Bestandsgeräte intelligent machen: Alte Verbraucher smart ins Heimnetz einbinden

Ihre neue Photovoltaikanlage ist auf dem Dach, der Wechselrichter summt leise im Keller und die App auf Ihrem Smartphone zeigt stolz die produzierte Sonnenenergie. Doch oft folgt die Ernüchterung am Abend: Wenn die Sonne längst untergegangen ist, schaltet sich die Poolpumpe ein oder Sie starten die Spülmaschine – und beziehen teuren Strom aus dem Netz. Der Grund ist einfach: Ihre alten, aber voll funktionsfähigen Geräte wissen nichts von Ihrem kostenlosen Solarstrom. Dieses alltägliche Szenario offenbart eine der größten ungenutzten Chancen der Energiewende im Eigenheim.

Die gute Nachricht ist: Sie müssen Ihre bewährte Waschmaschine oder die robuste Poolpumpe nicht ersetzen. Mit intelligenten Relais und Messaktoren können Sie diese „dummen“ Verbraucher zu aktiven Teilnehmern in Ihrem smarten Energienetz machen. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, wie Sie diese Brücke zwischen Alt und Neu schlagen und so Ihren Eigenverbrauch deutlich erhöhen.

Warum nicht einfach alles neu kaufen? Der Wert bewährter Technik

Der erste Impuls vieler Technikbegeisterter ist oft der Kauf neuer, smarter Haushaltsgeräte. Doch dieser Weg ist nicht nur teuer, sondern häufig auch unnötig und wenig nachhaltig. Studien wie der „Smart Home Monitor 2023“ bestätigen, dass die größten Hürden für die Akzeptanz von Smart-Home-Technologie die wahrgenommene Komplexität und der Zwang sind, funktionierende Geräte ersetzen zu müssen.

Es gibt gute Gründe, an bewährten Geräten festzuhalten:

  • Langlebigkeit: Ältere Geräte, insbesondere von Markenherstellern, sind oft für eine lange Lebensdauer gebaut.
  • Kosten: Der Austausch mehrerer Großgeräte kann schnell mehrere tausend Euro kosten.
  • Nachhaltigkeit: Ein funktionierendes Gerät zu entsorgen, erzeugt unnötigen Elektroschrott.

Die intelligente Nachrüstung ist hier der Mittelweg: Sie behalten die bewährte Hardware und rüsten lediglich die „Intelligenz“ nach.

Das Gehirn der Anlage: Die Rolle des Energiemanagementsystems (EMS)

Um den Solarstrom im Haus optimal zu verteilen, benötigen Sie eine zentrale Steuereinheit. Diese Aufgabe übernimmt ein Energiemanagementsystem, oft auch als EMS bezeichnet. Es ist sozusagen der Dirigent Ihres heimischen Kraftwerks. Es misst in Echtzeit, wie viel Strom Ihre PV-Anlage erzeugt, wie viel gerade im Haus verbraucht wird und ob der Photovoltaik-Speicher geladen oder entladen wird.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat errechnet, dass ein optimierter Eigenverbrauch durch intelligente Steuerung den Autarkiegrad eines Haushalts um 10 bis 20 Prozentpunkte steigern kann. Das EMS trifft Entscheidungen wie: „Es ist ein Solarüberschuss von 2.000 Watt vorhanden – das ist der perfekte Zeitpunkt, um die Poolpumpe zu starten.“ Doch damit das funktioniert, muss das System mit den Verbrauchern kommunizieren können. Und genau hier kommen smarte Aktoren ins Spiel.

Das Problem: Ein Standard-EMS kann Ihre 15 Jahre alte Spülmaschine nicht „sehen“ oder ansteuern. Für das System bleibt sie unsichtbar, bis sie manuell eingeschaltet wird und plötzlich Strom zieht. Mehr Informationen zur Funktionsweise finden Sie in unserem Beitrag Was ist ein Energiemanagementsystem?.

Die Übersetzer: Smarte Relais und Messaktoren im Detail

Um die Kommunikationslücke zwischen Ihrem modernen EMS und Ihren analogen Geräten zu schließen, benötigen Sie kleine „Übersetzer“. Diese Aufgabe übernehmen smarte Relais, oft auch als Schalt- oder Messaktoren bezeichnet.

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Was ist ein smartes Relais?

Stellen Sie sich ein smartes Relais wie einen fernsteuerbaren Schalter vor, der direkt in die Stromleitung eines Geräts eingebaut wird. Diese kleinen Bauteile werden meist in einer Unterputzdose hinter einer Steckdose oder einem Lichtschalter installiert. Sie verbinden sich mit Ihrem WLAN-Heimnetz und erhalten darüber Befehle von Ihrem Energiemanagementsystem.

Der Befehl lautet dann zum Beispiel: „Schalte die Steckdose der Spülmaschine jetzt frei.“ Das Relais schließt den Stromkreis, das Gerät erhält Strom und kann sein Programm starten.

