Direktvermarktung Photovoltaik: Wann lohnt der Wechsel für Kleinanlagen?

Für Betreiber von Photovoltaikanlagen war die Welt lange Zeit einfach: Der überschüssige Strom wurde zu einem staatlich garantierten Preis ins Netz eingespeist. Doch die Energiemärkte sind im Wandel. Zunehmend rückt der Begriff „Direktvermarktung“ in den Fokus – die Möglichkeit, den eigenen Solarstrom direkt an der Strombörse zu verkaufen.

Was bisher vor allem für große Solarparks relevant war, wird nun auch für private Anlagen unter 25 kWp zugänglich. Doch ist der Sprung vom sicheren Hafen der EEG-Vergütung in die dynamische Welt des Stromhandels wirklich sinnvoll?

Dieser Beitrag beleuchtet die wirtschaftlichen Aspekte der Direktvermarktung für private Anlagenbetreiber, erklärt die Voraussetzungen und zeigt, wann sich ein Wechsel lohnen kann – und wann nicht.

Was ist Direktvermarktung und wie funktioniert sie?

Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen Ihren Solarstrom nicht mehr zu einem festen Preis an den Netzbetreiber, sondern bieten ihn auf einem offenen Marktplatz an – der Strombörse. Genau das ist das Prinzip der Direktvermarktung.

Da Sie als einzelner Anlagenbetreiber nicht direkt an der Börse handeln können, schalten Sie einen Dienstleister dazwischen: den sogenannten Direktvermarkter. Dieses Unternehmen bündelt den Strom vieler kleiner Anlagen und verkauft ihn an der Strombörse, zum Beispiel der EPEX SPOT in Paris.

Direktvermarktung Strombörse

Der entscheidende Unterschied zur klassischen EEG-Vergütung liegt im Preis:

  • EEG-Einspeisevergütung: Sie erhalten einen für 20 Jahre staatlich garantierten, festen Betrag pro eingespeister Kilowattstunde (kWh). Dieser ist sicher und kalkulierbar.

  • Direktvermarktung: Sie erhalten den durchschnittlichen monatlichen Börsenstrompreis, den sogenannten „Marktwert Solar“. Dieser Preis ist variabel und schwankt mit Angebot und Nachfrage. Zusätzlich erhalten Sie vom Netzbetreiber eine „Managementprämie“ als Ausgleich für den Vermarktungsaufwand.

Die Direktvermarktung ist also eine unternehmerische Entscheidung: Sie tauschen die garantierte Sicherheit der EEG-Vergütung gegen die Chance auf potenziell höhere, aber schwankende Erlöse.

Die Voraussetzungen: Kann Ihre Anlage teilnehmen?

Nicht jede Photovoltaikanlage kann ohne Weiteres an der Direktvermarktung teilnehmen. Die wichtigste Anforderung ist die sogenannte Fernsteuerbarkeit. Ihr Direktvermarkter muss die Einspeiseleistung Ihrer Anlage bei Bedarf ferngesteuert reduzieren können. Dies ist eine gesetzliche Vorgabe, um bei einem Überangebot an Strom die Stabilität des Stromnetzes zu sichern.

Konkret bedeutet das für Sie:

  1. Technische Ausstattung: Ihre Anlage benötigt eine Steuerungseinheit (z. B. einen Rundsteuerempfänger oder ein intelligentes Messsystem), die vom Direktvermarkter angesteuert werden kann.

  2. Intelligentes Messsystem (Smart Meter): Für Neuanlagen über 7 kWp ist ein Smart Meter ohnehin Pflicht und erleichtert den Prozess. Bei Bestandsanlagen kann eine Nachrüstung erforderlich sein.

  3. Vertrag mit einem Direktvermarkter: Sie schließen einen Vertrag mit einem spezialisierten Anbieter ab, der die gesamte Abwicklung an der Strombörse für Sie übernimmt.

Viele moderne Wechselrichter sind bereits für die Fernsteuerung vorbereitet. Ob Ihre Anlage die Kriterien erfüllt, prüft am besten ein Fachbetrieb oder der potenzielle Direktvermarkter.

