Bifaziale Solarmodule am Balkon: Lohnt sich der Mehrertrag?

Ein Solarmodul, das auf beiden Seiten Strom erzeugt – was zunächst wie eine technische Spielerei klingt, ist für Betreiber von Balkonkraftwerken eine ernsthafte Überlegung wert. Bifaziale Module versprechen einen signifikanten Mehrertrag, indem sie nicht nur direktes Sonnenlicht, sondern auch reflektiertes Licht aus der Umgebung nutzen.

Doch wie viel zusätzlicher Strom lässt sich in der Praxis wirklich gewinnen? Die Antwort hängt von entscheidenden Faktoren wie der Farbe Ihrer Hauswand und dem Bodenbelag ab. Dieser Leitfaden hilft Ihnen, das Potenzial Ihres Balkons realistisch einzuschätzen und abzuwägen, ob sich der Aufpreis lohnt.

Was genau sind bifaziale Solarmodule?

Traditionelle, monofaziale Solarmodule besitzen eine aktive Vorderseite und eine passive, mit undurchsichtiger Folie versiegelte Rückseite. Sie wandeln also ausschließlich Licht um, das direkt von vorne auftrifft.

Bifaziale (zweiseitige) Module gehen einen Schritt weiter. Sie besitzen sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite aktive Solarzellen, die durch transparentes Material wie Glas geschützt sind. Dadurch kann das Modul auch Licht einfangen, das vom Boden, der Hauswand oder anderen Oberflächen auf seine Rückseite reflektiert wird. Dieser zusätzliche Lichteinfall wird ebenfalls in Strom umgewandelt und kann den Gesamtertrag der Anlage spürbar steigern.

Bifaziale Solarmodule am Balkon: Lohnt sich der Mehrertrag?

Der Mehrertrag durch die Rückseite, auch „bifazialer Gewinn“ genannt, kann je nach Umgebungsbedingungen zwischen 5 % und beeindruckenden 30 % liegen. Für ein typisches Balkonkraftwerk bedeutet das eine deutliche Steigerung der jährlichen Stromernte.

Das Geheimnis des Mehrertrags: Der Albedowert entscheidet

Der entscheidende Faktor für die Leistung der Modulrückseite ist die Reflexionsfähigkeit der umliegenden Oberflächen. Fachleute sprechen hier vom Albedowert. Dieser Wert beschreibt, wie viel Prozent des auftreffenden Lichts eine Oberfläche zurückwirft. Eine perfekt weiße Fläche hätte einen Albedowert von 100 %, eine perfekt schwarze einen Wert von 0 %.

Stellen Sie es sich wie bei Kleidung an einem sonnigen Tag vor: Ein weißes T-Shirt reflektiert fast das gesamte Sonnenlicht und bleibt kühl, während ein schwarzes T-Shirt das Licht absorbiert und sich aufheizt. Genau nach diesem Prinzip arbeitet auch Ihr bifaziales Modul.

Wie Ihr Balkon den Ertrag beeinflusst

Die wichtigsten Reflexionsflächen für ein am Balkongeländer montiertes Modul sind die Hauswand dahinter und der Bodenbelag darunter. Je heller diese Oberflächen sind, desto höher ist der Albedowert und desto größer der zusätzliche Stromertrag.

Hier sind einige typische Albedowerte, die Ihnen eine erste Orientierung geben:

Oberfläche: Neuschnee
Typischer Albedowert (ca.): 80–90 %
Potenzial für Mehrertrag: Sehr hoch

Oberfläche: Weiße Wandfarbe/weißer Beton
Typischer Albedowert (ca.): 60–80 %
Potenzial für Mehrertrag: Hoch

Oberfläche: Heller Kies oder Sand
Typischer Albedowert (ca.): 30–50 %
Potenzial für Mehrertrag: Gut

Oberfläche: Unbehandelter Betonboden
Typischer Albedowert (ca.): 20–30 %
Potenzial für Mehrertrag: Mittel

