Balkonkraftwerk am Nordbalkon: Lohnt es sich wirklich?

Die Vorstellung von Solarenergie ist oft mit sonnenüberfluteten Südbalkonen verbunden. Der Gedanke, eine Mini-Solaranlage an einer nach Norden ausgerichteten Fassade zu montieren, wird daher meist schnell wieder verworfen.

Doch ist diese Annahme wirklich korrekt? Neue Erkenntnisse zeigen: Ein Balkonkraftwerk am Nordbalkon kann unter bestimmten Bedingungen eine überraschend sinnvolle Investition sein. Das Ziel ist nicht, reich zu werden, sondern die eigene Stromrechnung spürbar zu senken.

Die Sonne scheint nicht nur aus dem Süden: Das Geheimnis der diffusen Strahlung

Der entscheidende Faktor für die Stromerzeugung an einem Nordbalkon ist nicht das direkte Sonnenlicht, sondern die sogenannte diffuse Strahlung. Dabei handelt es sich um Sonnenlicht, das von Wolken, Staubpartikeln und der Atmosphäre gestreut wird und aus allen Richtungen auf die Erde trifft – auch von Norden.

Eine Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) hat ergeben, dass die diffuse Strahlung in Deutschland rund 50 % der gesamten Jahreseinstrahlung ausmacht. Ein Nordbalkon schöpft seine Energie daher fast ausschließlich aus dieser Quelle. Das bedeutet: Auch wenn Ihr Balkon nie in der prallen Sonne liegt, können moderne Solarmodule Strom erzeugen.

Diagram of direct vs. diffuse solar radiation on different balcony orientations

Praxisbeispiel: Denken Sie an einen bewölkten Tag. Obwohl keine direkte Sonne scheint, ist es hell genug, um ohne künstliches Licht auszukommen. Genau diese Helligkeit ist die Energie, die ein Balkonkraftwerk an der Nordseite in Strom umwandelt.

Was kann ein Nordbalkon-Kraftwerk realistisch leisten?

Allerdings müssen die Erwartungen realistisch bleiben. Ein nach Norden ausgerichtetes System wird niemals die Erträge einer Südanlage erreichen. Die Forschung der HTW Berlin zeigt, dass eine Nord-Anlage etwa 30 bis 40 % des Ertrags einer optimal nach Süden ausgerichteten Anlage erzielt.

Konkret bedeutet das:

  • Typischer Jahresertrag (Südbalkon, 800 Watt): ca. 700–800 kWh
  • Realistischer Jahresertrag (Nordbalkon, 800 Watt): ca. 210–320 kWh

Bei einem Strompreis von 30 Cent pro Kilowattstunde entspricht dies einer jährlichen Ersparnis von etwa 63 bis 96 Euro. Dabei geht es weniger darum, den gesamten Strombedarf zu decken, als vielmehr die permanente Grundlast im Haushalt zu reduzieren.

Ein praktisches Beispiel: Ein durchschnittlicher deutscher Haushalt hat eine ständige Grundlast von 50 bis 200 Watt durch Geräte wie Router, Kühlschrank und Standby-Elektronik. Ein 800-Watt-Balkonkraftwerk an der Nordseite kann diese Grundlast an hellen Sommertagen von Mai bis August oft vollständig decken.

Das Ergebnis: Ihr Stromzähler steht dann tagsüber still, obwohl im Hintergrund zahlreiche Geräte laufen.

Der Stromertrag im Tagesverlauf: Ein unerwarteter Vorteil

Während Südanlagen ihre Leistungsspitze zur Mittagszeit haben – wenn viele Menschen nicht zu Hause sind –, zeigt eine Nord-Anlage ein anderes, oft vorteilhafteres Profil. Der höchste Ertrag wird in den frühen Morgen- und späten Abendstunden erzielt, wenn die Sonne niedrig im Osten oder Westen steht und ihr Licht den Nordhimmel am stärksten erhellt.

Chart showing the electricity production curve of a north-facing balcony power plant throughout a summer day

Praxisbeispiel: Ihr Balkonkraftwerk beginnt mit der Stromproduktion, wenn Sie morgens die Kaffeemaschine einschalten, und liefert immer noch Energie, wenn Sie abends mit dem Kochen beginnen. Dieser Produktionsverlauf passt oft besser zum tatsächlichen Verbrauchsverhalten eines Haushalts und erhöht so den Anteil des selbst genutzten Solarstroms.