Fernsteuerbarkeit und Smart Meter

Der finanzielle Vergleich: EEG-Vergütung vs. Direktvermarktung

Im Kern ist es eine wirtschaftliche Entscheidung. Hier gilt es, die potenziellen Mehrerlöse den Kosten und Risiken gegenüberzustellen.

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Die Einnahmenseite in der Direktvermarktung

Ihre Einnahmen setzen sich aus zwei Komponenten zusammen:

  • Marktwert Solar: Der monatlich schwankende Börsenpreis für Solarstrom. Während dieser im Krisenjahr 2022 auf über 20 Cent/kWh stieg, liegt er aktuell (Stand 2024) oft nur bei 5–7 Cent/kWh.

  • Managementprämie: Ein kleiner Bonus vom Netzbetreiber, der aktuell 0,4 Cent/kWh beträgt (für Anlagen, die nach dem 01.01.2023 in Betrieb genommen wurden).

Die Kostenseite in der Direktvermarktung

Der Direktvermarkter verlangt für seine Dienstleistung eine Servicegebühr. Diese liegt je nach Anbieter und Anlagengröße typischerweise zwischen 1,50 € und 5,00 € pro Monat.

Ein konkretes Rechenbeispiel

Vergleichen wir eine typische 15-kWp-Anlage, die im Jahr 2024 in Betrieb genommen wird und jährlich 14.000 kWh Strom einspeist.

  • Szenario 1: EEG-Vergütung

    • Feste Vergütung: 8,11 Cent/kWh
    • Jährliche Einnahmen: 14.000 kWh * 0,0811 €/kWh = 1.135,40 €
  • Szenario 2: Direktvermarktung (Annahme: Marktwert Solar = 6,5 Cent/kWh)

    • Erlös Marktwert Solar: 14.000 kWh * 0,065 €/kWh = 910,00 €
    • Erlös Managementprämie: 14.000 kWh * 0,004 €/kWh = 56,00 €
    • Gesamterlös: 966,00 €
    • Abzüglich Servicegebühr (z. B. 4 €/Monat): – 48,00 €
    • Jährliche Einnahmen: 918,00 €

In diesem Beispiel wäre die feste EEG-Vergütung die wirtschaftlichere Wahl. Die Direktvermarktung würde sich erst dann lohnen, wenn der Marktwert Solar dauerhaft über rund 7,7 Cent/kWh steigt.

Finanzieller Vergleich EEG und Direktvermarktung

Chancen und Risiken abwägen: Für wen lohnt sich der Wechsel?

Die Entscheidung für oder gegen die Direktvermarktung hängt stark von Ihrer Risikobereitschaft und Ihren Erwartungen an die Strompreisentwicklung ab.

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Chancen:

  • Potenziell höhere Gewinne: Wenn die Börsenstrompreise wieder deutlich anziehen, können Sie signifikant mehr verdienen als mit der festen EEG-Vergütung.

  • Aktive Marktteilnahme: Sie werden vom passiven Stromlieferanten zum aktiven Teilnehmer am Energiemarkt.

Risiken:

  • Preisvolatilität: Der Marktwert Solar kann auch unter die garantierte EEG-Vergütung fallen. Sie tragen das volle Marktrisiko.

  • Kosten für die Nachrüstung: Falls Ihre Anlage technisch nicht vorbereitet ist, können für die Fernsteuerbarkeit zusätzliche Kosten anfallen.

  • Vertragliche Bindung: Sie binden sich in der Regel für mindestens ein Jahr an einen Direktvermarkter. Ein schneller Wechsel zurück ist oft nicht möglich.

Die Direktvermarktung eignet sich vor allem für Anlagenbetreiber, die:

  • eine hohe Risikotoleranz besitzen und auf steigende Strompreise spekulieren.
  • bereits eine Anlage besitzen, die technisch für die Fernsteuerung vorbereitet ist.
  • den Energiemarkt aktiv verfolgen und bereit sind, Preisschwankungen in Kauf zu nehmen.

