Komponententausch im Garantiefall: Beginnt die Gewährleistungsfrist neu?

Stellen Sie sich vor: Ihre Photovoltaikanlage läuft seit drei Jahren einwandfrei, doch plötzlich fällt der Wechselrichter aus. Zum Glück greift die Herstellergarantie, und Sie erhalten umgehend ein Ersatzgerät. Doch mit dem neuen Gerät kommt eine wichtige Frage auf: Beginnt die zweijährige gesetzliche Gewährleistungsfrist für diesen neuen Wechselrichter nun von vorn? Diese Frage beschäftigt viele Anlagenbetreiber, denn die Antwort kann im Schadensfall über erhebliche Kosten entscheiden. Dieser Ratgeber klärt die Rechtslage verständlich und zeigt, worauf Sie achten müssen.

Der feine Unterschied: Garantie und Gewährleistung erklärt

Der Schlüssel zur Antwort liegt im Unterschied zwischen zwei Begriffen, die oft fälschlicherweise synonym verwendet werden: der gesetzlichen Gewährleistung und der freiwilligen Herstellergarantie.

Die gesetzliche Gewährleistung (Mängelhaftung)

Die Gewährleistung ist Ihr gesetzliches Recht gegenüber dem Verkäufer – also dem Handwerksbetrieb, der Ihnen die Anlage verkauft und installiert hat.

  • Dauer: Für Neuwaren beträgt die Frist in Deutschland zwei Jahre ab dem Tag der Übergabe.
  • Inhalt: Der Verkäufer haftet dafür, dass die verkaufte Sache (Ihre PV-Anlage) zum Zeitpunkt der Übergabe frei von Mängeln war.
  • Beweislast: In den ersten 12 Monaten nach dem Kauf geht der Gesetzgeber davon aus, dass ein auftretender Mangel bereits bei der Übergabe vorhanden war. Danach müssen Sie als Käufer beweisen, dass der Mangel von Anfang an bestand.

Praxisbeispiel: Sie bemerken drei Monate nach der Installation einen Riss unter dem Glas eines Solarmoduls, der nicht durch äußere Einwirkung entstanden sein kann. Hier greift die Gewährleistung. Ihr Installateur ist verpflichtet, das Modul im Rahmen der sogenannten Nacherfüllung zu reparieren oder auszutauschen. Eine Vertiefung zu diesem Thema finden Sie in unserem umfassenden Ratgeber zu Garantie und Gewährleistung bei PV-Anlagen.

Die Herstellergarantie

Im Gegensatz dazu ist die Garantie eine freiwillige, zusätzliche Leistung des Herstellers der einzelnen Komponenten (z. B. der Solarmodule oder des Wechselrichters).

  • Dauer & Umfang: Der Hersteller legt die Bedingungen selbst fest. Typisch sind Produktgarantien von 5 bis 12 Jahren für Wechselrichter und 15 bis 25 Jahre für Solarmodule.
  • Inhalt: Die Garantie verspricht in der Regel die Funktionsfähigkeit des Produkts für einen bestimmten Zeitraum. Die genauen Bedingungen, etwa ob auch Transport- und Arbeitskosten im Schadensfall übernommen werden, stehen im Kleingedruckten der Garantieerklärung.

Da beide Ansprüche unabhängig voneinander bestehen, können Sie auch dann noch einen Garantieanspruch gegenüber dem Hersteller haben, wenn die zweijährige Gewährleistungsfrist gegenüber Ihrem Installateur bereits abgelaufen ist.

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Der Kern der Frage: Neustart der Gewährleistungsfrist nach Austausch?

Nun zur zentralen Frage: Verlängert ein Austausch die Gewährleistungsfrist? Die Antwort aus der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs (BGH), ist klarer als oft angenommen: Nein, in der Regel beginnt die zweijährige Gewährleistungsfrist nicht von neuem.

Der Austausch einer defekten Komponente gilt rechtlich als „Nacherfüllung“ des ursprünglichen Kaufvertrags. Sie erhalten also kein neues Produkt mit einem neuen Vertrag, sondern der Verkäufer erfüllt lediglich seine ursprüngliche Pflicht, Ihnen eine mangelfreie Ware zu liefern. Die Gewährleistungsfrist des ursprünglichen Kaufvertrags läuft somit einfach weiter.

Praxisbeispiel:

  • Kauf der PV-Anlage: 15. März 2022
  • Ende der Gewährleistungsfrist: 14. März 2024
  • Ausfall des Wechselrichters: 10. Mai 2023
  • Lieferung des Ersatz-Wechselrichters: 25. Mai 2023

Die Gewährleistungsfrist für den neuen Wechselrichter endet ebenfalls am 14. März 2024 und nicht erst am 24. Mai 2025.

