Ein Balkonkraftwerk ist eine hervorragende Möglichkeit, auf kleinem Raum eigenen Strom zu erzeugen und so die Stromrechnung zu senken. Die meisten Nutzer greifen dabei zu herkömmlichen, monofazialen Solarmodulen, die nur auf einer Seite Sonnenlicht in Energie umwandeln. Es gibt jedoch eine fortschrittlichere Alternative: bifaziale Module. Sie können Licht von beiden Seiten aufnehmen und versprechen damit einen höheren Ertrag. Aber ist diese Technik für den Balkon immer die bessere Wahl? Und rechtfertigt der Mehrertrag den oft höheren Preis? Dieser Artikel klärt, für wen sich die Investition tatsächlich lohnt.
Was sind bifaziale Solarmodule und wie funktionieren sie?
Der Begriff ‚bifazial‘ bedeutet ‚zweiseitig‘. Im Gegensatz zu Standardmodulen mit ihrer undurchsichtigen Rückseitenfolie sind bifaziale Module so konstruiert, dass Licht auch von hinten an die Solarzellen gelangt. Ermöglicht wird dies meist durch eine transparente Rückseitenfolie oder eine zweite Glasscheibe (sogenannte Glas-Glas-Module).
Der Clou dabei ist, dass die Rückseite nicht das direkte Sonnenlicht nutzt, sondern das von der Umgebung reflektierte – ein Phänomen, bekannt als Albedo. Trifft Sonnenlicht auf den Boden, die Hauswand oder andere Oberflächen, wird ein Teil davon zurückgeworfen. Genau dieses Streulicht fangen bifaziale Module auf und wandeln es zusätzlich in Strom um. Der Mehrertrag, auch ‚bifazialer Gewinn‘ genannt, hängt also direkt davon ab, wie stark die Umgebung Ihrer Anlage das Licht reflektiert.
Der entscheidende Faktor: Der Untergrund und die Albedo
Die Effektivität der Modulrückseite hängt fast vollständig von der Reflexionsfähigkeit des Untergrunds ab. Gemessen wird diese Fähigkeit am sogenannten Albedo-Wert, der angibt, wie viel Prozent der einfallenden Sonnenstrahlung eine Oberfläche zurückwirft. Ein Wert von 1,0 bedeutet eine vollständige Reflexion (wie bei einem Spiegel), ein Wert von 0,0 eine vollständige Absorption (absolut schwarz).
Für die Praxis bedeutet das: Je heller der Untergrund unter und hinter Ihrem Balkonkraftwerk ist, desto höher fällt der zusätzliche Stromertrag aus.
Hier sind einige typische Albedo-Werte als Orientierung:
- Frischer Schnee: 0,8 – 0,9 (sehr hoch)
- Weiß gestrichener Beton: 0,8 (hoch)
- Heller Kies oder Sand: 0,6 (gut)
- Alter, grauer Beton: 0,55 (mittel)
- Grüner Rasen: 0,25 (gering)
- Dunkle Holzdielen: 0,15 (sehr gering)
- Asphalt: 0,05 (nahezu unbedeutend)
Ein Balkon mit hellen Betonfliesen bietet also weitaus bessere Bedingungen für ein bifaziales Modul als einer mit dunklen WPC-Dielen.
Mehrertrag in der Praxis: Was sagen Studien und Erfahrungswerte?
Die Theorie klingt vielversprechend, aber was bedeutet das in Kilowattstunden? Studien, etwa vom renommierten Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), zeigen, dass bifaziale Module unter optimalen Bedingungen 5 % bis zu 30 % mehr Strom erzeugen können als vergleichbare monofaziale Module.
Diese große Spanne verdeutlicht, wie entscheidend der individuelle Standort ist. Der tatsächliche Mehrertrag auf Ihrem Balkon hängt von zwei Schlüsselfaktoren ab:
- Der Albedo-Wert des Untergrunds: Er ist der mit Abstand wichtigste Hebel.
- Der Montageabstand und -winkel: Je mehr Abstand das Modul zur Montagefläche hat (etwa zum Balkongeländer oder zur Fassade), desto mehr reflektiertes Licht kann die Rückseite erreichen. Eine aufgeständerte Montage ist hier vorteilhafter als eine lückenlose Anbringung direkt an der Wand. Für eine maximale Ausbeute empfehlen Experten einen Abstand von mindestens 20 bis 30 Zentimetern.

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Unter welchen konkreten Bedingungen ist der Einsatz von bifazialen Modulen also am sinnvollsten? Die Erfahrung zeigt, dass sich vor allem zwei Szenarien herauskristallisiert haben.
Szenario 1: Senkrechte Montage am Gitterbalkon
Der ideale Anwendungsfall ist die senkrechte Montage an einem Gitter- oder Stabbalkon. So kann nicht nur vom Boden reflektiertes Licht die Rückseite erreichen, sondern auch direktes Umgebungslicht durch das Geländer fallen.
Ein weiterer, oft unterschätzter Vorteil zeigt sich im Tagesverlauf: Während herkömmliche Module ihre Leistungsspitze um die Mittagszeit haben, nutzen senkrecht montierte bifaziale Module auch die flach einfallende Morgen- und Abendsonne besser. Ihre Rückseite fängt das diffuse Licht des Himmels ein und sorgt so für eine gleichmäßigere Stromproduktion über den Tag – was oft besser zum typischen Verbrauchsverhalten eines Haushalts passt.
