Potentialausgleich bei Photovoltaik: So schützen Sie Ihre Anlage normgerecht

Sie stehen auf Ihrem Dach, blicken auf Ihre neue Photovoltaikanlage und genießen den Gedanken an sauberen, selbst erzeugten Strom. Doch haben Sie sich je gefragt, was im Falle eines technischen Defekts passiert? Eine unsichtbare, aber entscheidende Sicherheitsmaßnahme schützt Sie und Ihre Familie vor gefährlichen Stromschlägen: der Potentialausgleich. Dieses Detail ist kein optionales Extra, sondern bildet das gesetzlich vorgeschriebene Fundament für den sicheren Betrieb Ihrer Anlage.
In diesem Beitrag erfahren Sie, warum der Potentialausgleich für die Metallteile Ihrer PV-Anlage so wichtig ist, welche Vorgaben die Norm VDE 0100-410 macht und wie eine fachgerechte Umsetzung aussieht.
Was ist ein Potentialausgleich und warum ist er bei PV-Anlagen so wichtig?
Stellen Sie sich den Potentialausgleich wie ein Sicherheitsnetz für elektrische Anlagen vor. Er verbindet alle leitfähigen Metallteile einer PV-Anlage – insbesondere das Montagesystem – miteinander und mit der zentralen Erdung des Gebäudes, der sogenannten Haupterdungsschiene (HES).
Sein Zweck ist ebenso einfach wie lebenswichtig: Im Falle eines Isolationsfehlers, bei dem ein stromführendes Kabel das metallische Montagesystem berührt, könnte das gesamte Gestell unter gefährlicher Spannung stehen. Ohne Potentialausgleich würde bei Berührung ein lebensgefährlicher Strom durch den menschlichen Körper fließen.
Durch den Potentialausgleich wird dieser Fehlerstrom sofort und sicher in die Erde abgeleitet. Dadurch löst die Sicherung (der Leitungsschutzschalter) aus und schaltet den Stromkreis ab. Die Gefahr ist gebannt, bevor jemand zu Schaden kommen kann.
Praxisbeispiel: Durch eine winzige, über die Jahre entstandene Beschädigung an einem Solarkabel liegt die stromführende Leitung blank am Aluminiumprofil des Montagesystems an. Ohne Potentialausgleich steht das gesamte Gestell unter einer Spannung von mehreren hundert Volt. Berührt nun eine Person bei Wartungsarbeiten dieses Gestell, erleidet sie einen schweren Stromschlag. Mit einem korrekt installierten Potentialausgleich fließt der Strom über das grüngelbe Erdungskabel direkt zur Haupterdungsschiene, der Schutzschalter löst aus, und die Anlage ist spannungsfrei.
[BILD: Schemazeichnung, die den Weg des Fehlerstroms mit und ohne Potentialausgleich visualisiert]
Die Norm VDE 0100-410: Wann ist der Potentialausgleich Pflicht?
Die zentrale Vorschrift für den Schutz gegen elektrischen Schlag in Deutschland ist die VDE 0100-410. Sie legt fest, wann und wie der sogenannte Schutzpotentialausgleich umzusetzen ist. Konkret bedeutet das für PV-Anlagen:
Das Montagesystem muss in den Schutzpotentialausgleich einbezogen werden, wenn es ein „fremdes leitfähiges Teil“ darstellt.
Das klingt technisch, bedeutet aber im Grunde, dass eine Gefahr bestehen kann, wenn das System Spannung von außen aufnehmen oder durch einen internen Fehler annehmen kann. In der Praxis trifft dies auf fast alle Dachanlagen zu. Qualifizierte Installateure erden das Montagesystem daher grundsätzlich, um maximale Sicherheit zu gewährleisten.
Wichtige Unterscheidung: PV-Module und Montagesystem
Moderne PV-Module sind in der Regel nach Schutzklasse II gebaut. Das bedeutet, sie sind schutzisoliert und benötigen für sich genommen keine Verbindung zum Schutzleiter. Der Fokus liegt daher fast immer auf dem metallischen Montagesystem, auf dem die Module befestigt sind.
Die Auswahl des richtigen Montagesystems für Ihre Photovoltaikanlage ist daher nicht nur eine Frage der Statik, sondern auch der elektrischen Sicherheit.
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Die korrekte Installation ist eine Aufgabe für eine qualifizierte Elektrofachkraft. Dennoch sollten Sie als Anlagenbetreiber die Grundlagen kennen, um die Ausführung beurteilen zu können.
Der richtige Leiterquerschnitt
Die Verbindung zwischen dem Montagesystem und der Haupterdungsschiene wird über ein dediziertes Kabel hergestellt, den Schutzpotentialausgleichsleiter.
- Faustregel: Für den Schutzpotentialausgleichsleiter wird in der Regel ein Kupferkabel mit einem Mindestquerschnitt von 6 mm² verwendet. Dieses Kabel ist an seiner grüngelben Isolierung leicht zu erkennen.
- Ausnahmen: Bei sehr langen Wegen vom Dach zum Keller oder bei der Einbindung in ein Blitzschutzsystem können auch größere Querschnitte von 10 mm² oder 16 mm² notwendig sein.
Die Verbindungspunkte: Von der Schiene zum Modulrahmen
Eine durchgehende, niederohmige Verbindung ist entscheidend. Der Verbindungsweg sieht typischerweise so aus:
- Haupterdungsschiene (HES): Der zentrale Erdungspunkt im Keller des Gebäudes.