Warum nur schalten nicht reicht: Die Bedeutung der Messfunktion

Ein einfaches Relais, das nur ein- und ausschalten kann, reicht für ein effektives Energiemanagement aber nicht aus. Ein modernes EMS benötigt mehr Informationen, um kluge Entscheidungen zu treffen. Deshalb sollten Sie immer zu Aktoren mit integrierter Messfunktion greifen, sogenannten Messaktoren.

Diese Geräte können nicht nur schalten, sondern messen auch präzise, wie viel Strom (in Watt) das angeschlossene Gerät gerade verbraucht. Diese Daten senden sie an das EMS. Erst durch diese Informationen wird Ihr altes Gerät für das System sichtbar und steuerbar. Das EMS weiß nun:

  1. Ob das Gerät läuft: Der Stromverbrauch liegt über dem Standby-Wert.
  2. Wie viel Leistung es benötigt: Es kann den Solarüberschuss gezielt zuweisen.
  3. Wann das Programm beendet ist: Der Stromverbrauch fällt wieder auf den Standby-Wert ab.

Diese Transparenz ist genau das, was sich laut einer VDE-Studie über 50 % der Haushalte wünschen: mehr Kontrolle und ein besseres Verständnis über den eigenen Energieverbrauch.

Praktische Anwendungsfälle: Wo lohnt sich die Nachrüstung?

Die Nachrüstung lohnt sich vor allem bei Geräten mit hoher Leistung und flexiblen Laufzeiten, denn hier amortisiert sich die Investition erfahrungsgemäß am schnellsten.

Die Poolpumpe: Vom Stromfresser zum Solar-Nutzer

Eine ältere Poolpumpe ist ein Paradebeispiel. Laut Verbraucherzentralen kann sie je nach Größe und Laufzeit zwischen 1.000 und 2.000 kWh Strom pro Jahr verbrauchen. Meist läuft sie über eine einfache Zeitschaltuhr – oft auch nachts, wenn der Strom am teuersten ist.

Das Alltagsszenario: Eine Pumpe mit 800 Watt läuft täglich 8 Stunden über eine Zeitschaltuhr, oft unabhängig vom Wetter oder der Sonneneinstrahlung.
Die smarte Lösung: Ein Messaktor wird in die Zuleitung der Pumpe integriert. Das EMS erhält die Anweisung, die Pumpe nur dann zu aktivieren, wenn ein Solarüberschuss von mindestens 850 Watt für eine prognostizierte Dauer von mehreren Stunden verfügbar ist. An einem bewölkten Tag läuft sie vielleicht nur 4 Stunden, an einem sonnigen Tag die vollen 8 Stunden – aber immer mit 100 % kostenlosem Solarstrom. Die Stromkosten für den Poolbetrieb können so gegen null sinken.

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Spülmaschine, Waschmaschine & Trockner

Diese Geräte haben zwar feste Programmlaufzeiten, aber der Startzeitpunkt ist oft flexibel. Viele neuere, aber nicht explizit „smarte“ Geräte verfügen über eine nützliche Funktion: Sie setzen ihr Programm nach einer Stromunterbrechung fort.

So funktioniert die Freigabe-Schaltung:

  1. Sie beladen die Maschine wie gewohnt, wählen das Programm und drücken auf „Start“.
  2. Das Gerät möchte nun Wasser ziehen, kann aber nicht, da das smarte Relais die Stromzufuhr unterbricht.
  3. Sobald Ihr EMS einen ausreichenden Solarüberschuss meldet, gibt es den Strom für die Maschine frei.
  4. Die Maschine setzt ihr Programm fort und läuft mit Sonnenstrom.

Dieses Vorgehen ist ideal, um den Eigenverbrauch am Nachmittag zu maximieren, wenn die Sonne am stärksten scheint.

Weitere Kandidaten: Warmwasserboiler und Infrarotheizungen

Auch elektrische Heizstäbe in Pufferspeichern oder Infrarotheizungen sind perfekte Kandidaten. Sie wandeln überschüssigen Solarstrom direkt in Wärme um – eine sehr effektive Methode, Energie zu speichern. Gerade die Kombination einer Wärmepumpe mit Photovoltaik lässt sich so noch weiter optimieren.

Die Umsetzung: Worauf Sie bei der Auswahl und Installation achten müssen

Die Nachrüstung ist in der Regel unkompliziert, erfordert aber eine sorgfältige Planung – sowohl bei der Auswahl der Komponenten als auch bei der Installation.

