Ihre Photovoltaikanlage ist installiert, die Sonne scheint und der Stromzähler läuft rückwärts – alles scheint perfekt. Doch nach einigen Jahren stellen Sie fest, dass der Ertrag hinter den ursprünglichen Prognosen zurückbleibt. Die Anlage liefert weniger Strom, obwohl die Bedingungen ideal sind.
Die Ursache könnte ein unsichtbarer Feind sein, der in den Solarzellen selbst schlummert: Mikrorisse. Diese feinen Haarrisse sind für das bloße Auge unsichtbar, können aber die Leistung und Lebensdauer Ihrer gesamten Anlage empfindlich beeinträchtigen. Hier erfahren Sie, was es mit Mikrorissen auf sich hat, wie sie entstehen und wie Sie die Risiken für Ihre Anlage minimieren können.
Was genau sind Mikrorisse in Solarzellen?
Stellen Sie sich eine Kaffeetasse mit einem winzigen, kaum sichtbaren Haarriss vor. Sie hält zwar noch den Kaffee, ist aber bereits eine Schwachstelle. Bei jeder Temperaturschwankung und jeder kleinen Erschütterung kann sich der Riss vergrößern, bis die Tasse eines Tages bricht. Ähnlich verhält es sich mit Mikrorissen in Solarzellen.
Solarzellen werden aus extrem dünnen Siliziumscheiben (Wafern) gefertigt, die von Natur aus spröde sind. Mikrorisse sind winzige Brüche in dieser kristallinen Struktur. Obwohl eine Zelle mit solchen Rissen anfangs noch Strom produzieren kann, sind die feinen elektrischen Leiterbahnen auf ihrer Oberfläche unterbrochen. Dadurch werden Teile der Zelle inaktiv: Sie werden zu kleinen, „toten“ Inseln auf der ansonsten produktiven Fläche.
Wie entstehen Mikrorisse? Ursachen von der Produktion bis zur Montage
Die Entstehung von Mikrorissen ist selten auf ein einziges Ereignis zurückzuführen. Meist ist es eine Kette von Belastungen, die ein Modul von der Fabrik bis auf Ihr Dach erfährt.
Bei der Herstellung und dem Transport
Der Grundstein für Mikrorisse wird oft schon bei der Produktion gelegt. Mechanischer Druck beim Verlöten der Zellen oder eine unachtsame Handhabung in der Fabrik können erste Schäden verursachen. Ein noch größerer Risikofaktor ist jedoch der Transport. Eine unsachgemäße Verpackung oder harte Stöße auf dem Weg zur Baustelle können die empfindlichen Zellen beschädigen, noch bevor das Modul überhaupt montiert wurde.
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Die Montage ist ein kritischer Moment. Obwohl Fachinstallateure geschult sind, können Hektik oder Unachtsamkeit zu Fehlern führen. Typische Ursachen für Mikrorisse während der Installation sind:
- Betreten der Module: Schon ein kurzer Tritt auf die Glasoberfläche kann das darunterliegende Silizium beschädigen.
- Herunterfallende Werkzeuge: Selbst ein kleiner Schraubenschlüssel, der auf das Modul fällt, kann fatale Folgen haben.
- Zu stark angezogene Modulklemmen: Ein zu hohes Drehmoment erzeugt punktuellen Druck, der die Zellenstruktur bricht.
Ein alltägliches Szenario: Ein Installateur stellt seinen Werkzeugkasten kurz auf einem Modul ab, um eine Klemme zu befestigen. Schon dieses Gewicht reicht oft aus, um irreversible Schäden zu verursachen.

Durch Umwelteinflüsse im Betrieb
Auch nach der erfolgreichen Installation ist ein Modul ständigen Belastungen ausgesetzt. Hohe Schneelasten im Winter drücken auf die gesamte Fläche, starker Wind lässt die Module leicht durchbiegen und ein heftiger Hagelschauer kann wie ein Trommelfeuer auf die Glasoberfläche prasseln. Hinzu kommen thermische Belastungen: Der ständige Wechsel zwischen heißen Tagen und kühlen Nächten führt zu minimaler Ausdehnung und Kontraktion des Materials, was bestehende Risse über Jahre hinweg vergrößern kann. Diese Faktoren können die Leistung Ihrer Photovoltaikanlage schleichend, aber stetig reduzieren.
Die Folgen: Wie Mikrorisse die Leistung Ihrer Anlage beeinträchtigen
Die unmittelbaren und langfristigen Auswirkungen von Mikrorissen zeigen, warum Qualität bei Solarmodulen so entscheidend ist.
Geringerer Stromertrag und Hot-Spots
Die offensichtlichste Folge ist ein geringerer Stromertrag. Die durch Risse isolierten Zellbereiche tragen nicht mehr zur Stromproduktion bei. Noch gravierender ist jedoch die Entstehung sogenannter „Hot-Spots“. Der Strom muss die defekten Stellen umfließen. An diesen Engpässen erhöht sich der elektrische Widerstand, wodurch wiederum Wärme entsteht. Diese Hot-Spots können Temperaturen von über 100 °C erreichen und schädigen nicht nur die Zelle selbst, sondern auch die umliegenden Materialien wie die Einbettungsfolie.
Die Erfahrung zeigt, dass schon wenige Mikrorisse an kritischen Stellen die Leistung eines einzelnen Moduls um 3–5 % senken können. Hochgerechnet auf die gesamte Anlage und eine Laufzeit von 20 Jahren bedeutet dies einen spürbaren finanziellen Verlust.
