Photovoltaik auf dem Flachdach: Wann die Montage ohne Baugenehmigung erlaubt ist

Viele Besitzer von Eigenheimen oder Gewerbeimmobilien mit Flachdach gehen davon aus, dass die Installation einer Photovoltaikanlage unkompliziert ist – insbesondere, wenn das Dach dabei nicht durchdrungen wird. Die Idee einer ballastierten, also nur durch Gewicht gehaltenen Anlage, klingt einfach und sicher. In den meisten Fällen ist sie das auch. Doch der Teufel steckt im Detail, genauer gesagt in der Landesbauordnung. Ob Ihre Installation genehmigungsfrei bleibt oder ein baurechtliches Verfahren erfordert, hängt von Kriterien ab, die nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich sind.
Was bedeutet durchdringungsfreie Montage mit Ballastierung?
Bei einer durchdringungsfreien Montage wird die Dachhaut nicht perforiert. Statt die Unterkonstruktion der Solarmodule fest mit der Dachkonstruktion zu verschrauben, wird sie auf dem Dach aufgestellt und durch Gewichte beschwert. Dieser Ballast besteht meist aus Betonplatten oder mit Kies gefüllten Wannen. Das Eigengewicht des Systems sorgt dafür, dass die Anlage auch bei starkem Wind sicher an ihrem Platz bleibt.
Der entscheidende Vorteil dieser Methode: Die empfindliche Dachabdichtung bleibt intakt, da keine potenziellen Undichtigkeiten durch Bohrlöcher entstehen. Stellen Sie sich vor, Sie legen schwere Gehwegplatten auf eine Plane im Garten, damit sie bei Wind nicht wegfliegt – das Prinzip der Ballastierung ist sehr ähnlich, nur eben ingenieurtechnisch berechnet.
![Eine aufgeständerte Photovoltaikanlage auf einem Flachdach, gesichert durch Betonplatten als Ballast.]
Die entscheidende Frage: Bauliche Anlage oder untergeordneter Anlagenteil?
Rechtlich betrachtet ist jede Photovoltaikanlage eine „bauliche Anlage“. Für die Genehmigungspflicht ist jedoch entscheidend, ob sie als eigenständiges Gebäude oder als verfahrensfreier Teil des bestehenden Gebäudes gilt.
Die meisten Bundesländer orientieren sich an der Musterbauordnung (MBO). Deren § 61 (1) Nr. 2c stuft Solaranlagen in, an und auf Dach- und Außenwandflächen als verfahrensfrei ein. Eine wichtige Ausnahme bilden Hochhäuser.
Ein wegweisendes Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg aus dem Jahr 2016 schuf hier Klarheit. Die Richter entschieden, dass eine ballastierte PV-Anlage auf einem Flachdach kein eigenständiges Gebäude darstellt. Ihre Begründung ist für das Verständnis zentral:
- Die Anlage ist zwar durch ihr Gewicht „ortsfest“ mit dem Erdboden verbunden (über das Gebäude), sie dient aber einem untergeordneten Zweck – nämlich der Stromerzeugung für das Hauptgebäude.
- Sie ist nicht dafür bestimmt, von Menschen betreten zu werden, und entfaltet keine eigenen „sozialen Wirkungen“ wie etwa eine überdachte Terrasse oder ein Carport.
Im Klartext heißt das: Solange die PV-Anlage eine rein technische Ergänzung zum bestehenden Gebäude darstellt, wird sie rechtlich als Teil dieses Gebäudes behandelt und ist somit in der Regel genehmigungsfrei. Die Wahl des richtigen Systems ist dabei entscheidend.
Wann eine Baugenehmigung trotzdem erforderlich sein kann
Auch wenn die grundsätzliche Rechtslage die Installation erleichtert, gibt es wichtige Ausnahmen, die Sie unbedingt beachten müssen. Eine fehlende Genehmigungspflicht entbindet Sie nicht von der Einhaltung aller bautechnischen Vorschriften.
Aus unserem Shop, Kategorie: Balkonkraftwerke mit Speicher
Anker SOLIX Solarbank 3 E2700 Pro Balkonkraftwerk Speicher Set 2000 Watt 800 Watt - 5,4 kWh
Ab 2.099,00 €Länderspezifische Bauordnungen
Obwohl sich viele Bundesländer an der MBO orientieren, können die Landesbauordnungen abweichende oder strengere Regeln enthalten. Ein bekanntes Beispiel ist Berlin: Hier war lange Zeit eine Baugenehmigung für Anlagen über 10 m² Fläche und mit einem Gewicht von mehr als 75 kg/m² erforderlich. Prüfen Sie daher immer die für Ihr Bundesland geltende Landesbauordnung.