Oberfläche: Holzdielen (hell)
Typischer Albedowert (ca.): 20–30 %
Potenzial für Mehrertrag: Mittel

Oberfläche: Grasfläche
Typischer Albedowert (ca.): 15–25 %
Potenzial für Mehrertrag: Gering bis mittel

Oberfläche: Dunkler Asphalt / dunkle Holzterrasse
Typischer Albedowert (ca.): 5–10 %
Potenzial für Mehrertrag: Gering

Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) hat gezeigt, dass bereits helle Betonoberflächen den Ertrag um bis zu 25 % steigern können. Schnee im Winter kann diesen Wert kurzzeitig sogar noch übertreffen – ein oft unterschätzter Vorteil in den sonnigen, aber kalten Monaten.

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Abstand und Neigung: Die richtige Montage ist entscheidend

Neben dem Albedowert spielt auch die Montage eine entscheidende Rolle. Damit möglichst viel reflektiertes Licht die Rückseite des Moduls erreicht, müssen Sie zwei Faktoren beachten:

  1. Abstand zur Wand: Ein größerer Abstand zur Hauswand ermöglicht einen besseren Lichteinfall auf die Rückseite. Als Faustregel gilt ein Abstand von mindestens 20–30 cm, um den bifazialen Effekt optimal zu nutzen.

  2. Neigungswinkel: Eine leichte Neigung des Moduls (z. B. 10–15 Grad vom Geländer weg) kann den Lichteinfall von unten verbessern, besonders wenn der Boden stark reflektiert.

Rechnet sich der Aufpreis? Eine praxisnahe Kalkulation

Bifaziale Solarmodule sind in der Anschaffung oft geringfügig teurer als vergleichbare monofaziale Modelle. Ob sich diese Mehrausgabe auszahlt, entscheidet sich direkt an Ihrem Balkon. Betrachten wir zwei typische Szenarien.

Szenario 1: Der ideale Stadtbalkon

Standort: Südbalkon im 3. Stock
Wand: Weiß gestrichener Putz (Albedo ca. 70 %)
Boden: Helle Betonplatten (Albedo ca. 40 %)
Modulleistung (Vorderseite): 400 Wp

Berechnung des Mehrertrags:
Unter diesen idealen Bedingungen ist ein bifazialer Gewinn von 15–25 % realistisch. Gehen wir von einem konservativen Mittelwert von 18 % aus.

Jährlicher Ertrag (monofazial): ca. 400 kWh
Bifazialer Mehrertrag (18 %): 72 kWh
Gesamtertrag (bifazial): ca. 472 kWh

Bei einem Strompreis von 30 Cent/kWh entspricht das einer zusätzlichen Ersparnis von 21,60 € pro Jahr und Modul. Bei zwei Modulen summiert sich der Vorteil bereits auf über 43 € jährlich. Der Aufpreis für bifaziale Technik amortisiert sich hier oft schon nach zwei bis drei Jahren.

Szenario 2: Der Holzbalkon mit viel Grün

Standort: Westbalkon im Erdgeschoss
Wand: Dunkle Holzverkleidung (Albedo ca. 15 %)
Boden: Dunkle Holzdielen, teilweise von Pflanzen bedeckt (Albedo ca. 10 %)
Modulleistung (Vorderseite): 400 Wp

Berechnung des Mehrertrags:
Hier sind die Bedingungen für die Rückseite deutlich schlechter. Ein bifazialer Gewinn von mehr als 5–8 % ist unwahrscheinlich. Rechnen wir mit 6 %.

Jährlicher Ertrag (monofazial): ca. 350 kWh (durch Westausrichtung)
Bifazialer Mehrertrag (6 %): 21 kWh
Gesamtertrag (bifazial): ca. 371 kWh

Die zusätzliche Ersparnis beträgt hier nur 6,30 € pro Jahr und Modul. In diesem Fall ist es fraglich, ob sich der Aufpreis gegenüber einem hochwertigen monofazialen Modul rechnet. Ein Photovoltaik Rechner kann Ihnen helfen, eine erste grobe Einschätzung für Ihre spezifische Situation vorzunehmen.