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8.599,00 €Langfristige Degradation und Sicherheitsrisiken
Mikrorisse beschleunigen den natürlichen Alterungsprozess (Degradation) eines Moduls erheblich. Durch die Risse kann Feuchtigkeit eindringen, was zu Korrosion an den Leiterbahnen führt. Im schlimmsten Fall kann ein extremer Hot-Spot die Rückseitenfolie des Moduls beschädigen, was ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellt.
Unsichtbares sichtbar machen: Die Elektrolumineszenz-Prüfung
Da Mikrorisse mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind, bedarf es spezieller Technik, um sie aufzuspüren. Die zuverlässigste Methode ist die Elektrolumineszenz-Prüfung (EL-Prüfung).
Wie funktioniert die EL-Messung?
Man kann sich eine EL-Prüfung wie ein Röntgenbild für Solarmodule vorstellen. Dabei wird das Modul in absoluter Dunkelheit unter Strom gesetzt. Intakte Zellbereiche beginnen daraufhin im Infrarotbereich zu leuchten – ähnlich einer LED. Eine spezielle Kamera nimmt dieses Leuchten auf. Bereiche mit Mikrorissen oder anderen Defekten bleiben dunkel, da dort kein Strom fließt. Das Ergebnis ist ein detailreiches Bild, das jede Schwachstelle deutlich aufzeigt.

Wann ist eine solche Prüfung sinnvoll?
Renommierte Hersteller nutzen die EL-Prüfung standardmäßig als Teil ihrer Qualitätskontrolle. Für Sie als Anlagenbetreiber wird sie relevant, wenn Sie einen unerklärlichen Leistungsabfall feststellen. Eine mobile EL-Prüfung vor Ort kann dann schnell Klarheit schaffen, ob Mikrorisse die Ursache sind. Die Investition in eine solche Diagnose ist oft der erste Schritt, um einen Garantiefall nachzuweisen.
Mikrorisse und Garantie: Was Sie wissen müssen
Sollten Ihre Module von gravierenden Mikrorissen betroffen sein, stellt sich die Frage nach der Haftung. Hier ist es wichtig, zwischen den beiden Hauptarten der Garantie zu unterscheiden.
Produktgarantie vs. Leistungsgarantie
- Die Produktgarantie (meist 10–15 Jahre) deckt Material- und Herstellungsfehler ab. Sehr schwere, bereits bei Auslieferung vorhandene Mikrorisse können hierunter fallen.
- Die Leistungsgarantie (meist 25 Jahre) sichert Ihnen zu, dass ein Modul nach einer bestimmten Zeit noch einen gewissen Prozentsatz seiner ursprünglichen Nennleistung erbringt (z. B. 85 % nach 25 Jahren). Ein Leistungsabfall durch Mikrorisse wird typischerweise über diese Garantie abgewickelt, aber nur, wenn die Leistung unter den garantierten Schwellenwert fällt.
Der Nachweis ist oft nicht einfach. Daher ist die Wahl eines vertrauenswürdigen Installateurs und Herstellers entscheidend. Die anfänglichen Kosten einer Solaranlage rechtfertigen es, auf geprüfte Qualität und einen verlässlichen Partner zu setzen, der Sie im Garantiefall unterstützt. Fällt ein Modul unter die Garantie, ist auch die Investition, die womöglich durch eine Photovoltaik Förderung unterstützt wurde, besser geschützt.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Mikrorissen
Sind alle Solarmodule von Mikrorissen betroffen?
Grundsätzlich kann jedes kristalline Solarmodul Mikrorisse entwickeln. Qualitätsunterschiede in der Zelltechnologie, der Modulkonstruktion und vor allem der Sorgfalt bei Produktion und Transport führen jedoch zu erheblichen Unterschieden. Hochwertige Module sind widerstandsfähiger.
Kann ich Mikrorisse selbst erkennen?
Nein, in 99 % der Fälle sind Mikrorisse für das menschliche Auge unsichtbar. Nur in extremen Fällen, etwa nach einem schweren Hagelschlag, können sich sogenannte „Schneckenspuren“ (Snail Trails) bilden, die auf darunterliegende Risse hindeuten. Zur eindeutigen Diagnose ist aber immer eine EL-Prüfung nötig.
Wie kann ich mich vor Modulen mit Mikrorissen schützen?
Der beste Schutz ist Prävention. Wählen Sie Produkte von etablierten Herstellern mit strengen Qualitätskontrollen und beauftragen Sie einen zertifizierten Fachbetrieb mit der Installation. Fragen Sie Ihren Installateur gezielt, wie er den sorgsamen Umgang mit den Modulen sicherstellt.
Führen Mikrorisse immer sofort zu einem Leistungsverlust?
Nicht zwingend. Ein kleiner Riss in einem unkritischen Bereich hat anfangs oft kaum Auswirkungen, stellt aber immer eine strukturelle Schwachstelle dar, die sich durch Umwelteinflüsse über die Jahre vergrößern und erst dann zu einem relevanten Leistungsabfall führen kann.
Fazit: Qualität und Sorgfalt sind der beste Schutz
Mikrorisse sind eine ernstzunehmende, aber beherrschbare Herausforderung in der Photovoltaik. Sie machen deutlich, warum der reine Fokus auf den niedrigsten Preis pro Wattpeak zu kurz greift. Die Langlebigkeit und der reale Ertrag Ihrer Anlage hängen entscheidend von der Qualität der Komponenten und der Professionalität der Installation ab.
Indem Sie auf hochwertige Module von renommierten Herstellern und eine sorgfältige Montage durch einen erfahrenen Fachbetrieb achten, minimieren Sie das Risiko von Anfang an. Eine regelmäßige Überwachung Ihrer Anlagenleistung hilft Ihnen zudem, eventuelle Probleme frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu handeln.