Szenario 2: Aufgeständerte Montage auf Flachdach oder Terrasse
Auch bei der Aufstellung auf einer freien Fläche wie einer Dachterrasse oder einem Garagenflachdach können bifaziale Module ihre Stärken ausspielen. Voraussetzung sind auch hier eine aufgeständerte Montage und ein heller Untergrund. Eine Dachfläche mit heller Kiesschüttung oder hellen Betonplatten ist ideal. Durch die Schrägstellung wird ein optimaler Winkel zur Sonne erreicht, während die Rückseite großflächig das vom Boden reflektierte Licht aufnehmen kann.
Wann lohnen sie sich eher nicht?
In manchen Fällen ist der Mehrwert bifazialer Module vernachlässigbar. Dazu zählen:
- Direkte Wandmontage: Wenn das Modul ohne nennenswerten Abstand direkt an einer dunklen Hauswand befestigt wird.
- Dunkle, nicht reflektierende Balkonböden: Zum Beispiel dunkles Holz oder WPC ohne die Absicht, den Boden aufzuhellen.
- Stark verschattete Standorte: Wenn der Bereich unter dem Modul ohnehin kaum direktes Sonnenlicht erhält.
Unter diesen Umständen ist ein hochwertiges monofaziales Modul oft die wirtschaftlichere Wahl.

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Bifaziale Module sind in der Anschaffung meist 10 % bis 20 % teurer als monofaziale Modelle mit vergleichbarer Leistung. Ob sich diese Mehrausgabe lohnt, lässt sich mit einer einfachen Überschlagsrechnung prüfen.
Beispielrechnung:
- Annahme: Ein Standard-Balkonkraftwerk (800 Watt) mit monofazialen Modulen kostet 500 €. Ein vergleichbares Set mit bifazialen Modulen kostet 15 % mehr, also 575 €.
- Ertrag: Das Standard-Set erzeugt unter guten Bedingungen ca. 750 kWh Strom pro Jahr.
- Bifazialer Gewinn: Sie haben einen hellen Betonbalkon und eine gute Montage, sodass Sie von einem realistischen Mehrertrag von 12 % ausgehen.
- Mehrertrag in kWh: 750 kWh * 0,12 = 90 kWh zusätzlicher Strom pro Jahr.
- Ersparnis: Bei einem Strompreis von 30 Cent/kWh entspricht der Mehrertrag einer zusätzlichen jährlichen Ersparnis von 90 kWh * 0,30 €/kWh = 27 €.
Die anfängliche Mehrinvestition von 75 € hätte sich in diesem Beispiel also in weniger als drei Jahren amortisiert. Gerechnet auf die gesamte Lebensdauer der Anlage von über 20 Jahren, ergibt sich daraus ein deutlicher finanzieller Vorteil.
Häufige Fragen zu bifazialen Modulen (FAQ)
Sind bifaziale Module schwerer?
Ja, insbesondere Glas-Glas-Module sind schwerer als Standardmodule. Prüfen Sie daher unbedingt die zulässige Traglast Ihres Balkongeländers und wählen Sie ein passendes Montagesystem.
Benötige ich einen speziellen Wechselrichter?
Nein, Sie können denselben Wechselrichter wie für monofaziale Module verwenden. Der Wechselrichter verarbeitet den gesamten erzeugten Strom, egal ob er von der Vorder- oder Rückseite stammt.
Ändert sich etwas bei der Anmeldung?
Nein, die Anmeldung eines Balkonkraftwerks im Marktstammdatenregister ist unabhängig von der verwendeten Modultechnologie. Die installierte Leistung des Wechselrichters ist hier entscheidend.
Sind bifaziale Solarmodule langlebiger?
Das trifft vor allem auf Glas-Glas-Module zu. Sie gelten als besonders robust und witterungsbeständig, da die Solarzellen von beiden Seiten durch Glas geschützt sind. Viele Hersteller geben auf diese Module deshalb auch längere Leistungsgarantien.
Fazit: Für wen ist die Investition in Bifazial-Technik sinnvoll?
Bifaziale Solarmodule sind kein Allheilmittel, aber für bestimmte Anwender eine technologisch überlegene und wirtschaftlich oft sehr sinnvolle Wahl. Die Investition lohnt sich für Sie, wenn eine der folgenden Bedingungen zutrifft:
- Ihr Balkon hat ein Gitter- oder Stabgeländer, an dem eine senkrechte Montage möglich ist.
- Sie installieren die Anlage aufgeständert auf einer Terrasse oder einem Flachdach mit hellem Untergrund (z. B. helle Fliesen, Kies, weißer Anstrich).
- Sie möchten den maximal möglichen Ertrag auf begrenzter Fläche erzielen und sind bereit, die Montagebedingungen dafür zu optimieren.
Für eine bündige Montage an einer dunklen Fassade oder über einem dunklen Holzbalkon ist ein klassisches, monofaziales Modul hingegen meist die pragmatischere und kostengünstigere Lösung.
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