkeit erfordert
Bevor auch nur der erste Dachhaken montiert wird, ist ein ehrlicher Blick auf die Gegebenheiten unerlässlich. Ein altes Dach ist kein standardisiertes Bauteil, sondern ein System mit Geschichte und individuellen Eigenheiten.
Der Widerspruch der Langlebigkeit
Moderne PV-Module sind für eine lange Lebensdauer ausgelegt. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) bestätigt eine Nutzungsdauer von 25 bis 30 Jahren, oft sogar länger. Ihre Befestigung muss mindestens ebenso lange halten.
Sie montieren also ein High-Tech-Produkt des 21. Jahrhunderts auf eine Bausubstanz, die möglicherweise schon 50 Jahre oder älter ist. Die Unterkonstruktion für Photovoltaik ist das entscheidende Bindeglied, das diese beiden Generationen sicher verbinden muss.

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Ab 1.299,00 €Die Herausforderung des Materials
Alte Tondachziegel, wie der klassische Biberschwanz, sind ein Naturprodukt. Jahrzehntelange Einwirkung von Regen, Frost und UV-Strahlung verändert ihre Struktur. Materialwissenschaftliche Analysen zeigen, dass sie mit der Zeit durch Verwitterung und Mikrorisse an Elastizität verlieren und spröder werden. Sie brechen leichter unter Punktbelastung – genau die Art von Belastung, die bei einer unsachgemäßen Montage entsteht.
Die entscheidende Frage der Statik
Ein typisches PV-Modul wiegt etwa 20 bis 25 kg. Bei einer durchschnittlichen Anlage für ein Einfamilienhaus mit 30 Modulen kommen schnell 750 kg zusammen. Rechnet man die Unterkonstruktion hinzu, liegt das Gesamtgewicht bei über einer Tonne. Dazu kommen noch Wind- und Schneelasten.
Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) weist eindringlich darauf hin, dass vor jeder Installation eine Prüfung der Dachstatik erfolgen muss. Dies gilt umso mehr für ältere Dachstühle. Ein Heimwerkerprojekt darf niemals die bautechnischen Sicherheitsregeln ignorieren.
Die richtige Befestigungstechnik für empfindliche Ziegel
Die gute Nachricht: Mit der richtigen Technik und dem passenden Material lassen sich auch Anlagen auf alten Ziegeldächern sicher und ohne Schäden montieren. Der Schlüssel liegt darin, die Last nicht auf die Ziegel, sondern direkt auf die tragende Struktur des Daches – die Dachsparren – zu leiten.
Die Wahl des passenden Dachhakens
Der Dachhaken ist der Held dieser Geschichte. Er wird unter dem Ziegel hindurchgeführt und direkt auf dem Dachsparren verschraubt. Die darüber liegende Schiene, auf der die Module befestigt werden, „schwebt“ quasi über den Ziegeln, ohne sie direkt zu belasten.
Für unebene, alte Dächer sind höhenverstellbare Dachhaken fast immer die bessere Wahl. Sie erlauben es, kleine Unebenheiten auszugleichen, sodass die Schienen am Ende eine gerade Ebene bilden. Bei Biberschwanzziegeln, die in Doppeldeckung verlegt sind, werden spezielle, längere Dachhaken benötigt, um beide Ziegelschichten korrekt zu überbrücken.

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9.999,00 €Der kritische Schritt: Ziegel bearbeiten statt brechen
Selbst mit dem perfekten Dachhaken kann es an der Stelle, wo er den Ziegel kreuzt, zu eng werden. Wird der Haken mit Gewalt montiert, entsteht eine enorme Punktbelastung, und der Ziegel bricht – wenn nicht sofort, dann bei der nächsten stärkeren Belastung.
Die professionelle Lösung lautet: den Ziegel an der Unterseite im Bereich des Hakens leicht ausklinken oder abzuschleifen. Mit einem kleinen Winkelschleifer mit Diamantscheibe oder einem Nassschneider lässt sich eine kleine Vertiefung schaffen. So liegt der Ziegel spannungsfrei auf dem darunterliegenden Ziegel und dem Dachhaken. Die Erfahrung zeigt, dass hier Geduld und das richtige Werkzeug den Unterschied zwischen Erfolg und einem teuren Schaden ausmachen.
Ersatzziegel: Ihre wichtigste Versicherung
Rechnen Sie von vornherein damit, dass trotz aller Vorsicht einzelne Ziegel zu Bruch gehen können. Nichts ist ärgerlicher, als eine halbfertige Installation unterbrechen zu müssen, weil man auf der Suche nach passendem Ersatz ist. Alte Ziegelmodelle sind oft nicht mehr im regulären Baustoffhandel erhältlich.
