PV-Anlage in wind- und schneereichen Gebieten: Was Sie bei Statik und Montage beachten müssen
Die Vorstellung ist verlockend: Unabhängig von steigenden Strompreisen die eigene Energie auf dem Dach erzeugen, das Klima schützen und langfristig Geld sparen. Genau das ermöglicht eine Photovoltaikanlage. Doch wer in Küstennähe, in den Bergen oder in anderen exponierten Lagen wohnt, stellt sich zu Recht eine wichtige Frage: Hält eine solche Anlage auch starken Stürmen und hohen Schneelasten stand? Die gute Nachricht vorweg: Ja, absolut – wenn Planung und Montage professionell erfolgen.
Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, welche besonderen Anforderungen die Statik Ihres Daches und das Montagesystem erfüllen müssen und wie Photovoltaik auch unter anspruchsvollen Bedingungen zuverlässig funktioniert, damit Ihre Investition sicher und langlebig ist.
Inhaltsverzeichnis
Warum Wind und Schnee für Ihre Anlage eine besondere Herausforderung sind
Eine Photovoltaikanlage ist den Kräften der Natur direkt ausgesetzt. Zwei Faktoren sind dabei entscheidend: Wind- und Schneelasten. Diese erzeugen komplexe, oft unterschätzte Kräfte, die weit über den reinen Druck von oben hinausgehen.
Windlast: Starker Wind erzeugt nicht nur direkten Druck auf die Moduloberfläche. Zusätzlich entsteht vor allem an den Kanten, Ecken und unter den Modulen ein starker Sog (Uplift), der die Anlage vom Dach zu heben versucht. Dieser Effekt ist mit der Tragfläche eines Flugzeugs vergleichbar.
Schneelast: Eine dicke Schneedecke bedeutet ein erhebliches Gewicht, besonders wenn der Schnee nass ist. Diese Last drückt gleichmäßig auf die Module sowie die gesamte Unterkonstruktion und muss vom Dach sicher getragen werden.
Eine professionelle Planung berücksichtigt diese Kräfte von Beginn an und stellt sicher, dass Ihre Anlage dem nächsten Jahrhundertsturm oder einem schneereichen Winter standhält.
Wind- und Schneelastzonen: Wo Ihr Dach besonders gefordert ist
Um die Belastungen für Bauwerke deutschlandweit einheitlich zu bewerten, ist das Land in sogenannte Lastzonen eingeteilt. Ein qualifizierter Installateur oder Statiker zieht diese Zonen als Grundlage für die Berechnung Ihrer Anlage heran.
Die Windlastzonen in Deutschland

Deutschland ist in vier Windlastzonen aufgeteilt. Je höher die Zone, desto stärker sind die zu erwartenden Windkräfte.
Zone 1 & 2: Der größte Teil des Binnenlandes mit moderaten Windverhältnissen.
Zone 3 & 4: Vor allem Küstenregionen an Nord- und Ostsee sowie exponierte Berggipfel.
Die Erfahrung zeigt, dass die Windkräfte in Zone 4 mehr als doppelt so hoch sein können wie in Zone 1. Für Hausbesitzer an der Küste ist eine besonders robuste Befestigung daher kein Luxus, sondern eine technische Notwendigkeit.
Die Schneelastzonen in Deutschland

Ähnliches gilt für die Schneelasten, die in fünf Zonen (1, 1a, 2, 2a und 3) sowie nach Geländehöhe unterteilt werden.
Zone 1: Regionen wie das Norddeutsche Tiefland oder die Kölner Bucht mit geringer Schneelast.
Zone 2 & 2a: Große Teile der Mittelgebirge.
Zone 3: Alpen, Bayerischer Wald, Schwarzwald und Erzgebirge. Hier muss mit sehr hohen Schneemengen gerechnet werden.
Ein praktisches Beispiel: In Schneelastzone 3 kann die Last über 110 kg pro Quadratmeter betragen. Bei einer 40 m² großen Anlage entspricht das einem zusätzlichen Gewicht von über 4,4 Tonnen – so viel wie zwei Mittelklassewagen, die auf Ihrem Dach parken.

Bitumen/Wellblech
Der wichtigste Schritt vor der Montage: Die Prüfung der Dachstatik
Bevor auch nur ein Modul montiert wird, ist eine sorgfältige Prüfung der Dachstatik unerlässlich. Dies gilt für jedes Dach, ist aber in wind- und schneereichen Gebieten entscheidend. Ein Statiker oder ein spezialisierter Dachdecker prüft, ob die vorhandene Dachkonstruktion die zusätzlichen Lasten der PV-Anlage sicher aufnehmen kann.
Folgende Punkte werden dabei bewertet:
Alter und Zustand des Dachstuhls: Sind die Holzbalken intakt? Gibt es Anzeichen von Fäulnis oder Schädlingsbefall?
Art der Dacheindeckung: Dachziegel, Schiefer oder Trapezblech haben unterschiedliche Eigenschaften.
Vorhandene Lastreserven: Jedes Dach ist für eine bestimmte Grundlast (z. B. Schnee) ausgelegt. Die Prüfung stellt sicher, dass genügend „Puffer“ für die Solaranlage vorhanden ist.
Eine professionelle Analyse gibt Ihnen die Gewissheit, dass Ihr Haus für die Zukunft gerüstet ist. So investieren Sie wirksam in die Sicherheit Ihrer Immobilie und Ihrer Familie.
Das richtige Montagesystem: Das Rückgrat Ihrer Anlage
Wenn die Statik grünes Licht gibt, rückt das Montagesystem in den Fokus. Hier gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede, weshalb in exponierten Lagen Standardlösungen oft nicht ausreichen.
Durchdringende Systeme für Schrägdächer

