Eine Photovoltaikanlage ist eine Investition für Jahrzehnte. Sie soll Stürmen trotzen, Jahr für Jahr maximale Erträge liefern und vor allem sicher auf dem Dach oder am Balkon verankert sein.
Während große Komponenten wie Solarmodule und Wechselrichter im Fokus stehen, entscheidet oft ein winziges, unsichtbares Detail über die Langlebigkeit der gesamten Anlage: das korrekte Anzugsdrehmoment der Modulklemmen. Es ist der Unterschied zwischen professioneller Montage und einem unkalkulierbaren Risiko.
Inhaltsverzeichnis
Was ist das Anzugsdrehmoment und warum ist es so wichtig?
Stellen Sie sich vor, Sie drehen den Deckel auf ein Marmeladenglas. Ist er zu locker, bleibt das Glas nicht dicht. Ziehen Sie ihn hingegen mit aller Kraft an, können Gewinde oder Deckel Schaden nehmen. Das Anzugsdrehmoment folgt demselben Prinzip, nur technisch präzisiert: Es beschreibt die exakte Kraft, mit der eine Schraubverbindung angezogen wird.
Bei einer Photovoltaikanlage betrifft dies vor allem zwei kritische Punkte:
- Modulklemmen: Sie halten die Solarmodule auf den Montageschienen fest.
- Schienenverbinder: Sie verbinden einzelne Montageschienen zu einer stabilen Gesamtkonstruktion.
Die Einhaltung der Herstellervorgaben ist dabei kein optionaler Ratschlag, sondern eine fundamentale Voraussetzung für Sicherheit und Funktion. Es gibt zwei Extreme mit jeweils eigenen Gefahren: zu lockere und zu feste Verbindungen.
Die unsichtbaren Gefahren: Was passiert bei falschem Drehmoment?
Ein häufiger Trugschluss bei der Montage ist, Schrauben einfach „nach Gefühl“ festzuziehen. Doch dieses Gefühl kann täuschen und zu gravierenden Problemen führen, deren Folgen oft erst nach Monaten oder Jahren sichtbar werden.
Gefahr 1: Beschädigung der Solarmodule und Garantieverlust
Wird eine Modulklemme zu fest angezogen, übt sie enormen punktuellen Druck auf den Aluminiumrahmen des Solarmoduls aus. Dieser Druck kann sich auf das empfindliche Solarglas und die darunterliegenden Siliziumzellen übertragen. Die Folge sind oft unsichtbare Mikrorisse in den Zellen. Diese Risse entwickeln sich im Laufe der Zeit zu sogenannten „Hot-Spots“, die die Leistung des Moduls mindern und im schlimmsten Fall zum Totalausfall führen können.
Die Erfahrung zeigt: Viele Hersteller lehnen Garantieleistungen ab, wenn nachgewiesen wird, dass die Module durch ein falsches Drehmoment beschädigt wurden. Eine zu fest angezogene Schraube kann Sie nicht nur Leistung, sondern auch Ihre Garantieansprüche kosten.
Gefahr 2: Mangelnde Stabilität und Sicherheitsrisiken bei Sturm
Sind die Klemmen zu locker, können die Module bei starkem Wind oder Schneelast „arbeiten“. Zunächst entsteht nur ein leichtes Klappern. Doch durch die ständige Vibration können sich die Schrauben mit der Zeit weiter lockern. Im Extremfall kann sich ein Modul aus seiner Verankerung lösen und vom Dach fallen – eine immense Gefahr für Personen und Eigentum. Auch elektrische Verbindungen können sich durch die Bewegung lockern, wodurch Lichtbögen und eine erhöhte Brandgefahr entstehen können.

Montagesysteme
Gefahr 3: Langzeitschäden durch thermische Ausdehnung
Dies ist wohl der am meisten unterschätzte Faktor. Materialien dehnen sich bei Hitze aus und ziehen sich bei Kälte zusammen. Eine PV-Anlage ist diesen Zyklen tagtäglich ausgesetzt. Die Montagesysteme sind so konstruiert, dass sie diese minimalen Bewegungen aufnehmen können. Sind die Klemmen jedoch zu fest angezogen, wird diese natürliche Ausdehnung verhindert. Es entsteht eine permanente, enorme Spannung im Material – sowohl im Modulrahmen als auch in den Klemmen und Schienen. Diese permanente Spannung führt über Tausende von Temperaturzyklen zu Materialermüdung und schwächt so die gesamte Statik der Unterkonstruktion.
So finden Sie das richtige Drehmoment: Ein Blick ins Datenblatt
Es gibt keinen universellen Standardwert für das Anzugsdrehmoment. Jeder Hersteller von Montagesystemen und Solarmodulen definiert eigene, präzise Werte. Diese finden Sie ausschließlich in der Montageanleitung der jeweiligen Komponente.
Praxistipp: Oft geben sowohl der Modulhersteller als auch der Hersteller des Montagesystems einen Wert an. Sollten sich diese unterscheiden, gilt im Zweifel immer der niedrigere Wert, um eine Beschädigung des teureren Bauteils – des Solarmoduls – zu vermeiden.