- Potentialausgleichsleiter: Das 6 mm² (oder stärkere) grüngelbe Kabel, das vom Keller aufs Dach geführt wird.
- Montagesystem: Das Kabel wird mit einer speziellen Erdungsklemme fest mit einer der Montageschienen verbunden.
- Schienen und Modulklemmen: Alle anderen Schienen und die Modulrahmen müssen ebenfalls leitend mit dieser geerdeten Schiene verbunden sein. Dies geschieht oft automatisch durch metallische Verbinder und spezielle Modulklemmen mit Zähnen, die sich durch die eloxierte Schicht des Aluminiums bohren.
[BILD: Nahaufnahme einer Erdungsklemme, die ein grüngelbes Kabel mit einer Montageschiene verbindet]
Häufige Fehler, die Sie vermeiden sollten
Eine unsachgemäße Ausführung kann die Schutzwirkung zunichtemachen. Zu den häufigsten Fehlern gehören:
- Zu geringer Querschnitt: Ein dünneres Kabel könnte im Fehlerfall überhitzen und durchbrennen.
- Lose oder korrodierte Verbindungen: Der Übergangswiderstand ist zu hoch, der Schutzschalter löst nicht zuverlässig aus.
- Falsches Material: Im Außenbereich müssen alle Klemmen und Schrauben aus korrosionsbeständigem Material (z. B. Edelstahl) bestehen.
- Fehlende Dokumentation: Eine fachgerechte Installation wird immer im Messprotokoll der Anlage dokumentiert.
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Ein häufiges Missverständnis ist die Gleichsetzung von Potentialausgleich und Blitzschutz. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Schutzkonzepte:
- Potentialausgleich (innerer Blitzschutz): Schützt vor gefährlichen Spannungen, die durch Fehler innerhalb der Anlage (z. B. Kabelschaden) entstehen. Er ist praktisch immer erforderlich.
- Äußerer Blitzschutz: Schützt das Gebäude und die Anlage vor den gewaltigen Energien eines direkten Blitzeinschlags. Er besteht aus Fangeinrichtungen (Blitzableitern) und ist eine separate, weitaus komplexere Installation.
Ob Sie einen zusätzlichen Blitzschutz für Ihre PV-Anlage benötigen, hängt von der Gebäudeart, dem Standort und den Vorgaben der Versicherung ab. Der Schutzpotentialausgleich ist davon unabhängig und immer die Basis für die elektrische Sicherheit.
FAQ – Häufige Fragen zum Potentialausgleich bei PV-Anlagen
Muss ich die PV-Module selbst erden?
In der Regel nicht. Nahezu alle heute verbauten Module entsprechen der Schutzklasse II (schutzisoliert) und benötigen keine separate Erdung des Rahmens. Der Schutzpotentialausgleich konzentriert sich auf das metallische Montagesystem.
Wer darf den Potentialausgleich anschließen?
Ausschließlich eine qualifizierte Elektrofachkraft. Der Anschluss an die Haupterdungsschiene ist ein Eingriff in die zentrale Schutzmaßnahme des Gebäudes und erfordert entsprechendes Fachwissen und Messgeräte.
Was kostet der Potentialausgleich?
Die Kosten für Material (Kabel, Klemmen) und Arbeitszeit sind im Vergleich zu den Gesamtkosten der PV-Anlage gering. In einem typischen Einfamilienhaus bewegen sie sich meist im Bereich von 150 bis 350 Euro. An dieser Stelle zu sparen, wäre grob fahrlässig.
Ist der Potentialausgleich auch bei Balkonkraftwerken nötig?
Bei steckerfertigen Mini-PV-Anlagen (Balkonkraftwerken) ist die Situation einfacher. Der Schutz wird hier durch den Schutzkontakt der Steckdose gewährleistet, an die das Gerät angeschlossen wird. Eine separate Erdung des Gestells ist üblicherweise nicht erforderlich, solange die Anlage nicht auf einem leitfähigen Untergrund (z. B. Blechdach eines Gartenhauses) montiert wird.
Wie erkenne ich, ob mein Potentialausgleich korrekt ausgeführt wurde?
Ein klares Indiz ist ein grüngelbes Kabel mit ausreichendem Querschnitt, das sichtbar von der Montagekonstruktion auf dem Dach ins Hausinnere geführt wird. Endgültige Sicherheit bietet jedoch nur das Übergabeprotokoll des Installateurs, in dem die Messung des Schutzleiters dokumentiert sein muss.
Fazit: Sicherheit als Fundament Ihrer Stromerzeugung
Der normgerechte Potentialausgleich ist eine unsichtbare, aber unverzichtbare Komponente Ihrer Photovoltaikanlage. Er sorgt nicht nur für die Einhaltung von Vorschriften, sondern schützt aktiv Menschen, die mit der Anlage in Berührung kommen. Achten Sie bei der Auswahl Ihres Installationsbetriebs darauf, dass dieser Punkt transparent im Angebot aufgeführt und von einer zertifizierten Elektrofachkraft umgesetzt wird.
Ein langfristig sicherer und ertragreicher Betrieb beginnt bei der fachgerechten Planung. Auf Photovoltaik.info finden Sie neutrale Fachinformationen, die Ihnen helfen, die Qualität und Vollständigkeit von Angeboten besser zu bewerten.
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