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Häufige Fehler bei der Nutzung bifazialer Module

Um das volle Potenzial auszuschöpfen, sollten Sie einige typische Fehlerquellen vermeiden, die den Mehrertrag zunichtemachen können:

  • Zu geringer Abstand: Wird das Modul direkt an eine dunkle Wand montiert, kann die Rückseite kaum Licht aufnehmen.

  • Verschattung der Rückseite: Gegenstände wie Blumenkästen, Balkonmöbel oder Sichtschutzmatten, die direkt hinter dem Modul platziert werden, blockieren das reflektierte Licht.

  • Falsche Erwartungen: An einem Nordbalkon oder einem stark verschatteten Standort wird auch ein bifaziales Modul keine Wunder bewirken. Die Leistung der Vorderseite bleibt die primäre Ertragsquelle.

FAQ – Häufige Fragen zu bifazialen Balkonmodulen

Lohnt sich ein bifaziales Modul auch bei einer farbigen Hauswand?
Ja, aber der Effekt ist geringer. Jede Farbe, die heller als ein dunkles Grau ist, reflektiert mehr Licht als eine dunkle Oberfläche. Eine hellgelbe oder beige Wand ist immer noch deutlich besser als eine dunkelrote Klinkerfassade.

Sind bifaziale Module empfindlicher als herkömmliche?
Nein, im Gegenteil. Durch den Glas-Glas-Aufbau sind sie oft robuster und witterungsbeständiger als Module mit Kunststoff-Rückseitenfolie. Viele Hersteller geben daher längere Leistungsgarantien.

Kann ich meinen Balkonboden nachträglich aufhellen, um den Ertrag zu steigern?
Ja, das ist eine sehr effektive Methode. Ein heller Outdoor-Teppich, helle Bodenfliesen oder sogar eine spezielle weiße, wetterfeste Folie können den Albedowert und damit Ihren Stromertrag spürbar erhöhen.

Was passiert im Winter bei Schnee auf dem Balkon?
Schnee ist ein exzellenter Reflektor. Wenn Ihr Balkonboden mit Schnee bedeckt ist, kann der bifaziale Gewinn an sonnigen Wintertagen sein Maximum erreichen. Das hilft, die geringere Sonneneinstrahlung in dieser Jahreszeit teilweise zu kompensieren.

Fazit: Für wen lohnen sich bifaziale Module wirklich?

Bifaziale Solarmodule sind mehr als nur ein technischer Trend – sie sind eine intelligente Lösung für alle, die das Maximum aus ihrem Balkonkraftwerk herausholen möchten. Der Mehrertrag ist kein theoretisches Versprechen, sondern ein messbarer Vorteil, der sich aus den Gegebenheiten vor Ort ergibt.

Fazit: Für wen lohnen sich bifaziale Module wirklich?

Eine Investition in bifaziale Module lohnt sich für Sie besonders, wenn:

  • Ihr Balkon über helle Böden (Beton, helle Fliesen) und eine helle Hauswand verfügt.
  • Sie die Möglichkeit haben, die Module mit ausreichend Abstand (mind. 20 cm) zum Geländer oder zur Wand zu montieren.
  • Sie in einer Region mit regelmäßiger Schneedecke im Winter leben.

Für Balkone mit dunklen Oberflächen oder sehr geringem Montageabstand ist ein hochwertiges monofaziales Modul oft die wirtschaftlichere Wahl.

Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl der richtigen Komponenten und zur optimalen Auslegung Ihrer Anlage finden Sie direkt auf Photovoltaik.info. Entdecken Sie dort auch Komplettsets, die auf typische Anlagengrößen und Montagesituationen abgestimmt sind.

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