Balkonkraftwerk von 600 auf 800 Watt aufrüsten: Was Sie jetzt wissen müssen
Das Solarpaket I der Bundesregierung bringt eine lang ersehnte Änderung für Besitzer von Balkonkraftwerken: Die erlaubte Einspeiseleistung wird von 600 auf 800 Watt angehoben.
Wenn Sie bereits eine 600-Watt-Anlage betreiben, fragen Sie sich sicher, wie Sie von dieser Neuregelung profitieren können. Die gute Nachricht: Das Upgrade ist in vielen Fällen einfacher als gedacht und gelingt oft sogar ohne den Kauf neuer Hardware.
Die neue Rechtslage: Was das Solarpaket I für Sie bedeutet
Die Anhebung der Leistungsgrenze ist Teil einer umfassenden Vereinfachung für private Solaranlagen. Ziel ist es, bürokratische Hürden abzubauen und mehr Menschen die Stromerzeugung in Eigenregie zu ermöglichen.
Für Betreiber von Balkonkraftwerken sind vor allem zwei Punkte entscheidend:
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800 Watt als neuer Standard: Die maximale Ausgangsleistung des Wechselrichters, die ins Hausnetz eingespeist werden darf, beträgt nun 800 Watt.
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Vereinfachte Anmeldung: Die aufwendige Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt. Stattdessen genügt eine Registrierung im Marktstammdatenregister (MaStR) der Bundesnetzagentur.
Diese Änderungen machen den Betrieb und die Nachrüstung bestehender Anlagen deutlich unkomplizierter.
Technische Prüfung: Ist Ihre Anlage bereit für 800 Watt?
Ob Sie Ihre Anlage aufrüsten können, hängt von einem zentralen Bauteil ab: dem Wechselrichter. Die Solarmodule selbst sind meist nicht der limitierende Faktor.
Der Wechselrichter: Das Herzstück des Upgrades
Viele der in den letzten Jahren verkauften Wechselrichter sind technisch bereits für eine Leistung von 800 Watt oder mehr ausgelegt. Sie wurden lediglich per Software auf die damals geltende 600-Watt-Grenze gedrosselt.
So finden Sie heraus, ob Ihr Wechselrichter upgrade-fähig ist:
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Blick ins Datenblatt: Suchen Sie nach der maximalen Ausgangsleistung (AC-Leistung). Steht hier ein Wert von 800 W (oder VA), lässt sich Ihr Gerät wahrscheinlich per Software-Update aufrüsten.
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Hersteller-App prüfen: Viele Hersteller (z. B. Hoymiles, Deye, TSUN) bieten die Umstellung direkt in ihrer Smartphone-App an, sobald die neue Firmware verfügbar ist.
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Website des Herstellers: Die Hersteller informieren in der Regel auf ihren Support-Seiten über die Upgrade-Möglichkeiten ihrer Modelle.
Besitzer von Premium-Wechselrichtern haben erfahrungsgemäß gute Chancen auf ein kostenloses Software-Update.
Die Solarmodule: Mehr Leistung ist oft schon vorhanden
Ein häufiges Missverständnis betrifft die Leistung der Solarmodule. Die angegebene Watt-Peak-Leistung (Wp) der Module darf und sollte höher sein als die Ausgangsleistung des Wechselrichters. Eine typische 600-Watt-Anlage besteht beispielsweise aus zwei Modulen mit je 410 Wp, also insgesamt 820 Wp.
Diese „Überdimensionierung“ ist sinnvoll, da die Module nur unter perfekten Laborbedingungen ihre Nennleistung erreichen. Im realen Betrieb – bei Bewölkung, suboptimaler Ausrichtung oder in den Morgen- und Abendstunden – liefert die höhere Modulleistung dem Wechselrichter genügend Energie, um früher mit der Einspeisung zu beginnen und sie länger aufrechtzuerhalten. Ihre bestehenden Module sind also mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits für den 800-Watt-Betrieb geeignet.
In 3 Schritten zum 800-Watt-Balkonkraftwerk
Wenn Ihr Wechselrichter die technischen Voraussetzungen erfüllt, ist das Upgrade ein unkomplizierter Prozess.
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Software-Update durchführen: Folgen Sie dazu genau der Anleitung des Herstellers. Meist wird das Update über die zugehörige App oder eine Weboberfläche gestartet. Wichtig: Führen Sie das Update nur bei einer stabilen Internetverbindung durch, um Fehler zu vermeiden.
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Leistung im Marktstammdatenregister anpassen: Nach dem erfolgreichen Update müssen Sie die Daten Ihrer Anlage im MaStR aktualisieren. Loggen Sie sich in Ihr Benutzerkonto ein und ändern Sie den Wert für die „Wechselrichterleistung“ von 600 W auf 800 W. Dieser Schritt ist gesetzlich verpflichtend.
