Viele Wohnungseigentümer glauben, eine eigene Solaranlage sei ein Privileg für Hausbesitzer. Dabei ist das ungenutzte Potenzial auf den Dächern von Mehrfamilienhäusern enorm – und dank neuer Gesetze ist der Weg zur eigenen Stromerzeugung für Sie als Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) einfacher denn je.
Der entscheidende Schritt ist ein formal korrekter Antrag für die Eigentümerversammlung. Wir zeigen Ihnen, wie Sie diesen Antrag erfolgreich stellen, welche rechtlichen Grundlagen Ihnen den Rücken stärken und wie Sie Ihre Miteigentümer überzeugen. Nutzen Sie unsere praktische Vorlage, um die Weichen für sauberen und günstigen Strom vom eigenen Dach zu stellen.
Warum eine PV-Anlage für die WEG eine kluge Entscheidung ist
Eine Photovoltaikanlage auf dem Gemeinschaftsdach ist mehr als nur ein Beitrag zum Klimaschutz. Sie ist eine wirtschaftlich sinnvolle Investition für die gesamte Gemeinschaft. Die Vorteile liegen auf der Hand:
-
Senkung der Nebenkosten: Der erzeugte Solarstrom kann für den Allgemeinstrom genutzt werden (z. B. Treppenhausbeleuchtung, Aufzug, Heizungspumpe). Erfahrungsgemäß lassen sich so die gemeinsamen Stromkosten um 50 bis 80 % senken, was jeden einzelnen Eigentümer direkt entlastet.
-
Steigerung des Immobilienwerts: Eine moderne Energieversorgung macht das gesamte Gebäude attraktiver. Immobilien mit Photovoltaikanlagen und niedrigen Energiekosten erzielen oft einen höheren Verkaufs- oder Mietpreis.
-
Teilhabe an der Energiewende: Die Gemeinschaft leistet einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz und wird unabhängiger von steigenden Strompreisen.
-
Möglichkeit der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung: Über dieses Modell lässt sich der Solarstrom direkt an alle Bewohner des Hauses liefern – oft günstiger als der Netzstrom. Ausführliche Informationen zu den Modellen finden Sie in unserem Ratgeber über Photovoltaik im Mehrfamilienhaus.
Die rechtliche Grundlage: Ihr gutes Recht als Eigentümer
Die wichtigste Grundlage für Ihr Vorhaben ist die aktuelle Rechtslage. Das Dach eines Mehrfamilienhauses ist in der Regel Gemeinschaftseigentum. Bauliche Veränderungen daran erforderten früher oft die Zustimmung aller Eigentümer – eine fast unüberwindbare Hürde.
Das hat sich mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) im Dezember 2020 grundlegend geändert. Seitdem gehören Solaranlagen zu den sogenannten „privilegierten Maßnahmen“.
Das bedeutet für Sie: Jeder einzelne Wohnungseigentümer hat grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihm die Installation einer Solaranlage auf eigene Kosten gestattet wird. Für die Genehmigung einer solchen Maßnahme ist in der Regel nur noch eine einfache Mehrheit der in der Eigentümerversammlung anwesenden und vertretenen Stimmen erforderlich. Ein einstimmiger Beschluss ist nicht mehr notwendig, was Ihre Verhandlungsposition erheblich stärkt.
Der Weg zum Erfolg: So bereiten Sie Ihren Antrag vor
Ein gut vorbereiteter Antrag ist die halbe Miete. Gehen Sie strategisch vor, um die Zustimmung Ihrer Miteigentümer zu gewinnen.
Schritt 1: Verbündete suchen und informieren
Sprechen Sie vor der offiziellen Antragstellung mit Ihren Nachbarn. Erklären Sie die Vorteile und hören Sie sich Bedenken an. Oft sind es Missverständnisse oder fehlende Informationen, die zu Ablehnung führen. Bereiten Sie ein kurzes Informationsblatt mit den wichtigsten Fakten vor: geschätzte Kosten, Amortisationszeit und die Vorteile für die Gemeinschaft.
Schritt 2: Angebote einholen
Holen Sie mindestens ein, besser zwei bis drei, unverbindliche Angebote von Fachbetrieben ein. Solche Dokumente verleihen Ihrem Antrag Gewicht und belegen, dass Sie sich ernsthaft mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Die Angebote sollten den Anlagentyp, die Leistung (in kWp), die voraussichtlichen Kosten und den prognostizierten Ertrag enthalten.
Schritt 3: Den Beschlussantrag formulieren
Formulieren Sie den Antrag klar, verständlich und vollständig. Reichen Sie ihn bei der Hausverwaltung ein und bitten Sie darum, das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung zu setzen. Nutzen Sie hierfür unsere nachfolgende Vorlage.
Muster: Beschlussantrag zur Genehmigung einer Photovoltaikanlage
Hier finden Sie eine anpassbare Vorlage für Ihren Antrag an die Eigentümerversammlung. Kopieren Sie den Text und füllen Sie die Platzhalter aus.