Praxistipp: Suchen Sie vor Projektbeginn nach Quellen für Ihre spezifischen Ziegel. Baustoffrecycling-Höfe oder spezialisierte Händler für historische Baustoffe sind hier gute Anlaufstellen. Bedenken Sie: Die Kosten für eine professionelle Dachreparatur können laut Branchenschätzungen zwischen 80 und 250 Euro pro Quadratmeter liegen. Ein kleiner Vorrat an Ersatzziegeln ist dagegen eine sehr günstige Versicherung.
Häufige Fehler und wie Sie diese vermeiden
Wer sich für eine DIY-Montage entscheidet, kann aus den Fehlern anderer lernen. Hier sind die häufigsten Fallstricke bei alten Dächern:
Die Statik ignorieren: Der Glaube „das wird schon halten“ kann zu Setzungen des Dachstuhls und im schlimmsten Fall zu dessen Versagen führen.
Lösung: Eine kurze Begutachtung durch einen Zimmermann oder Statiker schafft Sicherheit.Falsche Dachhaken verwenden: Standardhaken auf einem unebenen Biberschwanzdach führen fast zwangsläufig zu gebrochenen Ziegeln und Undichtigkeiten.
Lösung: In verstellbare, für den Ziegeltyp passende Haken investieren.Keine Ersatzziegel bereithalten: Ein gebrochener Ziegel stoppt das ganze Projekt und hinterlässt eine undichte Stelle im Dach.
Lösung: Vorher 10–20 Ersatzziegel besorgen.Ziegel unter Spannung setzen: Werden Ziegel nicht bearbeitet, sondern nur „irgendwie passend gemacht“, sind Risse vorprogrammiert.
Lösung: Zeit für das saubere Ausklinken der Ziegel einplanen.
FAQ – Ihre Fragen zur PV-Montage auf alten Dächern
Kann ich auf jeder Art von altem Ziegel eine PV-Anlage installieren?
Grundsätzlich ja. Die Methode muss aber zum Material passen. Bei sehr alten, handgeformten Ziegeln oder Naturschiefer ist noch mehr Vorsicht geboten. Eine Begutachtung durch einen erfahrenen Dachdecker oder Zimmermann gibt hier die letzte Sicherheit.
Muss ich für die Montage zwingend einen Dachdecker beauftragen?
Für die Beurteilung der Dachhaut und Statik ist professioneller Rat dringend empfohlen. Die Montage selbst ist für handwerklich geschickte Personen, die sorgfältig und nach Plan arbeiten, ein anspruchsvolles, aber machbares DIY-Projekt.
Wie wirkt sich die Anlage auf die Lebensdauer meines alten Daches aus?
Eine fachgerecht montierte Anlage schützt die darunterliegenden Ziegel vor Witterungseinflüssen wie Hagel und UV-Strahlung und kann deren Lebensdauer sogar verlängern. Eine fehlerhafte Montage hingegen kann sie drastisch verkürzen.
Lohnt sich der Aufwand finanziell überhaupt?
Absolut. Der höhere Montageaufwand wird durch die langfristigen Einsparungen bei den Stromkosten mehr als ausgeglichen. Eine detaillierte Betrachtung der Wirtschaftlichkeit von Photovoltaik zeigt, dass sich Anlagen auch bei leicht höheren Anfangskosten rentieren.
Was ist, wenn ich später einen Speicher für Photovoltaikanlagen nachrüsten möchte?
Die Nachrüstung eines Speichers ist ein rein elektrisches Thema und hat keinen Einfluss auf die Dacheindeckung oder die mechanische Befestigung. Eine solide Montage bildet die Grundlage für jede zukünftige Erweiterung Ihres Systems.
Fazit: Mit Respekt vor dem Alten zu neuer Energie
Eine Photovoltaikanlage auf einem alten Dach mit Biberschwanzziegeln zu installieren, ist kein Standardprojekt, aber keineswegs unmöglich. Es erfordert Respekt vor der alten Bausubstanz, eine sorgfältige Planung und die Bereitschaft, mehr zu tun, als eine Standardanleitung vorsieht.
Ob es sich um ein großes System für Photovoltaik für Einfamilienhäuser oder eine kleinere Anlage auf einem Garagendach handelt – die Prinzipien des sorgfältigen Umgangs mit der alten Bausubstanz bleiben dieselben. Selbst bei einem Balkonkraftwerk, das auf einem Vordach montiert wird, gelten diese Grundsätze.
Wer diese Herausforderung annimmt, wird nicht nur mit unabhängiger, sauberer Energie belohnt, sondern auch mit dem guten Gefühl, den Charakter seines Hauses bewahrt und es fit für die Energiezukunft gemacht zu haben.
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