Auf einem typischen Schrägdach kommen Dachhaken zum Einsatz, die fest mit den Dachsparren verschraubt werden. Darauf wird ein Schienensystem montiert, das die Solarmodule trägt. Für hohe Lasten sind folgende Aspekte entscheidend:
Verstärkte Dachhaken: Die verwendeten Haken müssen nachweislich für die berechneten Lasten ausgelegt sein.
Engerer Hakenabstand: Um die Kräfte besser zu verteilen, werden die Haken in kürzeren Abständen zueinander montiert.
Kreuzverbundsystem: Statt einer einfachen Schienenlage kommt ein Gitter aus zwei übereinanderliegenden Schienen zum Einsatz. Dies verteilt Druck- und Sogkräfte extrem effektiv auf die gesamte Dachfläche.
Ausreichender Randabstand: Der Abstand der Module zur Dachkante ist kritisch, da hier die größten Windsogkräfte auftreten. Ein Abstand von mindestens 20 bis 40 cm ist oft vorgeschrieben.
Aufgeständerte Systeme für Flachdächer
Auf Flachdächern befestigt man die Module meist nicht durch eine Dachdurchdringung, sondern sichert sie durch Gewicht (Ballast).
Bitumen/Wellblech Montageset für 1 PV Modul – 30mm Rahmen –
Stockschrauben Montageset für Bitumen/Wellblech Bedachungen
Präzise Ballastierung: Das benötigte Gewicht (z. B. durch Betonplatten) wird exakt für die jeweilige Wind- und Schneelastzone berechnet. Viele Kunden sind überrascht, wie viel zusätzliches Gewicht hier erforderlich sein kann.
Windleitbleche: Spezielle Bleche an der Rückseite und den Seiten der Module reduzieren den Winddruck und die Sogwirkung erheblich.
Diese speziellen Montagesysteme wirken sich auf die gesamten Kosten einer Photovoltaikanlage aus, sind aber für einen sicheren und langlebigen Betrieb unverzichtbar.
Nicht nur die Halterung zählt: Die Wahl der richtigen Solarmodule
Auch die Solarmodule selbst müssen den erhöhten Anforderungen gewachsen sein. Achten Sie auf die Druck- und Soglast-Zertifizierung des Herstellers, die in Pascal (Pa) angegeben wird.
Als Faustregel gilt: Für schneereiche Gebiete sind Module mit einer Drucklast-Zertifizierung von mindestens 5400 Pa empfehlenswert. Das entspricht einer Belastbarkeit von rund 550 kg pro Quadratmeter. Stabile Modulrahmen und dickeres Glas gewährleisten, dass das Modul selbst unter extremem Druck nicht bricht. Bei Photovoltaik.info finden Sie eine Auswahl an Modulen, die speziell für solche anspruchsvollen Bedingungen getestet und zertifiziert sind.
FAQ – Häufige Fragen zu PV-Anlagen in extremen Lagen
Muss ich meine PV-Anlage im Winter vom Schnee befreien?
In den meisten Fällen nicht. Durch die Neigung des Daches und die leichte Wärmeentwicklung der Module rutscht der Schnee meist von selbst ab. Nur bei extremen Schneefällen und flachen Dächern kann eine manuelle Räumung durch einen Fachbetrieb sinnvoll sein, um die maximale Last nicht zu überschreiten. Versuchen Sie dies niemals selbst, um Schäden oder Unfälle zu vermeiden.
Ist meine bestehende Wohngebäudeversicherung ausreichend?
Prüfen Sie Ihre Versicherungspolice genau. Schäden durch Sturm und Hagel sind oft abgedeckt, aber zusätzliche Lasten durch Schneedruck nicht immer. Es empfiehlt sich, den Versicherer zu informieren und gegebenenfalls eine spezielle Photovoltaik-Versicherung abzuschließen, die alle Naturgefahren abdeckt.
Wie finde ich heraus, in welcher Wind- oder Schneelastzone ich wohne?
Ihr Installateur oder Solarteur hat Zugriff auf die entsprechenden Karten und Tools, um Ihre genaue Zone zu bestimmen. Auch die örtliche Baubehörde kann hierzu Auskunft geben.
Fazit: Sicherheit und Ertrag gehen Hand in Hand
Eine Photovoltaikanlage in einer wind- oder schneereichen Region ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, saubere Energie zu erzeugen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer sorgfältigen und professionellen Planung. Die Prüfung der Dachstatik, die Wahl eines robusten Montagesystems und die Verwendung zertifizierter Module sind keine optionalen Extras, sondern die Grundlage für eine sichere und ertragreiche Anlage auf Jahrzehnte hinaus. Mit der richtigen Vorbereitung können Sie sich entspannt zurücklehnen – egal, was das Wetter bringt.
Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl der richtigen Komponenten finden Sie direkt auf Photovoltaik.info.
Im Shop von Photovoltaik.info finden Sie zudem Komplettsets, die auf typische Anlagengrößen und auch auf höhere Lastanforderungen abgestimmt sind.