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Betrieb überprüfen: Kontrollieren Sie in Ihrer App, ob die Anlage bei starker Sonneneinstrahlung nun tatsächlich Werte über 600 Watt erreicht.
Lohnt sich das Upgrade? Eine realistische Ertragsrechnung
Eine Leistungssteigerung um 33 % (von 600 auf 800 Watt) bedeutet nicht, dass Sie auch 33 % mehr Strom pro Jahr erzeugen. Die volle Leistung von 800 Watt wird nur an wolkenlosen Tagen zur Mittagszeit erreicht.
Der wahre Vorteil liegt darin, die Leistungsspitzen besser zu nutzen. Während eine 600-Watt-Anlage die überschüssige Energie an sonnigen Tagen „kappt“ (Clipping), kann die 800-Watt-Anlage diese Energie einspeisen.
Ein Praxisbeispiel:
Eine gut ausgerichtete Anlage in Süddeutschland mit 820 Wp Modulleistung erzeugt jährlich etwa 850 kWh Strom.
- Mit einem 600-Watt-Wechselrichter werden davon ca. 780 kWh genutzt.
- Mit einem 800-Watt-Wechselrichter steigt der nutzbare Ertrag auf ca. 840 kWh.
Der Mehrertrag durch das Upgrade liegt in diesem Fall bei rund 60 kWh pro Jahr. Bei einem Strompreis von 30 Cent/kWh entspricht das einer zusätzlichen Ersparnis von etwa 18 Euro jährlich. Der Gewinn ist also spürbar, aber nicht revolutionär.
Was tun, wenn mein Wechselrichter nicht aufrüstbar ist?
Sollte Ihr Gerät kein Software-Update ermöglichen, haben Sie zwei Möglichkeiten:
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Weiterbetrieb mit 600 Watt: Ihre Anlage funktioniert weiterhin einwandfrei und legal. Sie müssen nichts unternehmen.
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Kauf eines neuen Wechselrichters: Ein neuer, 800-Watt-fähiger Wechselrichter kostet zwischen 100 und 200 Euro. Ob sich diese Investition für den zusätzlichen Ertrag lohnt, ist eine persönliche Entscheidung.
Sonderfall: Der Stromzähler
Ein weiterer Vorteil des Solarpaket I betrifft den Stromzähler. Alte, schwarze Ferraris-Zähler ohne Rücklaufsperre werden für eine Übergangszeit geduldet. Das bedeutet, wenn Sie mehr Strom erzeugen als Sie verbrauchen, darf der Zähler vorübergehend rückwärtslaufen. Der Netzbetreiber wird ihn zu einem späteren Zeitpunkt kostenfrei gegen ein modernes Modell austauschen. Sie müssen hier nicht selbst aktiv werden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Muss ich meinen Vermieter über das Upgrade informieren?
Wenn die Installation der Anlage bereits genehmigt wurde, ist das Upgrade der Leistung eine technische Detailänderung, die in der Regel keiner erneuten Zustimmung bedarf. Eine kurze, formlose Information an den Vermieter oder die Hausverwaltung ist dennoch ein Gebot der Höflichkeit.
Was passiert, wenn ich das Upgrade durchführe, aber die Anmeldung im MaStR vergesse?
Der Betrieb einer nicht oder falsch registrierten Anlage stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Da die Anmeldung kostenlos und in wenigen Minuten erledigt ist, sollten Sie diesen Schritt unbedingt durchführen, um auf der sicheren Seite zu sein.
Meine Module haben zusammen nur 750 Wp. Lohnt sich trotzdem ein 800-Watt-Wechselrichter?
Ja. Der Wechselrichter bestimmt die maximal mögliche Einspeiseleistung. Selbst wenn Ihre Module diese Grenze nur selten erreichen, sind Sie mit einem 800-Watt-Gerät zukunftssicher aufgestellt, falls Sie später beispielsweise ein leistungsstärkeres Modul nachrüsten möchten.
Fazit: Eine einfache Chance auf mehr Ertrag
Das Upgrade Ihres Balkonkraftwerks von 600 auf 800 Watt ist dank des Solarpaket I eine attraktive und unkomplizierte Möglichkeit, Ihre Stromerträge zu optimieren. Für viele Anlagenbetreiber bedeutet dies lediglich ein kostenloses Software-Update und eine kurze Anpassung im Marktstammdatenregister. Prüfen Sie die Kompatibilität Ihres Wechselrichters – die Chance auf ein kleines Plus auf Ihrer Stromrechnung war selten so einfach zu realisieren.
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