Der Wechselprozess: Schritt für Schritt erklärt

Sollten Sie sich für den Wechsel entscheiden, läuft dieser in den folgenden Schritten ab:

  1. Technische Prüfung: Klären Sie, ob Ihre Anlage die Anforderungen an die Fernsteuerbarkeit erfüllt.

  2. Anbieter vergleichen: Holen Sie Angebote von verschiedenen Direktvermarktern ein. Achten Sie auf die Höhe der Servicegebühr, Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen.

  3. Vertrag abschließen: Wählen Sie den passenden Anbieter und schließen Sie den Vermarktungsvertrag ab.

  4. Ummeldung beim Netzbetreiber: In der Regel übernimmt Ihr neuer Direktvermarkter die gesamte Kommunikation und die Ummeldung Ihrer Anlage beim zuständigen Netzbetreiber. Der Prozess gestaltet sich für Sie daher meist unkompliziert.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was passiert, wenn der Marktwert Solar sehr niedrig ist?

Dann fallen Ihre Einnahmen entsprechend geringer aus. Sie können in diesem Fall weniger verdienen, als Sie mit der festen EEG-Vergütung erhalten hätten. Ein Abrutschen in negative Erlöse ist für private Anlagenbetreiber aber praktisch ausgeschlossen.

Kann ich jederzeit zurück in die EEG-Vergütung wechseln?

Ein Wechsel zurück in die gesetzliche Förderung ist möglich, aber meist nur zum Beginn eines Kalenderjahres und unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfristen mit Ihrem Direktvermarkter.

Hat die Direktvermarktung Einfluss auf meinen Eigenverbrauch?

Nein, überhaupt nicht. Die Direktvermarktung betrifft ausschließlich den Strom, den Sie nicht selbst verbrauchen und ins Netz einspeisen. Ihr Eigenverbrauch und dessen Optimierung durch einen Photovoltaik-Speicher bleiben davon unberührt.

Was genau ist die Managementprämie?

Die Managementprämie ist ein finanzieller Anreiz vom Staat. Sie soll die zusätzlichen Kosten und den Aufwand der Direktvermarktung (z. B. für die Erstellung von Prognosen und die Fernsteuerung) teilweise ausgleichen.

Lohnt sich die Direktvermarktung auch für die Planung einer Neuanlage?

Wenn Sie eine neue Anlage planen, ist es ratsam, die technischen Voraussetzungen für die Fernsteuerbarkeit direkt einzuplanen. Die Mehrkosten sind bei der Erstinstallation oft gering. Sie sichern sich damit die Flexibilität, später je nach Marktlage zwischen EEG-Vergütung und Direktvermarktung wählen zu können.

Fazit: Eine strategische Entscheidung für risikobewusste Betreiber

Die Direktvermarktung öffnet Besitzern von Kleinanlagen eine Tür zum Energiemarkt, die lange verschlossen war. Sie bietet die Chance auf höhere Erlöse, ist aber untrennbar mit dem Risiko von Preisschwankungen verbunden. Aktuell stellt die feste und sichere EEG-Vergütung für die meisten privaten Anlagen die wirtschaftlich solidere Basis dar.

Der Wechsel in die Direktvermarktung ist daher weniger eine Frage des „Ob“, sondern des „Wann“. Er wird interessant, sobald der Börsenstrompreis (Marktwert Solar) die garantierte EEG-Vergütung zuzüglich der Vermarktungskosten dauerhaft und verlässlich übersteigt. Eine genaue Beobachtung des Marktes und eine ehrliche Einschätzung der eigenen Risikobereitschaft sind die besten Ratgeber für diese wichtige Entscheidung.

Sind Sie noch in der Planungsphase oder möchten mehr zur Wirtschaftlichkeit erfahren? Auf Photovoltaik.info finden Sie weitere praxisnahe Ratgeber zur Auswahl der richtigen Komponenten für Ihre Anlage.

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