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Wirtschaftlichkeit: Wann amortisiert sich die Investition?

Die Amortisationszeit für ein Balkonkraftwerk an der Nordseite ist länger als bei einer Südausrichtung.

  • Anschaffungskosten: Ein hochwertiges Balkonkraftwerk Komplettset kostet zwischen 400 und 600 Euro.
  • Jährliche Ersparnis: Wie berechnet, liegt diese bei ca. 60 bis 100 Euro.
  • Amortisationszeit: Daraus ergibt sich eine Amortisationszeit von etwa 6 bis 10 Jahren.

Im Vergleich dazu amortisiert sich eine Südanlage oft schon nach 3 bis 5 Jahren. Die Entscheidung für ein Nord-System ist daher oft weniger eine rein finanzielle als eine ökologische. Die meisten Nutzer entscheiden sich in diesem Fall bewusst für einen langfristigen Beitrag zur Energiewende und die damit verbundene schrittweise Senkung ihrer Nebenkosten.

Optimale Montage: So holen Sie das Maximum heraus

Um die Leistung eines Balkonkraftwerks an einem Nordstandort zu maximieren, ist die richtige Montage entscheidend.

  • Aufstellwinkel: Im Gegensatz zu Südanlagen, die bei etwa 35 Grad am effizientesten sind, profitieren Nordanlagen von einem steileren Winkel (60 bis 90 Grad). Eine senkrechte Montage direkt am Balkongeländer ist oft ideal, da so das meiste diffuse Licht vom Horizont und aus der Umgebung eingefangen wird.
  • Verschattung vermeiden: Achten Sie darauf, dass keine Dachvorsprünge, Bäume oder Nachbargebäude das Modul verschatten. Jeder Quadratzentimeter, der einen freien Blick auf den Himmel hat, zählt.

photo of vertical mounted solar panels at balcony railing

FAQ: Häufige Fragen zum Balkonkraftwerk am Nordbalkon

Produziert die Anlage im Winter überhaupt Strom?
Der Ertrag in den Wintermonaten (November bis Februar) ist an einem Nordstandort verschwindend gering. Die Hauptproduktion findet eindeutig in den hellen Monaten von April bis September statt.

Benötige ich eine spezielle Genehmigung für die Nordseite?
Nein, die Anmelde- und Installationsregeln sind für alle Ausrichtungen identisch. Sie müssen die Anlage lediglich im Marktstammdatenregister und bei Ihrem Netzbetreiber anmelden.

Ist eine 800-Watt-Anlage für einen Nordbalkon überdimensioniert?
Nicht unbedingt. Eine größere Modulfläche kann mehr diffuses Licht einfangen und so auch an bewölkten Tagen eine nutzbare Strommenge erzeugen. Ein kleineres 400-Watt-System kann jedoch für den Einstieg ebenfalls eine gute Wahl sein.

Kann ich den überschüssigen Strom verkaufen?
Bei Balkonkraftwerken ist das Ziel die Maximierung des Eigenverbrauchs. Überschüssiger Strom wird unvergütet in das öffentliche Netz eingespeist. Bei einem Nordbalkon ist die Wahrscheinlichkeit einer nennenswerten Einspeisung jedoch sehr gering.

Fazit: Für wen lohnt sich ein Balkonkraftwerk an der Nordseite?

Ein Balkonkraftwerk am Nordbalkon ist keine Lösung für jeden, aber eine überlegenswerte Option für eine spezifische Nutzergruppe. Es lohnt sich für Sie, wenn die folgenden Punkte zutreffen:

  • Sie möchten Ihre Grundlast senken: Ihr Hauptziel ist es, die permanent laufenden Geräte im Haushalt mit selbst erzeugtem Strom zu versorgen.
  • Sie legen Wert auf Nachhaltigkeit: Sie möchten auch mit kleinen Schritten einen Beitrag zur Energiewende leisten.
  • Sie sind technikinteressiert: Sie haben Freude daran, Ihren Energieverbrauch zu optimieren und neue Technologien auszuprobieren.
  • Sie sehen es als langfristige Investition: Sie erwarten keine schnelle Rendite, sondern eine moderate, aber stetige Reduzierung Ihrer Stromkosten über viele Jahre.

Wenn Sie sich in diesem Profil wiederfinden, kann ein Balkonkraftwerk an der Nordseite eine sinnvolle und lohnende Ergänzung für Ihren Haushalt sein.

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balcony with solar panel installation

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