Auswahl des richtigen Aktors

Achten Sie bei der Auswahl auf folgende Kriterien:

  • Maximale Schaltleistung: Der Aktor muss für die Leistung des Geräts ausgelegt sein. Eine Pumpe oder ein Motor hat oft einen hohen Anlaufstrom, der berücksichtigt werden muss. Ein typischer Messaktor für eine Steckdose ist für 16 Ampere (ca. 3.680 Watt) ausgelegt, was für die meisten Haushaltsgeräte ausreicht.
  • Kompatibilität: Das ist der wichtigste Punkt. Prüfen Sie, ob der Aktor von Ihrem EMS-Hersteller (z.B. Fronius, SMA, Kostal) unterstützt wird. Viele Systeme setzen auf offene Standards wie Modbus TCP, MQTT oder bieten eine Anbindung für gängige WLAN-Relais (z. B. von Shelly oder Homematic IP) über eine Programmierschnittstelle (API).
  • Messfunktion: Wie bereits erwähnt, ist diese Funktion für eine intelligente Steuerung unerlässlich.
  • Einbauort: Entscheiden Sie, ob ein Aktor für die Unterputzdose (unsichtbar), für die Hutschiene im Sicherungskasten (zentral) oder ein einfacher smarter Zwischenstecker die beste Lösung ist.

Sicherheit geht vor: Die Installation

Während ein smarter Zwischenstecker einfach eingesteckt wird, erfordern fest installierte Relais einen Eingriff in die Elektroinstallation.

Wichtiger Hinweis: Arbeiten an der 230-Volt-Elektroinstallation dürfen ausschließlich von qualifizierten Elektrofachkräften durchgeführt werden! Unsachgemäße Installationen bergen die Gefahr von Bränden und Stromschlägen.

Ein Elektriker kann ein Unterputz-Relais in der Regel in weniger als 30 Minuten sicher installieren. Die anschließende Einbindung ins WLAN und in das Energiemanagementsystem können Sie dann meist selbst über die entsprechenden Apps vornehmen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Kann ich jedes beliebige alte Gerät smart machen?
Prinzipiell ja, solange es über einen mechanischen Schalter verfügt oder nach einer Stromzufuhr sein Programm wieder aufnimmt. Bei rein elektronisch gesteuerten Geräten (z. B. mit Tipptasten ohne Memory-Funktion) kann es sein, dass sie nach der Stromfreigabe in den Standby-Modus gehen und einen erneuten Tastendruck erfordern. Testen Sie das Verhalten, indem Sie das Gerät im Betrieb kurz vom Strom trennen und wieder einstecken.

Welches Relais ist mit meinem EMS kompatibel?
Das hängt von Ihrem EMS und dem passenden Wechselrichter ab. Werfen Sie einen Blick in das Handbuch oder auf die Webseite des Herstellers. Dort finden Sie in der Regel eine Kompatibilitätsliste. Viele Kunden entscheiden sich für Systeme, die offene Standards unterstützen, da dies die größte Flexibilität bei der Auswahl der Komponenten bietet.

Was kostet die Nachrüstung eines Geräts?
Ein einzelner smarter Messaktor ist bereits für 15 bis 50 Euro erhältlich. Für eine Festinstallation durch einen Elektriker sollten Sie zusätzlich mit etwa 50 bis 100 Euro Arbeitskosten rechnen. Angesichts des Einsparpotenzials amortisiert sich diese Investition oft schon innerhalb der ersten ein bis zwei Jahre.

Lohnt sich das auch ohne großen Photovoltaik-Speicher?
Ja, absolut. Das primäre Ziel ist die Maximierung des Direktverbrauchs am Tag. Indem Sie den Betrieb großer Verbraucher in die Sonnenstunden verlagern, vermeiden Sie den Bezug von teurem Netzstrom. Ein Batteriespeicher optimiert das System weiter, indem er überschüssige Energie für die Nacht speichert, ist aber keine Voraussetzung für die intelligente Verbrauchersteuerung.

Funktioniert das auch mit einer Wallbox?
Eine Wallbox für Ihr Elektroauto ist ein Sonderfall. Moderne Wallboxen sind bereits intelligente Verbraucher mit einem eigenen Lastmanagement. Sie werden direkt und ohne zwischengeschaltetes Relais in das EMS eingebunden, um ein dynamisches, überschussbasiertes Laden des Fahrzeugs zu ermöglichen.

Fazit: Ein kleiner Schalter mit großer Wirkung

Sie müssen nicht Ihr gesamtes Zuhause auf den Kopf stellen, um von den Vorteilen eines smarten Energiemanagements zu profitieren. Die gezielte Nachrüstung von Bestandsgeräten mit intelligenten Messaktoren ist ein kosteneffizienter, nachhaltiger und äußerst wirksamer Schritt.

Indem Sie Ihre größten Stromverbraucher für Ihr Energiemanagementsystem „sichtbar“ und steuerbar machen, wandeln Sie sie von passiven Lasten in aktive Helfer der Energiewende im eigenen Haus um. Sie senken Ihre Stromrechnung, erhöhen Ihre Unabhängigkeit vom Netz und nutzen das volle Potenzial Ihrer Photovoltaikanlage – und das alles, ohne auf Ihre bewährten und zuverlässigen Haushaltsgeräte verzichten zu müssen.

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OLEKSANDR PUSHKAR
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