Als Faustregel können Sie sich an folgenden Werten orientieren – aber Achtung: Diese ersetzen niemals die Angaben des Herstellers:
- Modulklemmen (Mittel- und Endklemmen): Üblicherweise zwischen 8 und 15 Newtonmeter (Nm).
- Schienenverbinder und Dachhaken: Oft höhere Werte, z. B. 20 bis 30 Nm.
Die sorgfältige Beachtung dieser Vorgaben ist ein wesentlicher Teil der Vorbereitung. So vermeiden Sie von Anfang an kostspielige Fehler bei der Installation – ein Grundsatz, der schon bei der Planung beginnt: So planen Sie Ihre Photovoltaikanlage richtig.
Das richtige Werkzeug: Warum ein Drehmomentschlüssel unverzichtbar ist
Das korrekte Drehmoment lässt sich mit einem herkömmlichen Schraubenschlüssel oder einem Akkuschrauber nicht präzise aufbringen. Dafür benötigen Sie zwingend einen Drehmomentschlüssel. Dieses Werkzeug lässt sich auf einen exakten Newtonmeter-Wert einstellen. Beim Anziehen der Schraube löst der Schlüssel mit einem hör- und spürbaren „Klick“ aus, sobald der eingestellte Wert erreicht ist – das Signal, dass die Schraube perfekt angezogen ist.
Gerade bei der Selbstmontage, zum Beispiel bei einem Balkonkraftwerk, verzichten viele Anwender auf dieses Werkzeug. Doch die Investition von 30 bis 50 Euro in einen einfachen Drehmomentschlüssel ist entscheidend für die Sicherheit und Langlebigkeit Ihrer Anlage.
Schritt-für-Schritt: Korrektes Anziehen von Klemmen und Verbindern
- Wert ermitteln: Schlagen Sie das exakte Anzugsdrehmoment in der Montageanleitung der Klemmen und Module nach.
- Werkzeug einstellen: Stellen Sie Ihren Drehmomentschlüssel präzise auf diesen Wert ein.
- Schraube ansetzen: Drehen Sie die Schraube zunächst von Hand oder mit einem normalen Schlüssel leicht an, bis die Klemme sitzt.
- Mit Drehmoment festziehen: Setzen Sie den Drehmomentschlüssel an und ziehen Sie die Schraube in einer gleichmäßigen Bewegung an, bis der Schlüssel auslöst (klickt). Ziehen Sie danach nicht weiter!
- Kein Nachziehen: Ein erneutes Nachziehen nach einigen Wochen ist bei korrekter Erstmontage nicht notwendig und kann das Material sogar überlasten. Das System ist darauf ausgelegt, die Spannung dauerhaft zu halten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Anzugsdrehmoment
Was passiert, wenn ich keinen Drehmomentschlüssel habe?
Sie gehen ein hohes Risiko ein. Entweder ziehen Sie die Schrauben zu locker an, was die Anlage instabil macht, oder Sie ziehen sie zu fest an und riskieren Modulschäden sowie den Verlust der Garantie. Die Verwendung eines Drehmomentschlüssels ist daher unerlässlich.
Welches Drehmoment gilt, wenn Modul- und Klemmenhersteller unterschiedliche Werte angeben?
In diesem Fall sollten Sie immer den niedrigeren der beiden Werte verwenden. Damit stellen Sie sicher, dass keine der beiden Komponenten überlastet wird. Optimal ist es, Komponenten zu verwenden, die aufeinander abgestimmt sind. Viele Kunden entscheiden sich daher für Komplettsets, wie sie auf Photovoltaik.info angeboten werden, da hier die Kompatibilität sichergestellt ist.
Muss ich die Schrauben nach einiger Zeit nachziehen?
Nein. Eine fachgerecht montierte Verbindung benötigt kein Nachziehen. Die Klemmwirkung und die Schraubensicherung sind für eine jahrzehntelange Haltbarkeit ausgelegt. Ein unnötiges Nachziehen kann die Schrauben und Gewinde überdehnen.
Gilt das auch für Balkonkraftwerke?
Ja, unbedingt. Gerade bei Balkonkraftwerken mit 800 Watt, die oft an exponierten Stellen wie Balkongeländern montiert werden, ist die Einhaltung der Anzugsdrehmomente für die Sicherheit essenziell. Da die Montage hier häufig von den Nutzern selbst vorgenommen wird, ist besondere Sorgfalt geboten.
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Fazit: Ein kleines Detail mit großer Wirkung für Ihre Anlage
Das richtige Anzugsdrehmoment ist mehr als nur eine technische Feinheit – es ist ein zentraler Baustein für die Sicherheit, die Leistungsfähigkeit und die Langlebigkeit Ihrer Photovoltaikanlage. Es schützt Ihre Investition vor Sturmschäden, verhindert Leistungsverluste durch beschädigte Zellen und sichert Ihre Garantieansprüche. Die kleine Mühe, die Montageanleitungen zu lesen und einen Drehmomentschlüssel zu verwenden, zahlt sich über die gesamte Lebensdauer der Anlage um ein Vielfaches aus.
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