Statik und Gebäudesicherheit
Dies ist der kritischste Punkt in der Praxis. Genehmigungsfrei bedeutet nicht, dass Sie die baulichen Anforderungen ignorieren dürfen. Die zusätzliche Last durch die Solarmodule und den Ballast muss vom Dach sicher getragen werden können. Je nach Windlastzone und Gebäudehöhe kann die erforderliche Ballastierung zwischen 50 kg/m² und über 150 kg/m² liegen. Eine Prüfung durch einen Statiker ist daher unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Tragreserven des Daches ausreichen. Die Verantwortung für eine sorgfältige Prüfung der Statik der PV-Anlage und des Gebäudes liegt jedoch immer bei Ihnen als Bauherr.
![Nahaufnahme der Ballaststeine, die die Unterkonstruktion einer Solaranlage auf einem Flachdach beschweren.]
Denkmalschutz
Steht Ihr Gebäude unter Denkmalschutz, gelten besondere Regeln. Jede sichtbare Veränderung am Gebäude muss mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde abgestimmt werden, unabhängig davon, ob sie baurechtlich genehmigungspflichtig wäre.
Checkliste: Ist Ihre ballastierte PV-Anlage genehmigungsfrei?
Nutzen Sie diese Punkte zur schnellen Orientierung. Wenn Sie alle Fragen mit „Ja“ beantworten können, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie keine Baugenehmigung benötigen.
- Ihr Gebäude ist kein Hochhaus (der Fußboden des obersten Geschosses liegt weniger als 22 Meter über dem Gelände).
- Die Anlage dient ausschließlich der Stromerzeugung und hat keine Doppelnutzung (z.B. als Terrassenüberdachung).
- Die Statik des Daches wurde von einem Fachmann geprüft und für die Zusatzlast freigegeben.
- Es gibt keine abweichenden, strengeren Vorschriften in Ihrer Landesbauordnung (Tipp: Suchen Sie online nach „Landesbauordnung [Ihr Bundesland] verfahrensfreie Bauvorhaben“).
- Ihr Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz.
Aus unserem Shop, Kategorie: PV Anlagen mit Speicher und Montagesets
20000 Watt Photovoltaikanlagen inkl. 20,00 kWh Batterie & Ziegeldach Montageset - Trina Bifazial
12.999,00 €Häufige Fragen zur Genehmigung von Flachdach-Anlagen (FAQ)
Muss ich die Anlage trotzdem irgendwo melden?
Ja. Unabhängig von der Baugenehmigung müssen Sie jede netzgekoppelte PV-Anlage im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur und bei Ihrem lokalen Netzbetreiber anmelden. Hierbei handelt es sich um eine administrative Registrierung, nicht um ein baurechtliches Genehmigungsverfahren.
Was ist, wenn mein Dach nur eine geringe Lastreserve hat?
Wenn die Statik eine hohe Ballastierung nicht zulässt, gibt es Alternativen. Moderne, aerodynamisch optimierte Montagesysteme, etwa mit Ost-West-Ausrichtung, erzeugen weniger Windlast und benötigen daher deutlich weniger Ballast. In solchen Fällen sind diese Leichtbausysteme oft die ideale Lösung.
Gilt das auch für Garagen- oder Carport-Flachdächer?
Ja, das Prinzip ist dasselbe. Eine Garage ist ein Gebäude, und die PV-Anlage darauf ist eine untergeordnete technische Einrichtung. Gerade bei kleineren Bauten wie Garagen ist die Prüfung der Statik jedoch besonders wichtig, da diese oft geringere Tragreserven haben als Wohnhäuser.
Wer haftet, wenn die Statik nicht ausreicht?
Die Verantwortung und damit auch die Haftung für die Sicherheit des Gebäudes liegt immer beim Eigentümer bzw. Bauherrn. Deshalb ist es so wichtig, die Planung und insbesondere die statische Prüfung von qualifizierten Fachleuten durchführen zu lassen.
Fazit: Sicherheit durch Wissen, nicht durch Genehmigungen
Für die meisten ballastierten Photovoltaikanlagen auf Flachdächern von Standardgebäuden ist keine Baugenehmigung erforderlich. Die rechtliche Einordnung als untergeordneter Anlagenteil schafft hier Klarheit. Diese Befreiung ist jedoch kein Freibrief. Die Einhaltung aller technischen Vorschriften – allen voran der Nachweis einer ausreichenden Statik – ist und bleibt die Voraussetzung für eine sichere und langlebige Installation. Experten empfehlen daher grundsätzlich, die Dachstatik vor der Installation prüfen zu lassen.
Im Shop von Photovoltaik.info finden Sie Komplettsets, die auf typische Anlagengrößen für Flachdächer abgestimmt sind und moderne, ballastarme Montagesysteme nutzen.
Sie möchten Ihre individuelle Situation besser einschätzen? Nehmen Sie gern Kontakt mit uns auf, um offene Fragen zu klären.