Eine seltene Ausnahme gibt es allerdings: Die Frist kann neu beginnen, wenn der Verkäufer bei der Ersatzlieferung ausdrücklich und unmissverständlich anerkennt, dass er zur Nacherfüllung verpflichtet war. Eine Lieferung aus reiner Kulanz oder ohne Anerkennung einer Rechtspflicht löst keinen Neustart der Frist aus.

Wer trägt die Kosten für den Austausch?

Für Anlagenbetreiber ist diese Frage natürlich ebenso entscheidend. Auch hier muss man zwischen Gewährleistung und Garantie unterscheiden.

Im Gewährleistungsfall (innerhalb der ersten 2 Jahre)

Melden Sie den Defekt bei Ihrem Verkäufer (Installateur), dann ist dieser im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, sämtliche damit verbundenen Kosten zu tragen. Dazu gehören:

  • Das Ersatzteil selbst
  • Transport- und Versandkosten
  • Arbeitskosten für den Ausbau des defekten Teils
  • Arbeitskosten für den Einbau des neuen Teils

Die Erfahrung zeigt, dass sich die meisten Installateure dieser Pflicht bewusst sind. Sollte sich ein Verkäufer weigern, die Ein- und Ausbaukosten zu übernehmen, sollten Sie auf Ihre gesetzlichen Rechte bestehen.

Im Garantiefall (oft nach Ablauf der 2 Jahre)

Ist die Gewährleistung abgelaufen, sind Sie auf die Garantie des Herstellers angewiesen. Hier entscheidet allein der Inhalt der Garantiebedingungen.

  • Reine Produktgarantie: Viele Hersteller garantieren nur die Lieferung eines funktionierenden Ersatzteils. Die Kosten für den Handwerker, der den Austausch vornimmt, müssen Sie selbst tragen.
  • Umfassende Garantie: Einige Premium-Hersteller bieten Garantien an, die auch Arbeits- und Transportkosten abdecken.

Praxistipp: Achten Sie bereits beim Kauf auf die Garantiebedingungen. Ein günstigerer Wechselrichter mit einer reinen Produktgarantie kann Sie im Schadensfall durch hohe Handwerkerkosten teurer zu stehen kommen als ein etwas teureres Gerät mit einer umfassenden Servicegarantie.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist, wenn die Gewährleistungsfrist abgelaufen ist, aber die Herstellergarantie noch gilt?
In diesem Fall ist Ihr alleiniger Ansprechpartner der Hersteller der defekten Komponente. Ihr Installateur ist rechtlich nicht mehr in der Pflicht, kann aber oft bei der Abwicklung mit dem Hersteller behilflich sein.

Gilt das Prinzip der nicht neu startenden Frist auch für einzelne Solarmodule?
Ja, die Rechtslage ist für alle Komponenten der Anlage identisch. Maßgeblich ist immer der ursprüngliche Kaufvertrag über die Gesamtanlage.

Mein Installateur sagt, für das neue Teil beginnt die Frist von vorn. Stimmt das?
Das ist ein weitverbreiteter Irrtum. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH) ist dies, bis auf die oben genannte seltene Ausnahme, nicht korrekt. Verlassen Sie sich nicht auf mündliche Zusagen, sondern auf die gesetzliche Grundlage.

Was passiert, wenn mein Installationsbetrieb nicht mehr existiert?
In diesem Fall erlischt Ihr Gewährleistungsanspruch leider, da es den Vertragspartner nicht mehr gibt. Sie sind dann vollständig auf die Garantie des Herstellers angewiesen. Dies unterstreicht, wie wichtig die Auswahl eines etablierten und wirtschaftlich stabilen Fachbetriebs ist.

Fazit: Wissen schützt vor unerwarteten Kosten

Die Annahme, dass die Gewährleistungsfrist für ein ausgetauschtes Bauteil neu beginnt, ist in den meisten Fällen falsch. Die ursprüngliche zweijährige Frist ab Kaufdatum bleibt maßgeblich. Für Sie als Anlagenbetreiber ist es entscheidend, Ihre Rechte zu kennen und klar zwischen der gesetzlichen Gewährleistung gegenüber dem Verkäufer und der freiwilligen Garantie des Herstellers zu unterscheiden.

Prüfen Sie vor dem Kauf die Garantiebedingungen genau, insbesondere im Hinblick auf die Übernahme von Arbeits- und Transportkosten. So sind Sie im Ernstfall gut vorbereitet und vor unerwarteten finanziellen Belastungen geschützt.

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OLEKSANDR PUSHKAR
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