An die Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft
[Name der Verwaltung]
[Straße und Hausnummer der Verwaltung]
[PLZ und Ort der Verwaltung]
Betreff: Antrag zur Aufnahme eines Tagesordnungspunktes für die Eigentümerversammlung der WEG [Name der WEG], [Adresse der WEG]
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage(n) ich/wir, [Ihr Name/Ihre Namen], Eigentümer der Wohnung(en) Nr. [Ihre Wohnungsnummer(n)], die Aufnahme des folgenden Tagesordnungspunktes in die nächste Eigentümerversammlung:
TOP: Beschlussfassung über die Gestattung der Errichtung und des Betriebs einer Photovoltaikanlage auf dem Gemeinschaftseigentum (Dach)
Beschlussantrag:
Die Eigentümerversammlung möge beschließen:
Dem/Den Eigentümer(n) [Ihr Name/Ihre Namen] wird die Errichtung und der Betrieb einer Photovoltaikanlage auf der Dachfläche des Gebäudes [genaue Bezeichnung des Gebäudes/Dachfläche, z. B. „Südseite des Hauptdaches“] gestattet.
Die Gestattung erfolgt unter den folgenden Bedingungen:
-
Kosten: Sämtliche Kosten für Planung, Anschaffung, Installation, Inbetriebnahme, Wartung, Versicherung und eventuellen Rückbau der Anlage werden vollumfänglich vom antragstellenden Eigentümer getragen. Der WEG entstehen keine Kosten.
-
Fachgerechte Ausführung: Die Installation hat durch einen qualifizierten Fachbetrieb unter Einhaltung aller baurechtlichen Vorschriften und technischen Normen zu erfolgen. Ein Nachweis über die Beauftragung eines solchen Betriebs ist der Verwaltung vor Beginn der Arbeiten vorzulegen.
-
Haftung und Versicherung: Der antragstellende Eigentümer stellt die WEG von allen Ansprüchen Dritter frei, die aus der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage resultieren. Er verpflichtet sich, eine ausreichende Betreiber-Haftpflichtversicherung abzuschließen und den Nachweis hierüber der Verwaltung vorzulegen. Eventuell notwendige Anpassungen der Gebäudeversicherung werden vom Antragsteller getragen.
-
Dachsanierung: Sollte eine Sanierung der Dachfläche, auf der sich die Anlage befindet, notwendig werden, trägt der Antragsteller die Kosten für die vorübergehende Demontage und die anschließende Wiederanbringung der Anlage.
-
Nutzungsvereinbarung: Die Details der Nutzung des Gemeinschaftseigentums werden in einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung zwischen dem antragstellenden Eigentümer und der WEG (vertreten durch die Verwaltung) festgehalten.
Begründung:
Die Errichtung einer Photovoltaikanlage stellt gemäß § 20 Abs. 2 WEG eine privilegierte bauliche Veränderung dar, die der Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien dient. Die Maßnahme trägt zur Wertsteigerung der Immobilie bei, leistet einen Beitrag zum Klimaschutz und reduziert die Abhängigkeit von externen Stromversorgern. Die beigefügten Angebote [Angebotsnummern oder Firmennamen nennen] belegen die technische Machbarkeit und den Kostenrahmen.
Ich/Wir bitten um Aufnahme dieses Punktes in die Tagesordnung und stehe(n) in der Versammlung für Rückfragen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
[Ihre Unterschrift]
[Ihr Name in Druckbuchstaben]
[Ort, Datum]
Anlagen:
- Angebot 1 der Firma [Name der Firma]
- Angebot 2 der Firma [Name der Firma]
- (Optional: Skizze der geplanten Belegung)
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was passiert, wenn mein Antrag trotzdem abgelehnt wird?
Wird der Antrag mit einfacher Mehrheit abgelehnt, können Sie den Beschluss gerichtlich anfechten. Da es sich um eine privilegierte Maßnahme handelt, sind die Erfolgsaussichten in der Regel gut, sofern der Antrag formal korrekt war und keine triftigen Gründe (z. B. statische Probleme, Denkmalschutz) gegen die Anlage sprechen.
Können wir die Anlage auch als Gemeinschaftsprojekt umsetzen?
Ja, das ist eine hervorragende Alternative. In diesem Fall investiert die WEG als Ganzes und die Kosten werden nach Miteigentumsanteilen aufgeteilt. Der erzeugte Strom kann dann direkt für den Allgemeinstrom genutzt oder über ein Modell der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung an alle Parteien verteilt werden. Der Beschlussantrag muss dafür entsprechend angepasst werden.
Wer profitiert vom Strom, wenn nur ich die Anlage bezahle?
Wenn Sie die Anlage allein finanzieren, steht Ihnen der erzeugte Strom auch allein zu. Sie können ihn für Ihre Wohnung nutzen und den Überschuss ins Netz einspeisen. Technisch wird dies über einen separaten Zähler realisiert.
Was ist bei denkmalgeschützten Gebäuden zu beachten?
Bei denkmalgeschützten Häusern ist zusätzlich eine Genehmigung der Denkmalschutzbehörde erforderlich. Diese sollte unbedingt eingeholt werden, bevor der Antrag in der WEG gestellt wird, da dies eine wesentliche Voraussetzung für die Genehmigung ist.
Ihr nächster Schritt zur eigenen Solaranlage
Der Weg zur eigenen Solaranlage in einer WEG ist kein Sprint, sondern ein gut geplanter Prozess. Mit der richtigen Vorbereitung, klaren Argumenten und unserem Muster für einen formal sauberen Antrag haben Sie die besten Voraussetzungen, Ihre Miteigentümer zu überzeugen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind auf Ihrer Seite – nutzen Sie sie.
Weitere praxisnahe Informationen zur Auswahl der richtigen Komponenten und zur Planung von Anlagengrößen finden Sie bei uns auf Photovoltaik.info. Entdecken Sie auch unsere Komplettsets im Shop, die auf typische Anlagengrößen für Ein- und Mehrfamilienhäuser abgestimmt sind.